Helmholtz Perspektiven September – Oktober 2015 39FORSCHUNG der verkehrsbedingten CO2 -Emissionen einsparen, schätzt Dahmen. Eine weitere Antriebsoption ist die Brenn- stoffzelle, die aus Wasserstoff (oder Methanol) und Sauerstoff genügend Strom produziert, um etwa einen Elektromotor anzutreiben. Die ersten Brennstoffzellen-Autos gibt es bereits für den deut- schen Markt. Weitere Autohersteller wollen folgen. Auch in Bussen wird die Technik schon eingesetzt, etwa in Berlin und Hamburg. „Wir werden im Straßenverkehr beides brauchen, Biokraftstoff und Elektromotoren“, sagt Nicolaus Dahmen. „Ich sehe das auch nicht so sehr als Konkurrenz: Elektromo- bilität ist eher geeignet für den Kurzstreckenver- kehr, für längere Strecken werden wir noch lange auf Flüssigtreibstoffe angewiesen sein.“ Auf der Schiene Die Bahn zeigt, dass E-Mobilität heute bereits funktioniert – zumindest in den Ländern, in denen das Schienennetz weitgehend elektrifiziert ist. In der Schweiz gibt es flächendeckend Oberleitungen, in Deutschland auf etwa 60 Prozent der Bahnstre- cken. Deutlich niedriger ist dieser Anteil zum Bei- spiel in Amerika (ein Prozent), Afrika (16 Prozent) und Asien/Australien (36 Prozent). Überall dort, wo keine Oberleitungen montiert sind, fahren Die- selloks. Zu ihnen gibt es noch keine Alternative: Zwar haben Forscher schon von Erd- und Methan- gas über Biodiesel bis hin zu Pflanzenölen viele Optionen ausprobiert, allerdings ohne dass sich eine Technik durchgesetzt hätte. Beispiel Erdgas: Am Münchner Hauptbahnhof wurde probeweise eine Rangierlokomotive mit Erdgas betrieben. Der entscheidende Nachteil waren die voluminösen Tanks, die dafür nötig sind. Zudem würde es ein Vermögen kosten, ein Gas-Tankstellennetz entlang der Schienen aufzubauen. „Bei der Bahn herrscht kein großer Handlungsdruck, weil sie ja meist mit Strom fährt; bisherige Dieselstrecken könnte man auf Biokraftstoffe umstellen“, sagt Dahmen. Zu Wasser Einen besonders schlechten Ruf hat die Seeschiff- fahrt: Schiffe wurden zuletzt von Umweltschützern als Dreckschleudern bezeichnet – sie verbren- nen meistens Schweröl, das bis zu einem Drittel billiger ist als Rohöl, aber bei der Verbrennung gewaltige Mengen an Schwefeldioxid freisetzt. Auch gegen Rußfilter hat sich die Branche lange gesträubt. In diesem Jahr allerdings hat die Inter- nationale Seeschifffahrts-Organisation CO2 -Emis- sionsgrenzen eingeführt. Auch der Betrieb von Schiffen mit emissionsfreiem Flüssigerdgas würde die CO2 -Bilanz der maritimen Branche verbessern, wenn erst einmal eine Tankstellen-Infrastruktur aufgebaut wäre. Eine Fähre der Stockholmer Viking Line ist seit 2013 als erstes großes Schiff mit einem Flüssigerdgas-Antrieb unterwegs. Relativ weit verbreitet sind dagegen Elektro- und Hybridantriebe, mit denen bereits rund ein Fünftel aller Schiffe weltweit ausgerüstet ist. Sie sparen bis zu 13 Prozent Treibstoff gegenüber rei- nen Dieselmotoren. Kleinere Fähren und Ausflugs- boote fahren zum Teil schon ausschließlich mit Elektroantrieb, im Mai 2015 wurde in Norwegen eine reine Elektrofähre für bis zu 120 Fahrzeuge und 360 Passagiere in Dienst gestellt. Mittlerweile gibt es genügend Ansätze, um der stetig wachsenden Nachfrage nach Transport- leistungen am Boden, zu Wasser und in der Luft nachhaltig und umweltschonender begegnen zu können. Doch so faszinierend etwa ein Flug rund um die Welt nur mit Sonnenenergie auch sein mag – bis daraus abgeleitete Technologien den Weg in den Alltag finden, kann es noch Jahrzehnte dauern. „Es gibt keinen Zweifel, dass wir in der Zukunft neue Kraftstoffe brauchen“, sagt Nicolaus Dahmen vom KIT. Und denen ist die Wissenschaft bereits auf der Spur. Andreas Spaeth Flüsterleiser Koloss Seit Frühjahr 2015 stromert die weltweit erste Elektrofähre über den norwegischen Sognefjord. Bild: ©Siemens AG/ Reprinted from Siemens’ Pictures of the Future online magazine