Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

Helmholtz Perspektiven 0915

Helmholtz Perspektiven September – Oktober 2015 20 FORSCHUNG den massiven Blutpfropf komplett zu beseitigen. Die Situation war für ihn höchst bedrohlich.“ Thomas E. hat aber noch ein zweites Mal Glück im Unglück: Er befindet sich noch in dem knappen Zeitfenster, in dem eine weitere Behand- lung möglich ist, und dank der schnellen Versor- gung ist die Gewebszerstörung im Gehirn noch nicht zu weit fortgeschritten. Das sind genau die Bedingungen, die die Ärzte für einen zweiten Ein- griff benötigen: Sie schieben von der Leistenarterie aus über die Halsschlagader bis zur Hirnarterie einen Mikrokatheter vor, einen sogenannten Stent- Retriever. An seiner Spitze sitzt ein ausfaltbares Maschendrahtnetz, in dem sich der Blutpfropf verfängt. Bei den neuesten Modellen saugt ein Unterdruck im Katheter ihn an und verhindert, dass kleinste Teile des Gerinnsels ins Gehirn abge- schwemmt werden und einen neuen Schlaganfall auslösen. Diese Methode, die der Arzt mithilfe von Kontrastmitteln und bildgebenden Verfahren steuert, wird von Experten rund um den Globus als neue Hoffnung im Kampf gegen den Schlagan- fall gefeiert. Sie ist allerdings so kompliziert, dass sie viel Erfahrung verlangt und nur von speziell geschulten Ärzten eingesetzt werden darf. Neu ist diese invasive Katheterbehandlung allerdings nicht; schon seit 2009 wird sie in Deutschland angewandt. Noch profitieren davon aber nur etwa 13.000 Patienten pro Jahr, nur 99 Stroke Units sind bundesweit dafür ausgestattet. Lange Zeit stand die Methode unter Beschuss, weil es noch keine wissenschaftlichen Belege für ihre Wirksamkeit gab. Erst jetzt zeigen vier aktuelle Studien, dass sich die Behandlungsergebnisse signifikant verbessern, wenn die Ärzte zusätzlich den speziellen Katheter einsetzen. „Wir wissen nun mit Sicherheit, dass die The- rapie mit modernen Stent-Retrievern die Chancen für unsere Patienten, einen schweren Schlaganfall mit möglichst verträglichen Folgen zu überstehen, um 20 bis 30 Prozent steigert. Das ist ein spekta- kuläres Ergebnis“, sagt Matthias Endres, Direktor der Charité-Klinik für Neurologie und Vorstands- mitglied der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft. Für ihn besteht die größte Herausforderung darin, die Strukturen nun so zu verbessern, dass jeder Patient, der in Frage kommt, die Therapie erhalten kann – unabhängig davon, ob er auf dem Land lebt oder in der Großstadt. Nach wie vor gilt in der Akutphase das Prinzip, das die Ärzte „Zeit ist Hirn“ nennen: Je schneller die Blutversorgung im Gehirn wiederher- gestellt wird, desto größer sind beim ischämischen Schlaganfall die Überlebenschancen. Wichtig ist, den Zeitpunkt des Schlaganfalls so genau wie mög- lich zu bestimmen, denn nach einem bestimmten Zeitfenster können Therapien wie etwa jene mit dem Stent-Retriever sogar Schaden anrichten. Lebensretter auf Rädern Ein Berliner Rettungswagen, das Stroke-Einsatz-Mobil, ist speziell für Schlaganfall-Patienten ausgestattet – selbst ein Computertomograph ist an Bord. Bild: Charité Universitäts- medizin Berlin

Seitenübersicht