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Helmholtz Perspektiven 0915

22 STANDPUNKTE Helmholtz Perspektiven September – Oktober 2015 Z unächst einmal: Für die Wissenschaft hat das Zwei-Grad-Ziel eher negative Konsequenzen, weil es eine politische Steuerung der Klimawissenschaft auf- baut; der Politik hingegen erlaubt es, ein legitimes politisches Ziel zu formulieren. In der Öffentlichkeit wird die Zwei-Grad- Vorgabe meist als wissenschaftlich unabweisbar angesehen, obwohl ein Befürworter schon 2010 in einem großen Interview für den SPIEGEL klarstellte: „Natürlich kommt es nicht bei 2,01 Grad zum Weltuntergang. (...) Aus heutiger wis- senschaftlicher Sicht könnte man vielleicht auch mit einer Erwärmung zwischen zwei und drei Grad leben. In diesem Korridor sollten wir aber spätestens zur Ruhe kommen, weil jenseits davon unbeherrschbare Prozesse angestoßen würden wie das Kippen von Eisschilden und kontinentalen Ökosystemen.“ Ich stimme zu, dass menschliches Tun das Klima ändert, und dass diese Änderung umso größer ausfällt, je mehr Treibhausgase freigesetzt werden. Die Gefahr von sehr starken Änderungen nimmt zu, je weiter der Anteil der Treibhausgase in der Atmosphäre steigt. Daher ist es naheliegend, den Temperaturanstieg so weit einzugrenzen, wie es unter Beachtung anderer gesellschaftlicher Ziele möglich erscheint. Aber dass die Grenze gerade zwei Grad sein soll? Das hat mit Wissenschaft wenig zu tun, es ist vielmehr ein Ergebnis der Abschätzung politischer Wirk- samkeit. Im gleichen Interview aus dem SPIEGEL heißt es: „Die Politik hat gern klare Vorgaben, und eine einfache Zahl ist besser zu handhaben als ein komplexer Temperaturkorridor. Außerdem war es wichtig, überhaupt eine quantitative Orientierung ins Spiel zu bringen, an der sich die Klimarahmen- konvention 1992 noch elegant vorbeigemogelt hat. Und seien wir doch ehrlich: Selbst wenn wir das Zwei-Grad-Ziel ansteuern, werden wir am Ende etwas oberhalb landen.“ Derzeit erwärmt sich das Erdsystem weiter, die Emissionen wachsen, und nach klimaökono- mischen Modellen ist das Zwei-Grad-Ziel nur noch realistisch, wenn negative Emissionen ins Spiel kommen, wir also Treibhausgase selbst aus der Erdatmosphäre entfernen. Das Zwei-Grad-Ziel hat uns in eine Sackgasse geführt: Die Wissenschaft verdaddelt ihr Kapital der gesellschaftlichen Aner- kennung und die Politik hat sich in die Zwei-Grad- Ecke gemalt und weiß nicht, wie sie da wieder herauskommen soll.  „Dass die Grenze gerade zwei Grad sein soll? Das hat mit Wissenschaft wenig zu tun“, sagt Hans von Storch, Klimaforscher am Helmholtz-Zentrum Geesthacht Zentrum für Material- und Küstenforschung Sollen wir am Zwei-Grad-Ziel festhalten? Das Vorhaben ist eingängig formuliert: Um höchstens zwei Grad soll die gemittelte bodennahe Lufttemperatur auf der Erde bis zum Jahr 2100 weiter ansteigen – und dann auf diesem Niveau stehen bleiben. Ist das ein politisch-populistisches Ziel oder tatsächlich wissenschaftlich sinnvoll? Zwei Blickwinkel

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