Helmholtz-Perspektiven Juli – August 2013 7titelthema Erik Behrens schafft in drei Monaten, wofür der Klimawandel ganze Jahrzehnte braucht. „Ich lasse Grönland abschmelzen“, antwortet Behrens lapidar auf die Frage nach seinem Forschungsprojekt. Wenn er an seinem Schreibtisch sitzt, versteckt hinter drei Monitoren, deutet nichts auf sein zerstö- rerisches Vorhaben hin. Per Mausklick startet Erik Behrens das Abtauen der Eismassen auf Grönland – glücklicherweise nur in einer Simulation am Computer. Sein Forschungsobjekt hat Behrens direkt vor der Tür: Er arbeitet am GEOMAR Helmholtz- Zentrum für Ozeanforschung Kiel, gelegen gleich am Westufer der Kieler Förde. Direkt neben den Laboren schwappt die Brandung der Ostsee heran. Hier in seinem Büro lässt der junge Forscher den Klimawandel im Zeitraffer ablaufen. Dabei ist Erik Behrens einem Phänomen auf die Spur gekommen, das die Ozeanforscher zwar schon lange kennen, bislang aber unterschätzt haben: die Wirbel in den Ozeanen. Sie sind zwischen fünf und 50 Kilometer groß und entstehen als Abspaltungen von starken Strömungen. Was Behrens herausfand: Diese Wirbel haben einen erheblichen Einfluss auf unser Klima. „Ich erforsche, wie sich das abschmelzende Eis Grönlands auf den Ozean und damit auf unser Klima auswirkt“, sagt Erik Behrens. Bisherige Modelle haben ergeben, dass der Golfstrom im Atlantik durch eine starke Eisschmelze auf Grönland zum Erliegen kommen könnte – jener Strom, der für das milde Klima in Mitteleuropa mitverantwortlich ist. Nach diesen Modellen, sagt Behrens, würde durch die Erderwärmung sogar weniger Wärme über die Ozeane zu uns kommen. Der Forscher überlegt kurz und zeigt auf seine Berechnungen: „Aber in dieser Form wird das ohnehin nicht eintreten!“ Grund dafür sind die unterschätzten Wirbel im Ozean. Es wird kein Weltuntergangsszenario geben wie in manchen Hollywood- Filmen. „Die bisherigen Modellrechnungen waren nicht hoch genug aufgelöst“, sagt Behrens. „Sie haben die vielen kleinen Wirbel nicht berücksichtigt, die aber eine große Rolle spielen, wie wir herausgefunden haben.“ Behrens und seine Kollegen vom GEOMAR können noch Wasserwirbel von nur drei Kilometern Durchmesser berechnen, und das in allen Ozeanen auf dem Globus gleichzeitig. Damit erreichen sie eine Genauigkeit wie kaum eine andere Forschungs- gruppe auf der Welt. Die Meeresströmungen sind für die Modelle der Klimaforscher besonders wichtig: Kieler Wissenschaftler sind einem Phänomen auf die Spur gekommen, das die Klimaforschung bislang unterschätzt hat: kleine Wirbelströmungen in den Ozeanen. Ihre Auswirkungen auf das Klima könnten umso größer sein. Die Antwort liegt vor Grönland