Helmholtz-Perspektiven Juli – August 2013 19Forschung Förderung der privaten Vorsorge von Hauseigentü- mern und eine solidarische Pflichtversicherung. „Man hat nach 2002 zwar die rich- tigen Schlüsse gezogen. Dem sind allerdings nicht genug Taten gefolgt.“ Christian Kuhlicke Neu sind diese Ideen nicht; bereits nach dem Hoch- wasser von 2002 schlug das Deutsche Komitee Katastrophenvorsorge diese vier Säulen vor. Doch an der Umsetzung mangelt es immer noch, auch mehr als ein Jahrzehnt später. „Man hat nach 2002 zwar die richtigen Schlüsse gezogen“, sagt Chris- tian Kuhlicke, Umweltsoziologe und Sozialgeograf am UFZ, und kritisiert: „Dem sind allerdings nicht genug Taten gefolgt.“ Der Hochwasser-Experte Kuhlicke mahnt zugleich zu mehr Realismus. Mit seinen Kollegen plädiert er dafür, sich von dem Gedanken des Hochwas- serschutzes zu lösen: „Wir sollten nicht mehr von Schutz sprechen, sondern von Vorsorge“, sagt er. „Die Vorstellung, man könne sich hundertprozentig vor einem Hochwasser schützen, ist irreführend.“ Anstatt sich nur auf Deiche zu verlassen, können Bewohner privat für den Hochwasserfall vorsor- gen – zum Beispiel, indem sie ihr Haus höher bauen. Mobile Schutzwände, Rückstauklappen und wasserresistente Baumaterialien helfen ebenso. „Wir brauchen eine sehr viel stärkere staatliche Unterstützung, also eine Förderung der priva- ten Hochwasservorsorge“, sagt Kuhlicke. Statt Betroffene nur zur privaten Vorsorge zu ermahnen, sollte es finanzielle Anreize für diejenigen geben, die auch wirklich in Baumaßnahmen zum Schutz vor Überschwemmungen investieren. Das Restrisiko sollte dann auf mehrere Schultern verteilt werden. Dazu bietet sich eine Pflichtversi- cherung an, meint der UFZ-Wissenschaftler: Bislang gelten viele Siedlungen in gefährdeten Gebieten als nicht versicherbar – und wenn, dann zu kaum bezahlbaren Policen. Ein solidarisches Pflichtversi- cherungs-Modell könne das ändern, meint Kuhlicke. Für die Hochwasserforscher gibt es nach der Flut in diesem Jahr nun viel zu tun: Ein Konsortium aus drei Helmholtz-Zentren und weiteren Partnern will bis zum nächsten Sommer eine umfassende Studie zu den Ursachen und Folgen vorlegen. Ein wichtiger Aspekt dabei: Die Wissenschaftler wollen analysie- ren, welche Fortschritte seit dem Hochwasser 2002 bei der Vorsorge erzielt worden sind – und auch, wo es noch Defizite gibt. Franziska Roeder High-Tech in den Auen Per GPS orten Judith Gläser und Mathias Scholz ihre Versuchsflächen. Bild: UFZ/André Künzelmann