Helmholtz-Perspektiven Juli – August 2013 21Forschung Am Samstag, den 1. Juni 2013, gewann Bayern München den DFB-Pokal. Was haben Sie an dem Tag gemacht? Monika Gähler: Das war das Wochenende, an dem der meiste Regen fiel, der zu dem extremen Hochwas- ser geführt hat. Wir hatten die Lage schon einige Tage lang beobachtet. Am Nachmittag des 1. Juni kam dann der Auftrag vom Innenministerium und dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastro- phenhilfe: Für sie sollten wir Satellitenkarten von den überfluteten Regionen liefern. Wäre es nicht einfacher, vor Ort zu gucken, wo was überflutet ist? Die Satellitentechnologie hat den Vorteil, dass wir innerhalb weniger Stunden sehr große Flächen analy- sieren können. Aber es gab natürlich auch zusätzliche Daten: So hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) von einem seiner Forschungsflug- zeuge aus Luftaufnahmen von den Hochwassergebie- ten gemacht. Was unterscheidet Ihre Karten denn von normalen Satellitenbildern? Wir extrahieren zum Beispiel die Wasserflächen aus den Satellitendaten. Die können wir dann etwa über Karten vom Straßennetz legen, so dass Polizei und Technisches Hilfswerk erkennen können, welche Straßen überflutet sind und wie an konkreten Orten der Hochwasserstand ist. Dadurch wird es möglich, den Schaden abzuschätzen. Für diese Auswertung der Radardaten haben wir eine besondere Kompetenz aufgebaut. Moment: Sie arbeiten mit Radar-Aufnahmen? Ja, genau. Das hat einen einfachen Grund: Wenn es wegen starken Regens zu Hochwasser kommt, hängen viele Wolken über den betroffenen Gebieten – und durch die kann man mit optischen Satelliten nicht durchschauen. Radar geht jedoch ungehindert durch Wolken hindurch, genauso wie sichtbares Licht durch Glas. Außerdem kann man mit Radar sehr gut Wasserflächen detektieren. Und: Die Technik funktio- niert ohne Sonnenlicht, also auch nachts. Betreiben Sie denn spezielle Satelliten, die nur auf die Erde schauen, um schnell Informationen von Krisengebieten zu sammeln? Nein. Dafür gibt es aber das internationale Abkom- men „Space and Major Disasters“. Das sorgt dafür, dass die Betreiber von Erdbeobachtungssatelliten bei Katastrophen den Zugang zu aktuellen Aufnahmen ermöglichen. Das ist so eine Art Feuerwehreinsatz. Das DLR betreibt das deutsche Radarsatellitenpaar TerraSAR-X und TanDEM-X. Von denen haben wir gleich nach unserem Auftrag Satellitendaten bestellt. Die wurden dann am 3. Juni um 19 Uhr gemacht. Hochwasserhilfe aus dem All Satellitenkarten helfen bei Katastrophen den Rettungskräften. Besonders gefragt sind die Karten des Zentrums für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) – zu- letzt beim großen Hochwasser. Die Forscher gehören zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen und sitzen dadurch direkt an der Quelle. ZKI-Leiterin Monika Gähler im Gespräch über Nachtschichten, hochaufgelöste Aufnahmen – und den Streit mit einem Blogger.