19 Helmholtz Perspektiven Juli – August 2015 STANDPUNKTE „Wer die Faszination der Menschen nutzen möchte, um Forschung zu finanzieren, muss dabei gut aufpassen, die Leute nicht zu enttäuschen“, sagt Florian Freistetter, Astronom, Blogger und Autor des Buchs „Der Komet im Cocktailglas“, das 2014 als Wissenschaftsbuch des Jahres in Österreich ausgezeichnet wurde Diskutieren Sie zum Thema unter: www.helmholtz.de/ blickwinkel K ann man es denn wirklich schlecht finden, wenn die Öffentlichkeit sich an der Finan- zierung wissenschaftlicher Forschung beteiligt? Natürlich ist es wünschenswert, wenn wissenschaftliche Projekte finanziell nicht mehr nur von den wenigen klassischen Förderquel- len abhängig sind. Und bei vielen Vorhaben kann Crowdfunding tatsächlich schnell und vergleichs- weise unbürokratisch Geld einbringen, das anders nicht zu bekommen wäre. Als Bonus bekommt man das Interesse der Öffentlichkeit gleich noch mit dazu. Insofern gäbe es gegen Crowdfunding eigentlich nichts einzuwenden. Aber wer die Faszination der Menschen nutzen möchte, um Forschung zu finanzieren, muss dabei gut aufpassen, die Leute nicht zu enttäuschen. Denn nicht jedes Crowdfunding-Vorhaben ist auch in der Lage zu liefern, was es verspricht. Das zeigt sich besonders gut an den sehr populären Raumfahrt- Projekten. Mehr als 17.000 Menschen haben zum Beispiel insgesamt über 1,3 Millionen Euro für das „Arkyd“-Weltraumteleskop der Firma Planetary Resources gespendet. Das war vor zwei Jahren, und bis jetzt gibt es keine Anzeichen, dass das Teleskop irgendwann tatsächlich in der geplanten Größe gebaut und eingesetzt werden wird. Das eigentliche Vorhaben von Planetary Resources – die Rohstoffe von Asteroiden abzubauen – ist heute noch genauso unrealistisch wie damals. Gleiches gilt für das me- dial enorm präsente Projekt „Mars One“, das seinen Teilnehmern und privaten Geldgebern eine Kolonia- lisierung des Mars in den nächsten Jahrzehnten ver- spricht und sich nun immer mehr als reine PR-Show herausstellt, ohne jede Chance, das angegebene Ziel jemals zu erreichen. Es gibt viele ähnlich ambitionierte Crowdfun- ding-Projekte, die finanziell sehr erfolgreich sind. Je spektakulärer das Vorhaben, desto größer die Resonanz in der Öffentlichkeit und desto besser die Chance, das verlangte Geld zu erhalten. Aber wenn die Erwartungen dann nicht erfüllt werden, bleiben enttäuschte Spender zurück. Und Menschen, die so sehr von der Forschung fasziniert waren, dass sie bereit waren, ihr eigenes Geld dafür einzubringen, fühlen sich von der Wissenschaft betrogen. Crowd- funding kann eine wunderbare Möglichkeit sein, Öffentlichkeitsarbeit und Forschungsfinanzierung zu verbinden. Wenn man nicht aufpasst, kann Crowdfunding die Faszination der Menschen für die Wissenschaft aber auch gründlich zerstören.