15 Helmholtz Perspektiven Juli – August 2015 TELEGRAMM Ein Gen – zwei Krankheitsbilder Die Betroffenen haben ererbten Bluthochdruck und zugleich eine Skelettfehlbildung (Brachydaktylie) und sterben vor dem 50. Lebensjahr, wenn ihr Blutdruck nicht behandelt wird. Nach über 20 Jahren haben Forscher vom Experimental and Clinical Research Center des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin und der Charité das Gen identifiziert, das dieses un- gewöhnliche und seltene Krankheitsbild auslöst. In sechs nicht miteinander verwandten Familien entdeckten sie unterschied- liche Mutationen in einem Gen, die stets Bluthochdruck und verkürzte Mittelhand- und Mittelfußknochen auslösen. Forscher röntgen Schokolade Die Lust auf eine süße Nascherei kann schnell in eine große Enttäuschung umschlagen. Weiße Flecken auf Schokolade sind zwar harmlos, sehen aber unappetitlich aus. Die weiße Schicht bildet sich, wenn flüssig gewordene Fette aus dem Schokoladen- inneren an die Oberfläche wandern und dort kristallisieren. An DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III konnten Forscher nun erst- mals in Echtzeit die Wanderung des flüssigen Fetts durch die Schokolade beobachten. Sie stellten fest, dass Sonnenblumenöl sehr schnell in kleinste Poren der Schokolade wandert und dort die Struktur verändert. Die Lebensmittelindustrie könnte also bei zukünftiger Schokoladenherstellung darauf bedacht sein, die Porosität der Schokolade zu begrenzen und die Kristallisation zu verändern. Fast unsichtbare Flügel Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie unter- suchen Schmetterlingsflügel, um eine Technologie zur Entspie- gelung von Brillen oder Displays zu entwickeln. Während her- kömmliche Glasscheiben, je nach Blickwinkel, mindestens acht Prozent des einfallenden Lichts zurückwerfen und so beispiels- weise den Blick aufs Handy erschweren können, reflektieren die Flügel des Waldgeistes (Greta oto) nur zwei bis fünf Prozent. Sie sind somit fast durchsichtig. Grund dafür sind auf dem Flügel unregelmäßig verteilte winzige Strukturen, sogenannte Nano- säulen, die Grundlage der neuen Technologie sein sollen. Erste konkrete Anwendungsmöglichkeiten sollen sich bereits in der Konzeptionsphase befinden. Bierhefe bleibt jung Mittelständische Brauereien könnten pro Jahr 170 Tonnen Malz einsparen, wenn sie die Zellen der verwendeten Bierhefe nicht nur für einen Brauprozess einsetzen, sondern sie wiederver- werten würden. Ein Team von Wissenschaftlern des Leipziger Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung und der Universität Hannover haben in genetischen Analysen herausgefunden, dass die Zellen selbst in 20 oder mehr Brauprozessen nicht altern. Würden die Brauereien lediglich die oberste und unterste Schicht der sedimentierten Hefe verwerfen und die übrigen Zellen 20-mal oder häufiger nutzen, könnten sie viel Zeit und Kosten sparen, ohne negative Auswirkungen auf die Bierqualität zu riskieren. Durchleuchtete Kunst Wenn Wissenschaftler historische Kunstgegenstände unter- suchen wollen, stehen sie oft vor dem Problem, die wertvollen Artefakte für eine Probennahme beschädigen zu müssen. Im Ägyptischen Museum in Florenz fand nun eine neue, in Zusam- menarbeit mit dem Helmholtz-Zentrum Berlin entwickelte Tech- nologie Anwendung: Durch Zuhilfenahme von Neutronen gelang es den Forschern, wertvolle Osiris-Statuen zu durchleuchten. Sie konnten so Rückschlüsse auf deren Fertigungstechnik und das verwendete Material ziehen, ohne den wertvollen Skulptu- ren Schaden zuzufügen. Die Neutronen können tief in die Süße Flocken Fettreif auf Schokolade unter dem Mikroskop. Bild: Svenja Reinke/TUHH Fast spiegelfrei Im Gegensatz zu anderen durchsichtigen Flächen re- flektieren die Flügel dieses Glasflüglers („Waldgeist“, lat.: Greta oto) kaum Licht; Brillengläser oder Handydisplays könnten von der Erforschung des Phänomens profitieren. Bild: Radwanul Hasan Siddique, KIT