Helmholtz Perspektiven Juli – August 2015 18 STANDPUNKTE C rowdfundig eröffnet neue Wege in der Wissenschaft. Das kann ich aus eige- ner Erfahrung bestätigen. Dank dieser Finanzierungsmöglichkeit konnte ich von Februar 2014 an für ein Jahr weiter an der Studie „Deutsche Nachkriegskinder“ arbeiten. Vorher wollte kein Stipendium und keine Förderlinie zu mir und meinem Promotionsprojekt passen. Als ich zum ersten Mal von Crowdfunding bei der Internet- und Gesellschaftskonferenz re:publica 2013 hörte, war ich sehr neugierig auf diese neue Finanzierungsform für eine Wissen- schaft unter digitalen (und leider oft prekären) Bedingungen. Ich brauchte etwa einen Tag zum Ausfüllen der Seite auf www.sciencestarter.de. Danach hatte ich drei Monate Zeit, um möglichst viele Unterstützer und vor allem 10.000 Euro zu sammeln. Wie man das macht? Natürlich durch überzeugende und stetige Kommunikation des Projekts. E-Mails und persönliche Ansprachen führten anfangs schon weit. Ich schrieb zusätzlich regelmäßig in meinem Forschungsblog und nutzte Twitter, um authentisch, transparent und offen im Sinne von Open Science zu arbeiten. Das Netzwer- ken und Publizieren im Internet bildete die Grund- lage für eine Community, die sich mit mir und untereinander austauschte. Als Lokalzeitungen, Radiostationen und Fernsehsender aufmerksam wurden, bildete sich auch um die sozialen Medien ein größeres Netz von Unterstützern und Interes- sierten. Am 6. Februar 2014 hatte ich tatsächlich mit 10.437 Euro die Zielsumme erreicht. Das Geld stammte von 96 Unterstützern, die ich meist nur online oder gar nicht kannte. Diese Community aus Forschern und Öffent- lichkeit begleitet mich bis heute und ist auch Mo- tivationsquelle für die Höhen und Tiefen, die eine Promotion mit sich bringen kann. Ich erhalte noch immer Einladungen, um über meine Erfahrungen zu berichten. Das allein schafft schon Sichtbarkeit und Reputation; zumindest bilde ich mir das ein. Abgesehen vom Einrichten des Dauerauf- trags brauchte ich keine Anträge, Nachweise, Formulare oder Berichte zu schreiben, um in meinem Crowdfunding-Jahr weiter wissenschaft- lich arbeiten zu können. Verwaltungskosten gab es quasi nicht. Ich konnte sofort mit der For- schung beginnen, nur meinem Gewissen und der Community verpflichtet – und arbeite mittlerweile im Rahmen eines Dariah-De-Fellowships weiter an meinem Projekt. „Ich konnte sofort mit der Forschung beginnen, nur meinem Gewissen und der Community verpflichtet“, sagt Sascha Foerster, Promovend am Zentrum für Alternskulturen und Community Manager für das Blogportal de.hypotheses.org Forscher sucht Unterstützung Eine Idee aus der Musikbranche erreicht die Wissenschaft: Crowdfunding, also die Finanzierung eines Projekts mittels im Internet eingeworbener Spenden, soll Forschung basisdemokratischer, flexibler und nahbarer machen. Aber funktioniert das auch? Zwei Blickwinkel