Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

helmholtz_perspektiven_20140915_Web_X1-b

Helmholtz Perspektiven September – Oktober 2014 9Titelthema Ein letztes Mal kontrolliert die Chemikerin Erika von Schneidemesser ihre zweirädrige Messstation. Sind die Instrumente eingeschaltet? Hängen die Schläu- che der Messgeräte aus den Fahrradtaschen? Sie prüft noch einmal die Videokamera, die mit einem Gummiband am Lenker des Fahrrads befestigt ist, dann fährt sie los. Die nächsten knapp einhundert Minuten wird die 32-Jährige einmal quer durch Berlin radeln, von ihrem Arbeitsplatz am IASS, dem Institute for Advanced Sustainability Studies in Potsdam, am Wannsee vorüber, durch Steglitz und Schöneberg, am Tempelhofer Feld entlang und durch die Hasenheide bis nach Neukölln. Dabei werden die Messinstrumente in ihrer Tasche im Sekundentakt die Luft messen und aufzeichnen, welche Partikel sie enthält. Auf der Fahrt durch Berlin spürt Erika von Schneidemesser alle die Stoffe auf, die zu Luft- verschmutzung führen können: Feinstaub zum Beispiel und kleine Partikel aus Autoabgasen, von Baustellen, aus Restaurantküchen und Industrie- schornsteinen. In einer Stadt beeinflussen auch Grünflächen, Parks und Wälder die Luftqualität. „Am Anfang stand die Beobachtung, dass Stadt- bäume die Luftqualität in der Stadt beeinflussen – und nicht immer positiv“, sagt der Chemiker Boris Bonn, der mit Erika von Schneidemesser zusam- men forscht. „Manche Bäume fördern zum Beispiel die Bildung von Ozon. Und gerade Berlin hat sehr große Grünflächen. Wir haben uns also gefragt, welchen Einfluss das auf die Luft hat.“ So haben Bonn und von Schneidemesser in diesem Frühsommer die BÄRLIN-Messkampagne gestartet. Drei Sommermonate lang, von Anfang Juni bis Ende August, messen sie die Luftqualität an unterschied- lichen Orten der Stadt. Dabei nutzen sie die 16 be- reits fest installierten Messstationen, die vom Ber- liner Senat eingesetzt werden. Ihr Nachteil ist, dass sie nicht flexibel sind: Sie messen nur genau an einem Ort und auch nur bestimmte Substanzen. Um ein präziseres und großflächigeres Bild von der Luft in Berlin zu bekommen, kamen die Wissenschaftler auf die Idee, das Fahrrad einzusetzen. „Das Fahrrad ist dafür bestens geeignet“, sagt Bonn, „es kann überall fahren und flexibel eingesetzt werden.“ Zehn Leute vom IASS radeln in wechselnder Besetzung ein- bis zweimal pro Woche auf unterschiedlichen Wegen durch Berlin, denn verlässliche Aussagen lassen sich nur machen, wenn die Routen mehrfach abgefahren werden. Die Messungen sind abhängig vom Wetter, vom Wind, von der Route, von der Tageszeit und dem Wochentag. „Jetzt zum Beispiel haben wir einen sehr großen Ausschlag“, sagt Erika von Schneidemesser. Sie steht mit ihrem Fahrrad an einer Ampel hinter einem Bus, die Luft flimmert vom Abgas. „Da kann man die Luftverschmutzung eigentlich auch ohne Messinstrumente spüren“, sagt sie. Dann deutet sie ins Grüne, ein paar Meter neben den Fahrradweg. „Dort wäre es schon besser.“ Luftverschmutzung ist eine sehr punktuelle Angelegenheit, schon ein paar Meter von den Straßen entfernt sehen  Auf ihren Fahrten durch die Stadt zeichnet Erika von Schneidemesser auf, wo die Berliner Luft besonders gefährlich ist. Die große Frage: Schaffen Parks und Straßenbäume wirklich Abhilfe? Radeln gegen den Dreck

Seitenübersicht