34 Helmholtz Perspektiven März – April 2015 FORSCHUNG Projekte an uns herangetragen.“ So wurden etwa wichtige Szenen aus dem Film „Baikonur“ an Bord eines DLR-Flugzeugs gedreht – im Parabelflug, so dass die Schauspieler schwerelos vor der Kamera agierten. Manche Ideen und Kunstwerke lassen die Mitarbeiter des DLR aber auch mit den Schultern zucken, dann stoßen doch Welten aufeinander. Künstler seien eben Freigeister, meint Schütz und schmunzelt. Für die Ausstellung „Outer Space“ wur- den sie gebeten, eine Biene aus dem Bienenstock vom Dach der Bundeskunsthalle in den Weltraum zu schicken. Zusammen mit dem deutschen Astronauten Alexander Gerst ging die in Kunstharz gegossene „Bundesbiene“ im Mai 2014 an Bord der ISS. So einfach, wie es sich die Kuratoren dachten, war es allerdings nicht. Die Biene musste sich einer intensiven Unbedenklichkeitsprüfung unterziehen, so sind die Vorschriften in der Raumfahrt. Das grundsätzliche Dilemma ist aber ein anderes: Es gehört schlicht nicht zu den Aufgaben einer Forschungseinrichtung, Kunstprojekte zu fördern. „Für uns in der Kommunikationsabteilung kann die Beschäftigung mit Kunst leider nur ein Nebengeschäft sein. Wir haben dafür zu wenig Zeit und eigentlich keine Mittel“, sagt Andreas Schütz. Wenn eine Zusammenarbeit klappt, stecke dahinter oft eine Menge persönlicher Einsatz der Beteilig- ten, eine Portion Idealismus – und manchmal sei es auch nur möglich, weil bürokratische Hürden umschifft würden. Das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz- Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), in Bremerhaven hat deshalb eine institutionalisierte Form der Zusammenarbeit mit Künstlern gefunden. Zuletzt sind die AWI-Forscher regelrecht bestürmt worden von Anfragen: Die Künstler sähen sich als Seismographen für gesellschaftliche Entwicklungen, so erklärt man sich am AWI das Interesse – und die Folgen des technischen Fortschritts, insbesondere der menschengemachte Klimawandel und die damit einhergehenden Veränderungen unseres Planeten, rückten dadurch in ihren Blickwinkel. Das ist eines der Kernthemen der Bremerhavener Forscher. Um dem großen Interesse gerecht zu werden, ging das AWI eine Kooperation mit dem Hanse- Wissenschaftskolleg in Delmenhorst ein. Es gibt nun einmal im Jahr eine Ausschreibung und einen transparenten Wettbewerb: Künstler bewerben sich mit einem Konzept und bekommen dann, wenn sie ausgewählt werden, ein Stipendium. Dadurch können sie mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten und beispielsweise an einer Expedition teilnehmen. Für das AWI sei diese Art der Kooperation ein gro- Eine spektakuläre Ausstellung in der Bundeskunst- halle, die gerade zu Ende gegangen ist, hat die beiden Welten zusammengebracht: „Outer Space. Faszination Weltraum“ hieß die Schau, an der das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt war. Die Wissenschaftler haben die Kurato- ren inhaltlich beraten. Zugleich stellte das DLR eine ganze Reihe von Exponaten zur Verfügung, so etwa ein Modell des Hyperschallflugzeugs SpaceLiner und eine Prise Mondstaub aus der sowjetischen Luna-24-Mission. Die Weiten des Universums seien dankbare Themen für den Dialog zwischen Kunst und Wissen- schaft, findet Andreas Schütz, der Pressesprecher des DLR. Die Faszination über die Schönheit des Alls, die eigene Winzigkeit und die Fülle des Unbe- kannten ließen sowohl Wissenschaftler als auch Künstler über grundsätzliche Fragen reflektieren: Wie ist das Universum entstanden? Ist irgendwo noch einmal Leben entstanden? Und gibt es eine weitere intelligente Zivilisation? Interessant sei, so Schütz, dass Kooperationen wie jene mit der Bundeskunsthalle auch auf das eigene Zentrum zurückwirken. „Die Mitarbeiter sind stolz, wenn der Zentrumsname etwa in Frank Schätzings neuem Roman erwähnt wird oder das Zentrumslogo an der Bundeskunsthalle zu sehen ist.“ Die eigene Arbeit erfahre noch einmal eine ganz andere Aufmerksam- keit und Wertschätzung. Für die Luft- und Raumfahrtforscher ist die Zusammenarbeit mit Künstlern keine Neuigkeit. „Wir sind prinzipiell aufgeschlossen“, sagt Andreas Schütz. „Es werden viele großartige, einmalige Unwirtlicher Arbeitsplatz Der Künstler Rolf Giegold macht in der Antarktis Aufnah- men für seine Installation „day by day“. Bild: Volker Ortmann