Helmholtz Perspektiven März – April 2015 31FORSCHUNG Eine der zugelassenen Genpflanzen ist der Mais: So haben Gentechniker eine Erbinformation aus einem Bakterium in Maispflanzen eingebaut. Dadurch produziert der Mais einen Wirkstoff, der den Darm von Insekten zerstört, aber Säugetiere und Vögel nicht schädigt. Das hilft im Kampf gegen einen Schädling namens Maiszünsler, der zu den Insekten gehört. Allerdings steckt im Mais jetzt die Erbinfor- mation eines Bakteriums, die dort nicht hingehört. „Die Versprechen, mit gentechnisch veränderten Pflanzen höhere Erträge und weniger Chemie auf dem Acker zu haben, haben sich nicht erfüllt“, sagt Martha Mertens, Sprecherin des Arbeitskreises Gentechnik des BUND. Es würden erheblich mehr Herbizide eingesetzt, die Artenvielfalt im Agrar- raum werde weiter reduziert. Mertens: „Schließlich gefährden sie auch die Gesundheit, denn neben den geplanten neuen Eigenschaften können unerwarte- te Effekte auftreten, die die Sicherheit der daraus hergestellten Produkte beeinträchtigen.“ Reinhard Pröls kennt diese Argumente. Er forscht an der Technischen Universität München zu Pflanzenkrankheiten. Ein ähnliches Misstrauen, sagt er, habe es anfangs auch gegen Gentechnik in der Medizin gegeben: „Schon aus ethischen Gründen aber setzten sich die neuen Produkte mit der Zeit durch, weil die Patienten eindeutige Vorteile hatten.“ Solche Vorteile gebe es auch bei gentechnisch veränderten Pflanzen. „Wenden Züchter biotech- nologische Verfahren an, können sie zum Beispiel erheblich schneller und zielgerichteter als mit herkömmlichen Methoden neue Sorten entwickeln“, sagt Pröls. Auch sparen die Bauern Arbeit, wenn sie zum Beispiel keine Insektenvernichtungsmittel aus- bringen müssen, weil eine gentechnisch veränderte Sorte sich selbst gegen solche Schädlinge wehrt. Der Käufer im Supermarkt aber sieht von diesen Vorteilen wenig. Umweltschutzorganisationen wen- den ein, dass die gentechnisch veränderten Sorten durchaus Risiken bergen können. Sie übersehen dabei jedoch, dass genau diese Artgrenzen auch in der Natur offensichtlich gar nicht so selten über- schritten werden. So stammen rund acht Prozent des Erbguts eines Menschen ursprünglich aus einer Virus-Gruppe, zu der zum Beispiel der AIDS-Erreger HIV gehört. An Pflanzen mit gentechnisch eingebauter Schädlingsabwehr tauchen nach einiger Zeit oft Schädlinge auf, denen der Wirkstoff nichts mehr ausmacht. „Das passiert aber nicht nur bei gentech- nisch veränderten Pflanzen, sondern auch beim Einsatz in der konventionellen Landwirtschaft“, sagt Reinhard Pröls. Weshalb aber wird dann die grüne Gentechnik so heftig abgelehnt? Im Rahmen eines größeren Projektes zu diesem Thema kam dem Forscher der Verdacht, dass unterschiedliche Weltbilder ein Grund dafür sein könnten: „Viele Menschen stellen sich eine intakte Natur vor, die sie bewahren wollen“, fasst Pröls das Weltbild vieler Kritiker zusammen. Naturwissenschaftler aber wissen, dass ein Bauer, der mit dem Pferdegespann seinen Acker bestellt, keineswegs natürlich arbeitet: Dort sollte eigentlich ein Urwald wachsen, den die ersten Bauern bereits vor etlichen Jahrtausenden gerodet haben. Und auch das Erbgut der Gerste, die Reinhard Pröls erforscht, hat sich in diesen Jahrtau- senden erheblich verändert, in denen Bauern aus Wildgräsern der Natur das heutige Getreide gezüch- tet haben. „Seit er die Landwirtschaft erfunden hat, greift der Mensch massiv in die Natur ein“, sagt Reinhard Pröls. Die Gentechnik bringt also nichts grundlegend Neues. Roland Knauer Protest gegen Genpflanzen Nicht nur in Deutschland gehen die Bürger auf die Straße, um den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu verhindern; hier: Demonstration in San Diego, Kalifornien, USA. Bild: picture alliance/ZUMAPRESS.com