Helmholtz Perspektiven März – April 2015 24 STANDPUNK TE W issenschaft so zu gestalten, dass alle Interessierten möglichst barriere- frei daran teilhaben können, ist ein anerkanntes wissenschafts- und gesellschaftspolitisches Ziel. Allerdings gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie dieses Ziel so erreicht werden kann, dass auch die Wissen- schaft Fortschritte macht. Prominentestes Beispiel in dieser Diskussion ist Open Access und dort insbesondere der „goldene Weg“ – das ist der für den Leser kostenlose Zugang zu wissenschaftlichen Artikeln in einer Open-Access-Zeitschrift. Schon die Bezeichnung Open Access, die freien Zugang suggeriert, ist streng genommen eine Irreführung. Die Gebührenschranke verschwindet ja nicht. Sie wird lediglich vom Leser zum Autor verschoben, der durch Publikationsgebühren – die sogenannte Article Processing Charge – die Veröffentlichung bezahlt. Die potenziellen Auswirkungen dieser Autorenschranke auf die Wissenschaft sind noch nicht abschließend diskutiert. Sie könnten aber unliebsame Folgen haben: Während im herkömm- lichen Modell ein wissenschaftliches Ergebnis im Extremfall nicht von jedem rezipiert werden kann, weil der Zugang zur Publikation kostenpflichtig ist, kann dieses Ergebnis im goldenen Open Access erst gar nicht publiziert werden und wird so dem wissenschaftlichen Diskurs ganz entzogen. Open Data, also das Zugänglichmachen von Forschungsdaten, ist ein zweites Beispiel für Open Science. Es wird weniger kontrovers diskutiert; nicht zuletzt deshalb, weil seine unmittelbaren ökonomischen Auswirkungen geringer sind. Zudem wird Open Data bereits an vielen Stellen praktiziert, etwa durch das meist kostenfrei verfügbare Zusatz- material in Publikationen. Die Vorteile des offenen Zugangs zu Forschungsdaten sind unumstritten: Sie reichen von der Validierung der publizierten Forschungsresultate bis hin zur Verwendung der Daten in anderen Forschungskontexten. Doch sollte die Freiheit des Wissenschaftlers nicht ausgehebelt werden, über die Verwendung seiner Daten selbst zu entscheiden. Auch darf nicht außer Acht gelas- sen werden, dass eine entsprechende Infrastruktur nötig ist, wenn Forschungsdaten vermehrt doku- mentiert werden sollen. Die Daten sollen schließlich auffindbar und langfristig verfügbar sein, und das gibt es nicht umsonst. Zusätzliche Mittel müssen also bereitgestellt werden: There ain’t no such thing as a free lunch! „Schon die Bezeichnung Open Access, die freien Zugang suggeriert, ist streng genommen eine Irreführung“, sagt Wolfram Koch, Geschäftsführer der Gesellschaft Deutscher Chemiker Alles kostenlos für alle? Open Science ist eine Verheißung: Alles, was Wissenschaftler veröffentlichen, soll jedem ohne Bezahlung zur Verfügung stehen. Und noch mehr als das: Wissenschaftler sollen alle ihre Forschungsdaten offenlegen. Kann das wirklich funktionieren? Und ist das fair? Zwei Blickwinkel