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Helmholtz-Perspektiven 0215

Helmholtz Perspektiven März – April 2015 21FORSCHUNGSPOLITIK weniger bekommen, das ist eine Reduzierung auf 210,8 Millionen Euro für 2015. Dort hat sich mittlerweile ein „Bündnis zur Rettung der Hoch- schulen im Saarland“ zusammengeschlossen, darunter Gewerkschaften, Oppositionsparteien und Studentenausschüsse. Ihr Ziel ist die Anhebung des Hochschuletats auf den Bundesdurchschnitt. Die ausgegebenen Grundmittel pro Student liegen derzeit deutlich unter diesem Wert. Die Saar-Uni soll von bislang acht auf sechs Fakultäten verklei- nert werden. Besonders umstritten ist die geplante Verschmelzung von Wirtschafts- und Humanwissen- schaften. Dazu soll das Lehramtsstudium in einigen Fächern auslaufen. Eine Spitzengruppe, viel Mittelmaß und einige Abgehängte Andererseits hat es die saarländische Landes- regierung bei der Mittelzuweisung auch beson- ders schwer. Das Bundesland steht wegen einer drohenden Haushaltsnotlage unter besonderer Beobachtung des Stabilitätsrats, jenes politischen Gremiums, das die Finanzplanung von Bund und Ländern überwacht. Bremen und Schleswig- Holstein sind übrigens aus dem gleichen Grund zu Sparkursen verdonnert – was eine Erklärung für die eher bescheidenen Hochschulbudgets in diesen Ländern liefert. Anderen Bundesländern indes steht diese Ausrede nicht zur Verfügung. Allen voran Ham- burg: Die Hansestadt verfügt über die bundesweit höchste Wirtschaftsleistung pro Kopf, und doch sollen die Hochschulbudgets kaum zunehmen. Eine offensichtliche Schieflage, die seit Monaten heftig in der Stadt diskutiert wird – und die nun nach der Bürgerschaftswahl vom Februar korrigiert werden könnte. Die SPD, die ihre absolute Mehrheit verlo- ren hat, wird wahrscheinlich eine Koalition mit den Grünen eingehen. Die wiederum wird wohl auf eine Erhöhung der Budgets um jeweils jährlich bis zu vier Prozent pochen. Ein Spitzenfeld, viel Mittelmaß, einige Abgehängte: Dieter Dohmen, Direktor des For- schungsinstituts für Bildungs- und Sozialökono- mie, befürchtet, dass sich dauerhaft eine „Zwei- Klassen-Gesellschaft in der Hochschullandschaft“ entwickeln könnte. Auf der einen Seite gibt es die finanzpolitischen Musterschüler, besonders in Süddeutschland. Deren Länderhaushalte lassen ve- ritable Budgets zu. Auf der anderen Seite gibt es ein breites Feld aus Flickschustern, die bloß den Man- gel verwalten. Dort wären die Hochschulen davon abhängig, ob der Ministerpräsident oder die Minis- terpräsidentin ein besonderes Faible für die Bildung hat. Ein Hemmschuh, sagt Dohmen, sei vor allem die Schuldenbremse, die von den Bundesländern ausgeglichene Haushalte bis 2020 einfordert. „Sie zwingt viele finanzschwache Länder zu erheblichen Einsparungen – das wird auch den Bildungsbereich treffen.“ Die Befreiung von der BAföG-Finanzierung entfaltet derweil entgegen der Appelle Wankas noch keine flächendeckende Wirkung. Immerhin, zwei Hoffnungsschimmer gibt es: Die Nachricht, dass einige Länder ihren Hoch- schulen zum ersten Mal seit vielen Jahren spürbar mehr Geld überweisen, ist auch in den Ländern, die weiter sparen, angekommen – und zwar sowohl bei den Rektoren als auch bei den zuständigen Minis- tern und Regierungschefs. Zudem steigt die Sorge, im Wettbewerb um die besten Studenten und die schlauesten Hochschullehrer abgehängt zu werden, genauso wie der Erwartungsdruck auf die Regieren- den. So könnte die Wissenschaft doch noch nach oben kommen in der politischen Agenda, der Sog der Finanzstarken die Finanzschwachen hinter sich herziehen. Auch der Bund könnte künftig eine neue Rolle spielen. Seit diesem Jahr darf er sich an der Grundfinanzierung der Hochschulen beteiligen. Ein Aufweichen der Föderalismus-Strukturen, für die Ende 2014 nach jahrelanger Diskussion eigens das Grundgesetz geändert wurde. Neben der üblichen Finanzierung von Forschungsprojekten und Sonder- programmen könnte der Bund damit auch einzelnen Hochschulinstituten unter die Arme greifen. Viel- leicht auch darbenden Fakultäten im Saarland? „Wir sind angewiesen auf Hilfe des Bundes“, sagte Volker Linneweber, Präsident der Universität des Saarlandes am Rande einer Kundgebung in seiner Heimatstadt. Im kleinsten Bundesland hatte Mitte Januar die wohl größte Demo stattgefunden. 6000 Studenten versammelten sich in der saar- ländischen Landeshauptstadt, im Schulterschluss mit ihren Professoren. Die Politiker werden sich an solche Proteste gewöhnen müssen, wenn sie weiter an den Hochschulen sparen.  Philipp Wurm Spaltung befürchtet Dieter Dohmen warnt vor einer Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Hochschullandschaft. Bild: picture alliance Alle Budgets in der Übersicht (Stand März 2015): www.helmholtz.de/ bildungsetat

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