Helmholtz Perspektiven November – Dezember 2014 21FORSCHUNG Am Vormittag des 11. April 2012 heulen in der indo- nesischen Stadt Banda Aceh die Sirenen: Tsunami- Alarm. Warnungen tönen aus Lautsprechern, Radio und Fernsehen unterbrechen das Programm, auf den Handys piepen Alarm-SMS. Fluchtartig verlas- sen Einwohner und Touristen die Strände, Rettungs- kräfte beginnen mit der Evakuierung. Das Erdbeben, das den Meeresgrund vor Sumatra an diesem Tag erschüttert, ist eines der stärksten seit Beginn der seismologischen Aufzeichnung. An jenem Apriltag mussten die Anwohner drei Stunden bangen, dann meldeten die Behörden Entwarnung: Nur dank eines geologischen Zufalls hat das gewaltige Erdbeben keinen Tsunami ausge- löst. Die flächendeckende Evakuierung immerhin war der Beweis dafür, dass das Frühwarnsystem funktioniert – und dass es im Ernstfall tausende Menschenleben retten kann. Das ist der entscheidende Unterschied zum verheerenden Tsunami im Dezember 2004. Als da- mals die meterhohen Wellen auf die Küste zuliefen, gab es keinerlei Warnung. Fast eine Viertelmillion Menschen verloren ihr Leben, Banda Aceh glich einer Trümmerwüste. „Da war uns klar, dass wir et- was unternehmen müssen“, sagt Jörn Lauterjung. Für den Geowissenschaftler vom Helmholtz-Zen- trum Potsdam, dem Deutschen GeoForschungs- Zentrum (GFZ), begann damals eine gewaltige Herausforderung: Als Projektleiter sollte er mit einem Team aus neun deutschen Forschungs- einrichtungen ein Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean aufbauen, das Geld dafür kam aus dem Fonds für die Flutopferhilfe. Lauterjung war trotz aller Herausforderungen von Anfang an zuversichtlich: „Wir hatten die Technik, mit der wir den Menschen vor Ort helfen konnten.“ Es ist ein ausgeklügeltes System, das Geo- wissenschaftler, Meeresforscher und IT-Experten speziell für die Bedingungen im Indischen Ozean entwickelt haben. Mehr als 160 Seismometer, die im ganzen Land verteilt sind, sowie GPS-Satelliten- messungen liefern ständig die aktuellsten Daten, hinzu kommen Pegelstationen an der Küste und auf den vorgelagerten Inseln, die den Meeresspie- gel überwachen. Die Informationen laufen in einem eigens eingerichteten Warnzentrum Vor zehn Jahren riss ein Tsunami im Indischen Ozean hunderttausende Menschen in den Tod. Inzwischen haben Forscher eines der modernsten Tsunami-Warnsysteme der Welt dort aufgebaut. Es soll den Anwohnern die Zeit zur Flucht verschaffen Die entscheidenden fünf Minuten Katastrophenübung Indonesische Schüler beim Tsunami-Drill. Bild: GITEWS