Helmholtz Perspektiven November – Dezember 2015 32 ForScHung wegen der körpereigenen Dopamine, die zusätzlich freigesetzt werden. Das hängt damit zusammen, dass Rauchen als angenehmes Erlebnis wahrge- nommen wird: Man steht in einer Gruppe und unterhält sich, oder man genießt allein auf dem Balkon den Ausblick – für manche ist das „Eine- Rauchen-Gehen“ einer der Höhepunkte des Tages. „Über fast ein Jahrhundert wurde das Rauchen sozial akzeptiert. Obwohl wir dem Lobbyismus der Tabakkonzerne heute etwas entgegensetzen und es schon geschafft haben, die Zahl der jugendlichen Raucher deutlich zu senken, lässt sich das Image nicht von heute auf morgen komplett umdrehen“, sagt Martina Pötschke-Langer. Der gesundheitliche Schaden, den das Rauchen anrichten kann, ist längst bekannt – von Lungenkrebs reicht die Liste der Krankheiten über Atherosklerose bis hin zu chronischen Formen der Bronchitis. 20 Millionen Raucher gibt es in Deutschland, hinzu kommen fast zwei Millionen Alkoholabhängige und zwischen 1,4 und 1,8 Millionen Medikamentensüchtige. Da wundert es kaum, dass der Begriff Sucht in der Gesellschaft eher negativ belegt ist – und dass Verhaltenswei- sen schnell gebrandmarkt werden: Von Kaufsucht, Smartphonesucht, Internetsucht, Fernsehsucht, Sexsucht, Arbeitssucht, Chatsucht, Pornosucht ist heute oft die Rede – so wie im 18. Jahrhundert gar die Angst vor Lesesucht kursierte. „Sucht ist keine Einbahnstraße. Viele schaffen es ohne professionelle Hilfe, sich dem Suchtverhalten zu entziehen“ Dabei ist Sucht gar nicht immer negativ. Der Belohnungseffekt, der mit einer manifesten Sucht viel gemein hat, spielt auch im Leben all derer eine Rolle, die sich ohne zu zögern als nicht süchtig bezeichnen würden – und hat hier manchmal so- gar positive Auswirkungen. Der Belohnungseffekt kann mit der Befriedigung anfangen, gegen Feier- abend den Schreibtisch im Büro aufzuräumen; weil es so schön ist, ihn fast leer zu haben, wenn man geht, will man einfach nicht darauf verzichten. Auch wer jeden Samstagabend in die Disco oder jeden Sonntagnachmittag zum Tanzcafé geht, weil er den Nervenkitzel des Flirtens genießt, weist streng genommen erste Symptome eines Suchtver- haltens auf. Und dass viele mehrmals die Woche Zug um Zug Mit dem Zigarettenrauch gelangen Suchtstoffe über die Lunge und das Blut ins Hirn, wo sie bei Rauchern Glücksgefühle auslösen. Bild: David-W-/photocase.de