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Helmholtz Perspektiven November 2015

Helmholtz Perspektiven November – Dezember 2015 15titEltHEMa Wellenlängen des Lichts bis hin zu den Molekülen, die vom Waldboden her ankommen, alles detailliert aufzeichnen. Die Daten aller Messgeräte laufen über Kabel zu einem kleinen Bauwagen in der Mitte des Gelän- des. Hier steht ein nüchterner Computer. Von ihm aus werden die Informationen auf den Server des UFZ in Leipzig geladen, wo sie dann zur Auswer- tung bereitstehen. Aber nicht nur für Cuntz und seine Kollegen. Das Observatorium ist Teil eines ganzen Netzwerks von Klimabeobachtungen. Die Messungen aus dem Waldstück gehören zu einem Großprojekt der Helmholtz-Gemeinschaft: Unter dem Namen TERENO ist ein Netz von Erdbeobach- tungen über vier verschiedene Zonen Deutschlands gespannt. Die vielen Projekte, an denen verschie- dene Disziplinen beteiligt sind, haben je einzelne Schwerpunkte – am UFZ in Leipzig ist das etwa das Wasser. Aber die Daten werden so generiert, dass sie sich miteinander vergleichen lassen und damit allgemeine Aussagen ermöglichen. Und schließlich laufen die Daten europaweit zusammen: Unter dem Namen ICOS (Integrated Carbon Observation System) werden Informationen aus acht Ländern zur Klimaveränderung auf dem ganzen Kontinent gesammelt. Das erklärte Ziel sind zuverlässige Prognosen über Klimaveränderungen. „Dass sich etwas ändert, daran zweifelt niemand“, sagt Cuntz. Am Harz, wo die Forschungsstation steht, wird das schon lange gemessen, ein bisschen trockener wird es im Sommer und ein bisschen wärmer im ganzen Jahr. „Man kann sich fragen: Wie geht es weiter?“, sagt Cuntz. „Und da muss man sich auf Modelle ver- lassen, wobei natürlich über zukünftige Aktivitäten des Menschen nur spekuliert werden kann. Wir nennen das Projektionen, nicht Vorhersagen.“ Mit solchen Projektionen arbeitet auch ein anderes Projekt am UFZ: Die „Global Change Expe- rimental Facility“ (GCEF) in Bad Lauchstädt betreibt eine Art Klima-Science-Fiction. Sie untersucht, wie die Umwelt reagiert, wenn das Klima sich ändert. Dafür simulieren die Forscher auf vielen kleinen Feldern die Zukunft: Einige der Parzellen sind begrast, auf anderen wird konventioneller Ackerbau betrieben, auf manchen weiden Schafe. „Wir haben die Landnutzungsformen in Deutschland exempla- risch abgedeckt“, sagt der Biologe Martin Schädler, der hier wissenschaftlicher Koordinator ist. Er mani- puliert die Temperatur und Feuchtigkeit auf diesen Versuchsfeldern. „Wir arbeiten mit dem Klima, das man für 2050 errechnet hat“, erklärt Schädler. „Das ist in etwa das Mittel aller bisherigen Projektionen. Wir machen es auf einigen Feldern etwas wärmer und etwas trockener – und schauen, wie das den Boden, die Lebewesen, die Pflanzen verändert.“ Das geschieht mithilfe von Technologien wie zurückrol- lenden Dächern, die die Regenmenge regulieren. Die Seitenwände der Gerüste helfen, die Temperatur auf den Parzellen zu erhöhen. „Der Vorteil ist die Fläche, die wir haben, und die Zeit – 15 Jahre“, sagt Schädler. „Wir können ein ganzes System mit vielen Komponenten anschauen und haben eine große Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlichen Nutzungsformen und Kontrollgruppen. Wir arbeiten sehr detailliert: Zum Beispiel beobachten wir auch, wie die Insekten auf die Trockenheit reagieren.“ Die Ergebnisse könnten nicht nur der Landwirtschaft nutzen, sich auf veränderte Bedingungen einzu- stellen. Sie sollen es auch erlauben, verlässliche Aussagen über die Veränderungen zu machen. Was richtet Trockenheit wirklich an? Was die Hitze? Ver- ändert sich überhaupt etwas – und wenn, für wen? Im Wald bei Oschersleben regnet es immer noch. Künftige Trockenheit sind für den Einzel- nen im Hier und Jetzt schwierig zu begreifen: „Globaler Wandel und Klimaerwärmung sind oft abstrakte Begriffe“, sagt Matthias Cuntz. Er sieht es als Aufgabe der Wissenschaft, möglichst präzise Modelle zu liefern, wie sich Veränderungen im Klima beschreiben lassen, ob im Detail wie an den Bäumen in Oschersleben oder im Ganzen. Darauf könnten dann Entscheidungsprozesse fußen, wie man den Veränderungen begegnen will: „Das ist für mich eine gesellschaftliche Frage“, sagt Cuntz, „der Hauptfaktor in allen Modellen ist der Mensch und sein Verhalten.“  Leonie Achtnich Atem-Check Inmaculada Garcia Quieros misst den Gasaustausch des Waldbodens. Bild: UFZ/ A. Künzelmann Interviews, Kommentare, Podcasts und weitere Artikel zum Klimawandel: www.helmholtz.de/ paris

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