10 titEltHEMa10 Das Klima ändert sich in Europa regional unterschiedlich. In Zentral- und Nord- europa nehmen Niederschläge und Ver- dunstung zu, im Mittelmeerraum dagegen ab. Das Überschwemmungsrisiko steigt in weiten Teilen Europas, während im Süden Dürren zunehmen werden. In den Som- mermonaten werden im Mittelmeerraum die Ernteerträge zurückgehen, im hohen Norden können sie dagegen sogar steigen, wobei der Gesamtertrag dort immer noch gering sein wird. Und die Skiregionen, vor allem in Österreich, müssen mit Einbußen rechnen. Bei einem deutlich stärkeren Temperaturanstieg als zwei Grad wäre es entsprechend schwieriger, mit den Folgen umzugehen. Deshalb hoffe ich, dass dieses Ziel in Paris nochmal neu bestätigt wird. Außerdem hoffe ich, dass die afrika- nischen und südamerikanischen Staaten beim Gipfel eine sichtbarere Rolle bekom- men. Denn die Folgen des Klimawandels werden diese Länder viel dramatischer treffen als uns in Europa. Wenn es darum geht, etwas gegen den Klimawandel zu tun, wird die Verant- wortung gern weitergeschoben. Dann heißt es, die Politik muss handeln, die Industrie muss umweltfreundlicher wer- den oder die Forscher müssen genauere Daten liefern. Wer ist denn nun zuerst am Zug? Alle gleichzeitig! In seinem letzten Bericht hat der Weltklimarat (IPCC) 2014 doch unzweifelhaft dargelegt, dass sich das Klima wandelt und dass ein wesentlicher Anteil davon menschengemacht ist, vor allem durch den Ausstoß von Schadgasen. Die Fakten sind klar. Nun muss jeder bei sich selbst anfangen. Gibt es ein paar einfache Dinge, die je- der Einzelne von uns tun kann, um dem Klimawandel entgegenzuwirken? Auf jeden Fall: so viel Energie sparen wie möglich! Das heißt nicht, dass man sich nicht zwischendurch auch mal etwas gönnen sollte. Ich halte nichts davon, den Bürgern eine Flugreise in den Urlaub aus Klimagründen madig zu machen. Aber es gibt andere Bereiche, in denen man enorm sparen könnte: Ich finde es zum Beispiel erschreckend, wie im mittleren und gehobenen Management Flugstre- cken in Kauf genommen werden für kurze Treffen von zwei, drei Stunden, um irgendwelche Dinge zu besprechen, die man genauso gut über andere Medien hät- te klären können. Wir sollten unbedingt überdenken, ob die Mobilität, die wir uns in der Arbeitswelt angewöhnt haben, wirklich sinnvoll ist und ob wir nicht statt- dessen Medien wie Videokonferenzen viel mehr nutzen sollten. Ich glaube, dass man locker zwei Drittel der Treffen einsparen könnte. Da heißt es immer, der Einzelne solle zu Hause das Licht ausmachen, nicht so viel heizen und die Brötchen mit dem Fahrrad holen, was ja auch gut ist, aber wie man in der Arbeitswelt besonders die Flugmobilität verringern könnte, ist überhaupt noch kein Thema. Nicht alle Folgen des Klimawandels sind negativ: So erwärmt sich mit der Atmosphäre auch der Untergrund, was wir geothermisch nutzen könnten. Von den steigenden Lebensmittelpreisen könnten mitteleuropäische Landwirte profitieren, weil ihre Ernten zunächst stabil bleiben sollen. Und woanders könnte man doch andere Nutzpflanzen anbauen. Gleichen sich Vor- und Nach- teile vielleicht aus? Weltweit gesehen überwiegen die negativen Folgen deutlich. Es hängt aber auch davon ab, wie stark die Erwärmung ausfällt: Pendeln wir uns im Zwei-Grad- Bereich ein, sind die Anpassungsmaß- nahmen an die Veränderungen für uns besser zu schaffen als bei einer stärkeren Erwärmung. Würden die Temperaturen etwa um sechs Grad steigen, wären ganze Regionen unbewohnbar, etwa der Mittel- meerraum, wo es dann einfach zu heiß werden und das Wasser fehlen würde. Na- türlich wird es einzelne Regionen geben, die von der Erwärmung profitieren, zum Beispiel der Ostseeraum: Wenn es dort ein paar Grad wärmer würde, wäre das gut für den Tourismus. Und wenn es dann am Plattensee in Ungarn oder im Mit- telmeerraum 45 bis 48 Grad heiß wäre, würden die Urlauber sicher lieber an die Ostsee fahren. Aber im Vergleich zu den weltweiten Veränderungen sind das nur bescheidene regionale Vorteile, und die wiegen die gewaltigen Problematiken wie die Welternährung und die Wasserversor- gung sicher nicht auf. Nach außen entsteht manchmal der Ein- druck, die Klimaforschung sei ungenau: Da muss wieder ein CO2 -Wert oder eine Ozeanströmung angepasst werden, und schon ergeben die Klimamodelle eine H ö H E P u n K t E i n d E r g E S c H i c H t E d E r K l i M a P o l i t i K 2009 der gipfel von Kopenhagen Die Verhandlungen verlaufen chaotisch, die Fronten zwischen den Industrie- und den Schwellenländern verhärten sich zusehends. Vor allem China und Indien verlangen ein Recht auf wirtschaftliche Entwicklung. Am Ende steht nur eine unverbindliche Absichtserklärung. 2010 der gipfel von cancun Alle Teilnehmerstaaten bekennen sich zum Zwei-Grad-Ziel. Die Kyoto-Vertragsstaaten halten an den Reduktionszielen fest – die USA ebenso. Einrichtung eines Klimafonds: Bis 2012 unterstützen die Industriestaaten ärmere Länder mit 30 Mrd. US-$, von 2012 bis 2020 mit jährlich 100 Mrd. US-$. Helmholtz Perspektiven November – Dezember 2015