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Helmholtz Perspektiven Jan 2015

Helmholtz Perspektiven Januar – Februar 2016 31FORSCHUNG Gorleben Die Salzstollen in 850 Meter Tiefe werden als mögliches Endlager untersucht. Bild: picture alliance/Ulrich Baumgarten Bislang ist nicht bekannt, wie sie im umgebenden Wirtsgestein eines Endlagers mit den Mineralien und den dort lebenden Organismen reagieren wer- den, wenn die Behältnisse undicht werden – und das wird eines Tages passieren. „In den ersten 300 Jahren sind in den abge- brannten Brennstäben Spaltprodukte wie Cäsi- um137 dominant“, sagt Thorsten Stumpf. „Auch diese Spaltprodukte sind hochgefährlich und dürfen nicht in die Biosphäre gelangen. Doch in dieser Zeit und auch noch für Jahrhunderte danach sorgen die Stahlbehälter, in denen das radioaktive Material gelagert wird, für einen sicheren Einschluss.“ Aber irgendwann halten diese technischen Barrieren nicht mehr dicht. Zwar sind die Spaltprodukte dann bereits zerfallen, doch die Radioaktivität ist weiterhin hoch. Etwa 30.000 Jahre lang dominiert das Element Americium, in den nächsten 200.000 Jahren fast ausschließlich Plutonium. Danach muss das Wirtsgestein den Abfall sicher einschließen. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an ein Endlager in Deutschland: Es muss über eine Million Jahre geologisch stabil sein, Eiszeiten über- stehen und von wasserführenden Schichten durch mindestens 400 Höhenmeter getrennt sein. Nach dem Zerfall der Behältnisse müssten radioaktive Substanzen eben diese 400 Meter senkrecht durchs Gestein wandern, ein fast unüberwindbarer Mig- rationsweg. Damit wäre die größte Gefahr, nämlich der Austritt radioaktiver Materialien, so gut wie ausgeschlossen, insbesondere weil die langlebigen Transurane wie Americium und Plutonium als ziemlich unbeweglich gelten. „Dennoch betrachten wir sogenannte Worst-Case-Szenarien wie einen Wassereinbruch. Denn der größte Fehler wäre, fest davon auszugehen, dass so etwas wirklich niemals passieren kann“, sagt Stumpf. Auch Michael Sailer vom Öko-Institut in Darmstadt betont, wie wichtig es ist, ein sicheres Endlager in Deutschland zu finden. „Wir haben zur- zeit 16 oberirdische Zwischenlager für hochradioak- tive Abfälle. Wenn wir kein Endlager finden, dann muss man sich nur mal eine Kriegssituation wie in Jugoslawien in den 1990er Jahren vorstellen und dann überlegen, ob man in akuten Notsituationen die Sicherheit garantieren kann.“ Sailer ist Gutach- ter und Sachverständiger für nukleare Sicherheit und Entsorgung von radioaktiven Abfällen und Vorsitzender der Bundestags-Kommission „Lage- rung hochradioaktiver Abfälle“. Im Juli 2013 hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, um einen Endlagerstandort in Deutschland zu suchen, 2016 wird diese Suche beginnen. „Bis 2013 hatten wir den Streit um Gorleben als mögliches Endlager. Da- mals war klar, dass nach jeder neuen Bundestags- wahl wieder etwas geändert werden könnte“, sagt Sailer. Dieser Streit sei nun aber beigelegt. „Das Endlagersuchgesetz ist mit sehr großer Mehrheit im Bundestag von fast allen Parteien beschlossen worden. Und die Bundesländer waren im Bundesrat alle damit einverstanden. Deshalb ist es egal, was die nächste Wahl ergibt, die nächste Regierung muss den Fahrplan weiter umsetzen.“ Wenn es um Endlagerung geht, fällt oft das Schlagwort „Rückholbarkeit“: Soll der radioaktive Abfall nun so eingelagert werden, dass er unter Um- ständen wieder geborgen werden kann, oder nicht? Michael Sailer spricht sich dagegen aus, gibt aber zu bedenken: „Jedes Abfallgebinde muss geordnet und wiederauffindbar eingelagert werden. Wir plädieren also nicht für Rückholbarkeit im Sinne von Offenhalten, sondern wollen das Lager nach Ende der Betriebszeit dicht verschließen. Wenn man dann zum Beispiel nach 300 Jahren feststellen würde, dass unsere Sicherheitsanalysen falsch waren, könnten unsere Nachfahren in der Nähe des verschlossenen Endlagers ein neues Bergwerk einrichten und die Behälter noch geordnet bergen.“ Aber was passiert in einem fest verschlos- senen Endlager, wenn es eben doch zum „Worst Case“ kommt und Transurane etwa mit Wasser und Mineralien in Berührung kommen? Könnten sie Verbindungen eingehen, die wasserlöslich sind, oder könnten sie in Form von winzigen Nanopar- tikeln, als sogenannte Kolloide, mit dem Wasser transportiert werden? Wie wirken sich Salzgehalt und Säuregrad aus? Und welche Rolle spielen

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