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Helmholtz-Perspektiven 03

23Forschung Helmholtz Perspektiven November – Dezember 2013 Herr Leutz, Sie untersuchen zelluläre Prozesse, die bei Leukämie eine Rolle spielen. Gegen die Krankheit gibt es doch schon Medikamente, warum also noch weiter forschen? Weil bisherige Medikamente vor allem die Krank- heitssymptome bekämpfen, aber nicht die wirkliche Ursache. Wir haben nun herausgefunden, warum sich Blutkrebs trotz laufender Behandlung ver- schlimmern kann. Dabei haben wir speziell die chro- nisch myeloische Leukämie, die CML, untersucht, die etwa jeden zehnten Fall von Blutkrebs ausmacht. Was genau passiert bei dieser Krankheit? Charakteristisch für die CML ist, dass sich die weißen Blutkörperchen unkontrolliert vermehren. Das liegt am veränderten Erbgut einer Blutstamm- zelle: Teile zweier Chromosomen verschmelzen zum so genannten Philadelphia-Chromosom. Dies ist Bestandteil eines Tumorgens – und dessen Produkt, ein spezielles Protein, ist wiederum für die verstärk- te Bildung von weißen Blutkörperchen verantwort- lich. Das Tumorprotein produziert Signale, die es in dieser Form eigentlich nicht geben sollte. Sie werden von der Zelle als Wachstumssignale inter- pretiert, blockieren aber auch die Zellreifung und die Wachstumskontrolle. Mit anderen Worten: Diese Zellen wachsen zu einem Tumor heran? Genau. Einige dieser Zusammenhänge sind bereits seit Ende der 1960er Jahre bekannt und in den 1980er Jahren wurden die molekularen Grundlagen dazu entdeckt. Seit 2002 ist auch ein Wirkstoff im Einsatz, das Imatinib, das das Tumorprotein hemmt und die Signalweiterleitung stoppt. Der erste überra- gende Erfolg der molekularen Therapien. Das klingt doch sehr gut, wo ist denn dann das Problem? Imatinib und ähnliche Hemmstoffe verhindern, dass sich die Tumorstammzellen vermehren – und damit auch, dass das leukämische Krankheitsbild voran- schreitet. Was sie aber nicht unterdrücken, ist die Aktivität der Zelle, die an der Leukämie Schuld hat. Die Patienten werden zwar die Symptome los, aber nicht die Krankheit. Das ist immerhin schon ein sehr großer Fortschritt, doch die Krankheit kann sich weiter entwickeln, wenn diese Tumorstammzelle weiter mutiert. Sie kann dann eine lebensbedrohli- che Blastenkrise auslösen. Was passiert bei so einer Blastenkrise? Das Blut wird mit unreifen weißen Blutzellen überschwemmt, den Blasten. Medikamente helfen hier meist nicht mehr. Die große Frage ist also: Wie kommt man an die Tumorstammzelle heran? Wie kann man bereits die fehlerhafte Stammzelle identi- fizieren und nicht erst ihr Produkt? Medikamente können die Symptome von Leukämie lindern, doch häufig verschlechtert sich die Krankheit trotzdem. Der Forscher Achim Leutz über fehlgesteuerte Mechanismen beim Blutkrebs „Wir wollen fehlerhafte Signale abschalten“

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