15Forschung Helmholtz Perspektiven November – Dezember 2013 Durchschaut Forscher entdecken übermalte Bilder beim Röntgen alter Gemälde. Bilder: DESY Kunsthistoriker waren sich aufgrund von vorherigen Untersuchungen schon lange sicher: Unter dem Portrait mit dem niederländischen Namen Grasgrond, das Vincent van Gogh vor etwa 150 Jahren geschaffen hat, muss sich ein zweites Bild verstecken, das der Meister übermalt hat. Aber was genau auf dem ursprünglichen Werk zu sehen ist, galt als ein großes Rätsel. Beim Entschlüsseln halfen Wissenschaftler vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg: Sie rekon- struieren schon seit längerem übermalte Gemälde mit spezieller Röntgen- und Analysetechnik in höchster Auflösung. Die Methode: In ringförmigen Teilchenbeschleuniger- Röhren sausen Elektronen nahezu mit Lichtgeschwin- digkeit wie in einem Karussell. Auf ihrem Weg verlieren sie Energie in Form von Licht, in dessen Spektrum auch Röntgenstrahlung enthalten ist. Das Röntgenlicht gelangt in eine Experimentierkammer und wird dort gebündelt. In der Kammer befestigen die Forscher das Gemälde in einer Apparatur, die das Bild während der Bestrahlung horizontal und vertikal bewegt. Dadurch kann der eintreffende Röntgenstrahl das Objekt zeilenweise Punkt für Punkt abtasten. Die Röntgen- strahlung bringt die Elemente in den Farbpigmenten zum Fluoreszieren – dadurch lässt sich die chemische Zusammensetzung der Oberfläche und der darunter- liegenden Schichten bestimmen. Die Forscher fanden so zum Beispiel Quecksilber und Antimon, das in den Pigmenten Zinnoberrot und Neapelgelb vorkommt, mit denen van Gogh gemalt hat. Unter van Goghs Grasgrond kam übrigens tatsächlich ein weiteres Bild zum Vorschein: Der Meister hatte auf der Leinwand zunächst ein Frauenportrait begonnen, bevor er es dann mit seiner blühenden Wiese über- malte. Sie haben auch eine Frage an die Wissenschaft? Schreiben Sie an perspektiven@helmholtz.de Franziska Roeder Diesmal: Was macht van Gogh im Teilchenbeschleuniger? Nachgefragt!