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Helmholtz-Perspektiven 0114

Helmholtz-Perspektiven Januar – Februar 2014 26 forschung „Horizon 2020“ heißt der Fahrplan, den die Europäische Kommission für die nächsten sieben Jahre aufgestellt hat. Zum ersten Mal hat das, was sonst schlicht Forschungsrahmenprogramm genannt wurde, einen klangvollen Namen. Den Horizont im Blick, gibt die EU bis 2020 insgesamt 70,2 Milliarden Euro für europaweite Forschung aus (nach sieben Jahren wird dieser Betrag wegen der Inflation auf fast 80 Milliarden gestiegen sein). Das Vorgängerprogramm war mit 54 Milliarden deutlich schlanker – allerdings muss „Horizon 2020“ auch weitere Programme mitfinanzieren. Am Ende bleibt trotzdem ein Plus. „Größtes Forschungsprogramm der Welt!“ jubelte im November die Präsidentin des Europäischen Forschungsrates ERC. Gute Nachrich- ten also für die Wissenschaftswelt? Eigentlich: ja. Immerhin sind die Mittel für den Euro- päischen Forschungsrat verdoppelt worden – er för- dert einzelne Wissenschaftler und setzt den Fokus auf Grundlagenforschung. Und immerhin wurden nun auch Formalia vereinfacht, aufwendige Audits teilweise abgeschafft, sollen Stipendien schneller vergeben werden. „Aber es ist schon eine gewisse Polarisierung in der Kommission zu merken“, sagt Uwe Möller vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Brüssel. „Die einen fordern Grundlagenforschung, die anderen wollen sich auf Innovation konzentrieren.“ In „Horizon 2020“ haben die Innovations-Befürworter an Einfluss gewonnen. Denn während der ERC sich noch über die Ver- dopplung seiner Mittel auf 13 Milliarden Euro freut, wurde für fast 18 Milliarden Euro ein komplett neuer Programmbereich namens „Industrielle Führungs- rolle“ geschaffen: Kooperationen mit Unternehmen sollen dadurch gefördert, anwendungsbezogene Forschung soll unterstützt werden. Und auch im fast 32 Milliarden Euro schweren Programmbereich „Gesellschaftliche Herausforderungen“ werden konkrete Lösungen gesucht, etwa für drängende Probleme wie Luftverschmutzung, Umgang mit natürlichen Ressourcen oder Müllvermeidung. „Die Kommission scheint sich den IT-Bereich zum Vorbild zu nehmen, wo von der Idee bis zum Projekt gerade mal zwei Jahre vergehen“, sagt Uwe Möller. „Bei uns sind aber eher zehnjährige Entwicklungen die Regel.“ Einen Grund zur Beschwerde hat das DLR eigentlich nicht: Auch für Luft- und Raumfahrt gibt es unter „Horizon 2020“ deutlich mehr Mittel. Mehr prestigeträchtige Großprojekte also, mehr Zugang zu europaweiten Kooperationen, zu Knowhow und möglichen Kunden. „Das ist für uns fast wichtiger als das Geld“, sagt Möller. Die EU-Förderung mache gerade einmal zwei Prozent des DLR-Budgets aus. Einzelkämpfer ohne Kontakte werden es in Zukunft schwerer haben Verlierer dieses Fokus auf Innovation werden wohl die Sozialwissenschaften sein. Hochschulen wie die Universität Freiburg ahnen, was auf sie zukommt: „In den neuen Anträgen müssen von vornherein die Anwendbarkeit und der gesellschaftliche Nutzen verdeutlicht werden“, sagt Klaus Düformantel von der EU-Beratungsstelle der Freiburger Universität. „Grundlagenorientierte und sozialwissenschaftliche Forschung hat es da naturgemäß schwerer.“ Dabei könne er in gewisser Weise sogar verstehen, dass Ergebnisse nun sichtbarer werden sollen. „Es wurde in der Vergangenheit bemängelt, dass zu viele Projektergebnisse in Schubladen landeten“, sagt er. Und auch, dass aktuelle Umwelt- und Klimaproble- me angegangen werden, könne ja niemand schlecht finden. Er hofft, dass sozialwissenschaftliche Projekte dennoch Chancen bleiben. EU-Förderung mache bisher etwa 20 Prozent der Drittmittel in Freiburg aus, sagt Düformantel. „Darauf können wir nicht verzichten.“ Mehr als die Hälfte seiner Drittmittel kommt aus Brüssel: Klimaforscher Markus Rex. Bild: AWI

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