Helmholtz-Perspektiven Januar – Februar 2014 16 forschung Gemeinsam stark Die Neurowissenschaftler Eva-Maria und Eckhard Mandelkow. Bild: V. Lannert Die Ehepartner Eva-Maria und Eckhard Mandel- kow erforschen seit über 20 Jahren gemeinsam die Grundlagen von Nervenerkrankungen, die mit dem Protein Tau und den Mikrotubuli zusammenhängen. Sie leiten eine Arbeitsgruppe am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), einem Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, und am Forschungs- zentrum caesar, einem Max-Planck-Institut. Hans Zempel hat verschiedene Faktoren untersucht, die Mikrotubuli kaputt machen können, darunter auch Spastin. Er hat es versuchsweise einfach ausgeschaltet. Und was ist dann passiert? EMM: Nichts. Ohne Spastin blieben die Mikrotubuli erhalten, auch wenn Aß auf die Zellen gegeben wurde. Damit haben wir einen bisher unbekannten Zusammenhang zwischen Tau und Aß gefunden: Das Aß führt dazu, dass die Mikrotubuli nicht mehr stabil sind. Die ungeschützten Mikrotubuli werden dann von Spastin zerschnitten. Kann man denn etwas gegen diese Selbst- zerstörung tun? EMM: Eine Idee für eine Therapie wäre es, in die Regulation von Spastin einzugreifen, um so die Mikrotubuli besser zu stabilisieren. Man muss aber genau aufpassen, wo im Körper man das tut. Es gibt inzwischen verschiedene Ansätze für mögliche Alzheimer-Therapien, die weltweit und auch bei uns am DZNE verfolgt werden. Beispiele sind Impfungen gegen Aß oder Tau, um die schädlichen Klumpen zu neutralisieren. Wir konzentrieren uns auf Wirkstof- fe, die die Verklumpung von Tau hemmen können. Dazu haben wir 200.000 Substanzen überprüft und einige gefunden, die im Prinzip funktionieren. Aber leider gelangen viele Substanzen wegen der Blut-Hirn-Schranke nicht ins Gehirn, wo sich ja die Tau-Klumpen ansammeln. Hier gibt es noch einiges zu tun, um diese Hürde zu überwinden. EM: Andere Ansätze haben das Ziel, die Proteinklum- pen mit Antikörpern wegzufangen oder in die Regu- lation der Mikrotubuli einzugreifen. Wieder andere nutzen körpereigene Botenstoffe als Grundlage. Glauben Sie daran, dass irgendwann DAS Alzheimer-Medikament gefunden wird? EMM: In dem Punkt sind wir unterschiedlicher Meinung. Ich bin sehr optimistisch, mein Mann ist vorsichtiger. EM: Das große Problem bei Alzheimer ist, dass die Krankheit schon sehr weit fortgeschritten ist, wenn sie sich bemerkbar macht. Es gibt zwar schon Medi- kamente, die Alzheimer aufhalten können … EMM: Für ein bis zwei Jahre. EM: Richtig, die verlangsamen die Krankheit eben nur. In Tiermodellen ist es schon gelungen, Alzhei- mer zu heilen. Dies muss jetzt auf den Menschen umgemünzt werden, und das ist nicht einfach. Man darf sich nicht davon entmutigen lassen, dass die Entwicklung so lange dauert. Zum Beispiel wurde die Möglichkeit der Impfung erst vor gut 15 Jahren entdeckt, heute finden Großversuche in dieser Richtung statt. Zurzeit wird eine ganze Reihe von Verfahren gegen Alzheimer getestet, unter anderem die Bekämpfung von Entzündungen im Gehirn. Eine wichtige Entwicklung ist auch, dass man heute Ansammlungen von Tau oder Aß durch Abbildungen des Gehirns entdecken kann. Die Kombination von Früherkennung und Austesten neuer Verfahren wird sicher zu Erfolgen führen, aber nicht über Nacht. Interview: Andreas Fischer