das Thema ist“, hat er beobachtet: Gehe es um eine Schlüsseltechnologie wie etwa die Synthetische Biologie, die im jetzigen Stadium eher abstrakt ist, fühlen sich die Menschen in ihren Interessen nicht betroffen. Anders ist es, wenn die Technolo- gien schon reif für die Nutzung sind, wie etwa bei Stromtrassen oder Windkraftanlagen. „Wenn wir als Gesellschaft Vorteile einer Technologie wahrnehmen wollen, dann – und nur dann – müssen wir auch die Begleiterscheinungen akzeptieren. Wo die Akzeptanzgrenze verläuft, das ist meist verbunden mit einer persönlichen Risiko- Nutzen-Abwägung. Wir sträuben uns beispielsweise wegen der Strahlung gegen Funkmasten, nutzen aber fast uneingeschränkt Handys, weil ihr Mehr- wert einfach zu groß ist“, sagt Armin Grunwald. Es ist vielmehr der Mensch selbst, der all diese Prozesse anstößt und vorantreibt, als dass er als ‚stören- der‘ Faktor bei der Umsetzung einer Technologie erscheint Künstlich herstellen lasse sich Akzeptanz nicht, das ist seine Beobachtung. Sie stelle sich ein, wenn der Staat oder ein Unternehmen Vertrauen genieße. „Man könnte Akzeptanz auch als ‚tole- rierte Intransparenz‘ bezeichnen“, schlussfolgert Grunwald: Die Bürger können nicht alle Details einer Technik kennen – aber das ist in Ordnung, solange sie den Eindruck haben, dass bei einem Projekt alles richtig und gerecht zugeht. Sozialwissenschaftler können mit empiri- schen Methoden herausfinden, welche Faktoren die Akzeptanz hemmen oder fördern, aus denen sich regelrechte Checklisten für Innovations- prozesse entwickeln lassen: Werden Probleme offen adressiert und Nachfragen ernst genommen? Besteht Kontakt zu allen Betroffenen? Dass eine ‚soziotechnische Transformation‘, wie Armin Grunwald die Energiewende nennt, auch Verhaltensänderungen erfordere, verstehe sich von selbst. Er verweist auf das Beispiel der Elektroautos: Allein schon wegen der Reichweite können sie nicht einfach herkömmliche Fahrzeuge ersetzen. Auch das Tanken dauert derzeit noch Stunden statt Minuten. Der Mensch muss also seine Gewohnheiten anpassen. Im Laufe der Zeit ändern sich Mensch- Technik-Verhältnisse, wie dieses Beispiel zeigt. „Wenn es um die Frage geht, wie heute entwickelte Technik in ferner Zukunft angenommen wird, dann können wir nur verschiedene Zukunfts- szenarien entwickeln“, sagt Armin Grunwald. Es gebe keine Gesetzmäßigkeiten. Prognosen seien allein deshalb nicht möglich, weil sich Werte- haltungen stark änderten. Grunwald verweist auf die 1980er Jahre: „Was damals nur von soge- nannten ‚Ökospinnern‘ vertreten wurde, ist heute Mainstream“ – so wie die Anti-Kernkraft- Bewegung, die heute in die Mitte der Gesellschaft gerückt ist. Was bedeuten solche unklaren Perspektiven für die heute geplante Technik? „Auf einen starren Zukunftsentwurf hinzuarbeiten, würde dem Stre- ben nach einer Utopie gleichen – mit der Gefahr, dass man alle Mittel heiligt, die dahin führen“, sagt Grunwald. Wichtiger sei stattdessen die Klärung, wie Entscheidungswege und wissen- schaftliche Politikberatung organisiert werden, welche Rechte gewährleistet und welche ethischen Fragen berücksichtigt werden sollen. „Wir sollten sowohl in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft immer bedenken, dass der Mensch nicht erst als ein – im schlimmsten Fall störender – Faktor bei der Umsetzung einer Technologie erscheint. Es ist vielmehr der Mensch selbst, der all diese Prozesse anstößt und vorantreibt.“ So ist es bei der Energiewende, der Frage nach den Glühlampen – und auch bei den selbst- lenkenden Fahrzeugen. Kristine August Helmholtz Perspektiven Juli – August 2016 „IN DER BÜRGERBETEILIGUNG IST ES EIN PROBLEM, WENN ICH DIE MENSCHEN ZUM DIALOG BITTE UND DIE ERGEBNISSE NICHT WEITER NUTZE“