10 Titelthema Spiegelfeld Das MAGIC-Teleskop auf La Palma besteht aus einer Spiegeloberfläche, die 239 Quadratmeter groß ist. Bild: Pablo Bonet/IAC Helmholtz Perspektiven September – Oktober 2016 Bei noch kürzeren Wellenlängen im Gammabereich lässt sich beobachten, wie Sterne das Universum mit Materie anreichern. Sehr große Sterne produ- zieren am Ende ihres Lebens schwere Elemente, die auch radioaktiv sein können. Bei ihrem Zerfall wird charakteristische Gammastrahlung frei. Auch Strahlung, die bei der gegenseitigen Vernichtung von Materie und Antimaterie frei wird, ließ sich beobachten. Gammastrahlen als neuer Hoffnungsträger In den vergangenen zehn Jahren haben Astro- nomen gänzlich neue Beobachtungsmöglichkeiten geschaffen – mit teils spektakulären Ergebnissen. So hatten Forscher schon seit Anfang der 1980er Jahre Hinweise auf Himmelskörper, die Gamma- strahlung mit Energien aussenden, welche die des Lichts um das Billiardenfache übertreffen. Wenn die Gammastrahlung in die Atmosphäre gelangt, stößt sie dort mit Atomen zusammen, so dass diese zerspringen. Die atomaren Trümmer rasen weiter in Richtung Erdboden, treffen dabei auf weitere Atome, die ebenfalls platzen. Es entsteht eine Teilchenlawine in der Hochatmosphäre, die einen schwachen, nur wenige Milliardstel Sekunden dauernden Lichtblitz erzeugt. Diese sogenannte Tscherenkow-Strahlung lässt sich mit großen Teleskopen am Boden beobachten. Die Hochenergie-Gammaastronomie verwendet also die Atmosphäre wie einen riesigen Leuchtschirm. Was die Forscher mit H.E.S.S. und MAGIC beobachten, nennen sie die „stärksten Teilchenbeschleuniger im Universum“ Die derzeit größten Observatorien für diese Forschung sind H.E.S.S. (High Energy Stereoscopic System) in Namibia und MAGIC (Major Atmos- pheric Gamma-Ray Imaging Cherenkov Telescopes) auf La Palma. Die beiden Anlagen entstanden unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg beziehungsweise des Max-Planck-Instituts für Physik in München. An beiden Observatorien sind Physiker des Deutschen Elektronen-Synchrotons (DESY) aus Zeuthen be- teiligt, einem Forschungszentrum der Helmholtz- Gemeinschaft. Was die Forscher mit H.E.S.S. und MAGIC beobachten, nennen sie die „stärksten Teilchen- beschleuniger im Universum“. Die erzeugen auf unterschiedliche Art starke Magnetfelder, in denen elektrisch geladene Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit gebracht werden. Wenn sie mit anderen Teilchen kollidieren, entsteht Gamma- strahlung. Diese wird nicht von Magnetfeldern beeinflusst und breitet sich ungehindert im All aus. Jüngst gelang es der H.E.S.S.-Kollaboration erstmals, energiereiche Gammastrahlung aus dem Zentrum der Milchstraße nachzuweisen. Dort befindet sich ein gewaltiges Schwarzes Loch. Die Strahlung entsteht nach heutigen Modellen dadurch, dass Protonen in der Umgebung des Schwarzen Lochs auf Energien beschleunigt werden, die mehrere hundert Mal höher sind als in dem größten irdischen Teilchenbeschleuniger, dem Large Hadron Collider (LHC) in Genf. Wenn die Protonen zufällig mit einem Atom zusammen- stoßen, wird die beobachtete Gammastrahlung frei. Zusammen mit Beobachtungen vor allem im Infrarot- und Radiobereich fließen diese Ergebnisse in ein physikalisches Modell von den Vorgängen im Zentrum der Milchstraße ein, das in sich wider- spruchsfrei ist. Das geplante Cherenkov Telescope Array (CTA) soll eine Nachfolgeanlage von H.E.S.S. und MAGIC werden – und an deren Erfolge anknüpfen. Kürzlich wurde beschlossen, das Zentrum für die Datenaufbereitung und den Sitz des wissenschaft- lichen Direktors des CTA am Forschungszentrum Sie wollen die Dimensionen des Weltalls besser verstehen? Hier erklären wir sie in einem Video: www.helmholtz.de/ videoastrophysik