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Martin, was ist Dir als erstes durch den Kopf gegangen, als man Dich fragte, ob Du Dir vorstellen kannst, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft zu werden? |
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Um ehrlich zu sein, kam die Frage völlig unerwartet für mich und ich war auch gar nicht auf einen Wechsel aus. Vor einigen Monaten erhielt ich aus heiterem Himmel einen Anruf von der Findungskommission. Ich dachte zuerst, es geht um meine Tätigkeit im Scientific Advisory Council am Forschungszentrum Jülich. Aber die Person am Telefon sagte mir, dass ich der Spitzenkandidat für die Position des nächsten Helmholtz-Präsidenten sei. Ich war erst einmal sprachlos und auch heute noch muss ich manchmal innehalten und durchatmen. Diese Position angeboten zu bekommen, ist eine große Ehre und gleichzeitig eine enorme Herausforderung.
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Du lebst mit deiner Familie seit fast 30 Jahren in den USA. Was hat dich überzeugt, auf dieses Angebot einzugehen? |
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In meinem Leben wollte ich immer dort sein, wo ich einen Unterschied und die Welt zu einem besseren Ort machen kann. Das National Renewable Energy Laboratory (NREL) in den USA ist ein fantastischer Ort dafür. Aber Helmholtz ist jetzt eine einmalige Chance. 46.000 Menschen, die Spitzenforschung zu den großen globalen Herausforderungen leisten: Das ist in etwa so, als würde man als deutscher Fußballtrainer in den USA gefragt werden, Cheftrainer der deutschen Nationalmannschaft für die nächste Weltmeisterschaft zu werden.
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Du hast gerade schon erwähnt, dass Du mit Jülich eines der Helmholtz-Zentren schon sehr gut kennst. Wie hast Du bislang Helmholtz insgesamt von außen wahrgenommen? |
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Die Helmholtz-Gemeinschaft ist für mich ein herausragendes Beispiel dafür, wie Forschung zum Wohle der Gesellschaft gestaltet werden kann. Mit ihrem Fokus auf zentrale Zukunftsthemen wie Klimawandel, Energie oder Gesundheit verbindet sie exzellente Grundlagenforschung mit praktischen Lösungen. Was mich besonders beeindruckt, ist der konsequent interdisziplinäre Ansatz. Allein in Jülich kommen ja vier Forschungsbereiche zusammen, um an den besten Lösungen zu arbeiten. In Kombination mit den herausragenden Infrastrukturen machen die vielen Talente, die an den Zentren arbeiten, Helmholtz zu einem globalen Vorreiter.
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Was sind Deiner Meinung nach die größten Herausforderungen, die in den kommenden Jahren auf die Wissenschaft zukommen? |
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In den kommenden Jahren stehen wir vor etlichen gesellschaftlichen Herausforderungen, für die wir in der Wissenschaft Antworten finden müssen. Klimawandel und Energiewende erfordern ganz konkrete Ansätze, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Die Corona-Pandemie hat uns noch einmal die Bedeutung einer starken und interdisziplinären Gesundheitsforschung vor Augen geführt. Die neuen Möglichkeiten im Bereich der Datenwissenschaften und Künstlichen Intelligenz zum Beispiel sollten wir dabei als Chance sehen, um diesen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. Zudem ändern sich die Rahmenbedingen für Forschung kontinuierlich und wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir die hohe Akzeptanz für unsere Arbeit beibehalten und in einem idealen Umfeld, die besten Talente aus der ganzen Welt zu uns holen.
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Werden wir Dich vor dem Amtsantritt nächstes Jahr schon gelegentlich in Deutschland sehen? |
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Auch wenn ich bis zum letzten Tag am NREL noch viel bewegen möchte, versuche ich in den kommenden Monaten zumindest ab und zu in Deutschland zu sein. Die anstehende Begutachtung ist eine ideale Gelegenheit, Helmholtz noch besser kennenzulernen. Natürlich habe ich mir auch die Feier zum 30-jährigen Jubiläum der Gemeinschaft fest eingeplant. Vielleicht verbinden meine Frau Sibylle und ich das schon mit der Wohnungssuche in Berlin, für die man sich ja ausreichend Zeit einplanen sollte, wie ich hörte.
Das Gespräch führte Sebastian Grote.
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