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Israel zählt zu unseren wichtigsten Partnerländern, doch das Land steckt in einer Krise, von der auch die Wissenschaft betroffen ist. Helmholtz-Präsident Otmar Wiestler hat sich in Tel Aviv, Jerusalem und Rehovot mit Partnerorganisationen ausgetauscht. Auf der Reise wurde deutlich, wie sehr die Wissenschaft in Israel unter Druck gerät. In nahezu jedem Gespräch ging es früher oder später auch um internationale Boykott-Aufrufe gegen israelische Wissenschaftler:innen. Es ist gut, dass sich die deutschen Wissenschaftsorganisationen solchen Forderungen entschieden entgegengestellt haben. Wissenschaft ist eine Säule der demokratischen Gesellschaft und nur in einem offenen Dialog über Ländergrenzen hinweg finden wir Lösungen für die globalen Herausforderungen unserer Zeit. Lesen Sie außerdem über einen sensationellen Fund, an dem das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung beteiligt war: Manganknollen in der Tiefsee sollen Sauerstoff produzieren. Und: Neurowissenscahftler:innen legen ein Positionspapier mit Eckpunkten für die künftige digitale Neurowissenschaft vor. Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre! |
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Die Helmholtz Foundation Model Initiative schreibt eine zweite Runde von Projekten aus. Bewerben können sich Wissenschaftler:innen der Helmholtz-Zentren. Deadline ist der 16. September 2024. Zur Ausschreibung |
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Eine Entdeckung in den dunklen Tiefen des Pazifischen Ozeans lässt Zweifel am wissenschaftlichen Konsens über die Sauerstoffproduktion auf unserem Planeten aufkommen – und an den Theorien über die Entstehung des Lebens auf der Erde. In einer in der Fachzeitschrift Nature Geoscience jetzt veröffentlichten Studie zeigt ein Team von Autor:innen unter der Leitung der Scottish Association for Marine Science (SAMS), dass Sauerstoff in völliger Dunkelheit am Meeresboden in 4.000 Metern Tiefe entsteht. Sie stellen die Hypothese auf, dass die Elektrolyse des Meerwassers zu dieser „dunklen Sauerstoffproduktion“ beitragen könnte. Das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel half mit seiner Expertise über spezielle Sensoren bei der Untersuchung des Phänomens, das in überraschendem Gegensatz zu der Tatsache steht, dass Sauerstoff normalerweise von Photosynthese treibenden Organismen mithilfe der Energie des Sonnenlichts produziert wird. Die Entdeckung wurde bei Beprobungen des Meeresbodens in der Clarion-Clipperton-Zone gemacht, mit deren Hilfe mögliche Auswirkungen des Tiefseebergbaus bewertet werden. Dabei werden polymetallische Knollen gewonnen, die Metalle wie Mangan, Nickel und Kobalt enthalten und dazu beitragen könnten, den wachsenden Bedarf an Lithium-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge und Mobiltelefone zu decken. Die Forschenden fanden heraus, dass die Knollen eine sehr hohe elektrische Ladung aufweisen, was zur Aufspaltung von Meerwasser in Wasserstoff und Sauerstoff per „Meerwasserelektrolyse“ führen könnte. Für die Meerwasserelektrolyse ist nur eine Spannung von 1,5 Volt erforderlich – was der Spannung einer typische AA-Batterie entspricht. Das Team analysierte mehrere Knollen und verzeichnete auf der Oberfläche einiger Knollen Messwerte von bis zu 0,95 Volt, was bedeutet, dass erhebliche Spannungen auftreten können, wenn die Knollen zusammengeballt sind. Da bei allen Studien, die jemals in der Tiefsee durchgeführt wurden, nur Sauerstoff verbraucht und nicht produziert wurde, vermuteten die Forschenden zunächst, dass ihre Sensoren defekt seien. Doch trotz Neukalibrierungen tauchten die überraschenden Sauerstoffwerte immer wieder auf – und so wurde ein Ansatz zur Kontrolle gesucht. In diesem Zusammenhang stellte Tobias Hahn als Doktorand am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel seine Expertise zu einem speziellen Typ von Sauerstoff-Optoden-Sensoren zur Verfügung. Um methodische Unsicherheiten zu vermeiden und Möglichkeiten eines inkorrekten Sensorverhaltens zu erforschen, führte Hahn Kalibrierungen durch, prozessierte Daten und wertete sie aus. „Durch unseren Austausch haben wir eine Datenqualität sichergestellt, die über die typischen Messunsicherheiten hinausgeht und das individuelle Drift- und Druckverhalten der Sensoren mit einbezieht“, so der chemische Ozeanograph. „Ich war erstaunt über die Ergebnisse und gleichzeitig erleichtert, die Qualität und Validität der Daten der Sauerstoffsensoren, die während der ersten Feldkampagnen gewonnen wurden, erneut zu bestätigen. Gleichzeitig konnte ich weitere Ratschläge für den Umgang mit diesem Sensor bei künftigen Einsätzen geben.“ Expeditionsleiter Andrew Sweetman urteilt, dass weitere Untersuchungen zur Produktion von „dunklem Sauerstoff“ während der Grundlagenuntersuchungen zur Mineraliengewinnung in der Tiefsee erforderlich sind – ebenso wie eine Bewertung der Frage, wie die Erstickung von Sedimenten während des Abbaus den Prozess verändern kann. „Durch diese Entdeckung haben wir viele unbeantwortete Fragen aufgeworfen. Ich finde, wir müssen uns viele Gedanken darüber machen, wie wir diese Knollen abbauen, die eigentlich Batterien im Gestein sind.“ (Bild: GEOMAR)
Virale Artenvielfalt im Abwasser BESSY II zeigt, wie sich Feststoffbatterien zersetzen Die Geburtsstunde des Antarktischen Eisschilds |
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Ich habe das große Glück und Privileg, einen rundum spannenden Job zu haben. Das Eine, das Spannendste, gibt es dabei für mich gar nicht, es sind vielmehr ganz viele spannende Inhalte, Bereiche, Expeditionen und vor allem die Menschen, mit denen ich zu tun habe. Ich trage einen kleinen Teil dazu bei, Forschung an ziemlich extremen Orten möglich zu machen. Die Forschung in so entlegenen und unwirtlichen Gebieten, zu Land, zu Wasser, im Eis und in der Luft ist dabei nicht nur durch ihre aufwendig erarbeiteten, sondern vor allem auch so relevanten Inhalte spannend. Zudem stellt sie uns vor alle möglichen Herausforderungen: die Logistik und Technik solcher Expeditionen sowie die medizinische Versorgung in so einem Umfeld. Und wenn man dann noch selbst mit vor Ort sein, die unglaubliche und einzigartige Schönheit dieser Welt sehen und erleben kann, dann ist das natürlich beglückend. Die Vorbereitung gerade der Überwinterungsteams für die Antarktis bringt mich immer wieder in Kontakt mit einer ganz heterogenen Gruppe von Menschen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen und Bereichen. Sie alle sprühen vor Begeisterung, sind fähig und motiviert, wollen das richtig und haben ein gemeinsames Ziel. Durch Zufall überwintert niemand.
Ich würde gerne mehr Wissenschaftler:innen eine Überwinterung in der Antarktis ermöglichen. Es gibt so vieles zu erforschen. Auch in den Sozial- und Geisteswissenschaften. Ich fände es darüber hinaus spannend, diese Plattform auch anderen zu öffnen, zum Beispiel Künstler:innen oder Schriftsteller:innen. Ich liebe an der Antarktis nicht nur die Natur, die Tierwelt und die ganze schiere Schönheit, sie ist auch ein Ort, an dem ich ganz viel dessen erlebt habe, was in meinen Augen erstrebenswert und wichtig im Leben ist, wie Toleranz, Gemeinschaft, Respekt, Hilfsbereitschaft, Offenheit und Begeisterung. Stellen Sie sich vor, wir könnten diese Werte und Erfahrungen schon früh vermitteln und zum Beispiel eine internationale Schulklasse überwintern lassen.
Ich würde gerne Kurt Gödel, M. C. Escher und Johann Sebastian Bach dabei zuhören, wie sie über endlos geflochtene Bänder sprechen, während mir der Physiker Douglas Richard Hofstadter parallel erklärt, worum es eigentlich geht. Vielleicht könnte mich Gerlinde Kaltenbrunner dabei unterstützen, als Vorbild für das Erreichen extremer Ziele. Und wenn das dann auch nicht mehr helfen sollte, würde ich mich gerne mit Tedros Teclebrhan über egal was unterhalten – Kaltenbrunner, Escher, Hofstadter und Bach hätten sicher auch viel Freude daran. |
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Supercomputing und eine groß angelegte, multidisziplinäre Zusammenarbeit schaffen völlig neue Möglichkeiten für die Hirnforschung. Das europäische Human Brain Project (HBP) hat diese neuen Formen der Zusammenarbeit ermöglicht. Es ist eine digitale Plattform – die Forschungsinfrastruktur EBRAINS – entstanden, auf der Wissenschaftler:innen in aller Welt Daten, Analysewerkzeuge und den Zugang zu Hochleistungsrechnern finden. Für die Hirnforschung, Medizin und Technologieentwicklung ergeben sich daraus nie da gewesene Chancen. In unserem aktuellen Positionspapier haben über 100 Autor:innen eine gemeinsame „Roadmap“ für die digitalen Neurowissenschaften in den kommenden zehn Jahren skizziert. Sie listet insgesamt acht Forschungsschwerpunkte auf. Dazu zählen hochaufgelöste anatomische Modelle wie das Jülicher BigBrain und detaillierte Kartierungen wie der Julich-Brain-Atlas. Weitere Schwerpunkte betreffen Anwendungen in der Medizin und der künstlichen Intelligenz (KI). Zudem weist das Papier der neurowissenschaftlichen Forschung den Weg in weitere medizinische Anwendungen. Hierbei wird der „digitale Zwilling“ eine wesentliche Rolle spielen: computergestützte, mathematische Hirnmodelle, die kontinuierlich mit realen Messdaten abgeglichen werden. Solche personalisierten Modelle werden Diagnostik und Therapie von Erkrankungen des Gehirns zunehmend verbessern, zum Beispiel durch eine präzisere operative Behandlung bei Epilepsie. Entscheidend aber ist es in der weiteren Forschung, das Problem der fehlenden Harmonisierung und des Austauschs der vielfach fragmentierten klinischen Daten zu lösen. EBRAINS entwickelt hier gemeinsam mit seinem Partner, der European Academy of Neurology, ein Verfahren, das die Harmonisierung, den Austausch und die gemeinsame Nutzung von Gesundheitsdaten ermöglichen soll. Enormes Potenzial liegt auch in neuen KI-basierten Methoden. Insbesondere KI-Basismodelle (Foundation Models) verändern die Forschung in einer Weise, die es erlaubt, völlig neue Fragen zu adressieren. EBRAINS kann dabei eine wichtige Rolle spielen und europäischen Basismodellen des Gehirns bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen den Weg ebnen. Es bietet eine gut ausgebaute Dateninfrastruktur mit zunehmend großen Trainingsdatensätzen in hoher Qualität. Dabei profitieren nicht nur die Neurowissenschaften. Erkenntnisse über das Gehirn werden auch auf KI zurückübertragen. Im HBP nach dem Vorbild des Gehirns entwickelte KI-Algorithmen bewiesen bereits bemerkenswerte Vorteile: Sie zeigten eine hohe Energieeffizienz, Flexibilität und Plastizität sowie die Fähigkeit, aus spärlichen Daten zu lernen. Wichtig ist dabei auch der Zugang zu den enormen Rechenkapazitäten des ersten europäischen Exascale-Computers JUPITER im Forschungszentrum Jülich. Es ist von großer Bedeutung, dass das Potenzial, das die neuen Exascale-Rechenkapazitäten für die Neurowissenschaften bieten, durch entsprechende Forschungsprogramme effektiv genutzt werden kann. So kann an der Schnittstelle zum Computing ein einzigartiger produktiver Kreislauf zwischen KI und Hirnforschung entstehen, der beide Felder weiter voranbringt. Bild: Prof. Katrin Amunts, Direktorin am Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin, des Cécile und Oskar Vogt-Instituts für Hirnforschung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) sowie Joint-CEO von EBRAINS. Foto: Forschungszentrum Jülich |
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Gesundheit: Im Interview steht Fabian Theis der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Rede und Antwort über seine Arbeit am Computational Health Center bei Helmholtz Munich. Theis will mit KI entschlüsseln, was in einzelnen Zellen vor sich geht und einen Zellatlas für den ganzen Körper aufbauen. „Wir wollen alle Zellen, alle Zelltypen in allen Organen beschreiben. Das wäre quasi eine Art Periodensystem für den Körper – so wie das echte Periodensystem eben alle Elemente enthält“, sagt Theis. Damit soll sich künftig viel besser vorhersagen lassen, wie sich eine Zelle entwickelt und welches Risiko für Diabetes oder Krebs besteht. FAZ Hochwasser: Die Süddeutsche Zeitung berichtet über das neue, von Helmholtz-Forschenden entwickelte Frühwarnsystem für Hochwasser. Viele Verantwortliche hatten im Vorfeld der Flutkatastrophe im Ahrtal Probleme, die Pegelstände und Regenmassen zu interpretieren und haben die Gefahr unterschätzt. Die Warnungen müssten verständlicher werden. Wie das gehen könnte, skizzierten Luis Samaniego vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ und Sergiy Vorogushyn vom Helmholtz-Zentrum Potsdam (GFZ) kürzlich mit Kolleg:innen im Fachmagazin Nature Communications. Süddeutsche Zeitung Munition in der Ostsee: In der Lübecker Bucht startete ein weltweit einzigartiger Versuch zur systematischen Bergung von Altmunition aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese Initiative wird von Jens Greinert, Professor für Meeresgeologie am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, geleitet. Die Untersuchung zeigt, dass chemische Bestandteile der Munition, wie Hexogen, in die Ostsee sickern und potenziell gesundheitsschädlich für Menschen und Tiere sind. Ab August soll die Bergung groß angelegt beginnen, finanziert durch ein Sofortprogramm des Bundesumweltministeriums mit 100 Millionen Euro. taz Minibeben: Ein Forschungsteam hat die Vibrationen bei den aktuellen Taylor-Swift-Auftritten in Hamburg gemessen. Die seismischen Signale werden mithilfe von Glasfaserkabeln im Boden gemessen. „Wave“ – so heißt das Netzwerk – besteht derzeit aus 19 Kilometern Fasern, an die ein Lasersystem angeschlossen ist, das kleinste Bewegungen registriert. Wave wurde vom Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY, der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg, dem Röntgenlaser European XFEL und dem Helmholtz-Zentrum Potsdam (GFZ) aufgebaut. Die Sensoren helfen den Wissenschaftler:innen während laufender Experimente, den natürlichen und vom Menschen (zum Beispiel durch Straßenverkehr oder Baustellen) verursachten Vibrationen entgegenzuwirken, die die Experimente in beiden Anlagen beeinträchtigen könnten. Spiegel |
Herausgegeben von: Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Anna-Louisa-Karsch-Str.2, 10178 Berlin Redaktion: Sebastian Grote, Franziska Roeder, Martin Trinkaus Bilder: Phil Dera (Editorial) Noch kein Abo? Hier geht's zur Registrierung Wenn Sie unseren Newsletter nicht mehr erhalten möchten, klicken Sie einfach hier: Newsletter abbestellen © Helmholtz
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