Helmholtz Monthly 08/24
 
 
 
Wie Scicomm-Support angefeindete Wissenschaftler:innen unterstützt
 
Wechsel an der Spitze des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung - UFZ
 
Kettenreaktion in Zeitlupe hebt Kontinente
 
Drei Fragen an den Materialforscher Claudio Pistidda
 
Standpunkt von Gabor Petzold zur Lecanemab-Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Agentur
 
 
 
 
Liebe Leserinnen und Leser,
 
 
 

Anfeindungen gegen Wissenschaftler:innen nehmen zu. Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) hat fast die Hälfte der Befragten schon einmal Belästigungen oder Ähnliches erlebt. Das Spektrum reicht von Hassrede über Drohungen bis hin zu Sachbeschädigungen. Seit gut einem Jahr gibt es eine Notfallnummer für Betroffene – die Nachfrage ist groß. Außerdem: Ein Standpunkt von Gabor Petzold, dem Direktor der Klinischen Forschung am DZNE zur Entscheidung der europäischen Arzneimittelagentur (EMA), den neuartigen Alzheimer-Antikörper Lecanemab nicht zuzulassen. Und: Warum Wasserstoffforscher Claudio Pistida mit Ursula von der Leyen zu Abend essen möchte.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!

 
 
Martin Trinkaus, Online Manager
 
 
 
 
Talk of the Month
 
 
 
Ein Jahr Scicomm-Support
 
  Seit gut einem Jahr unterstützt die Initiative Scicomm-Support Wissenschaftler:innen im Fall von Angriffen und unsachlichen Konflikten. Ziel ist es, den Rückzug von Forschenden aus dem öffentlichen Diskurs zu verhindern. Getragen wird die Initiative vom Bundesverband Hochschulkommunikation und Wissenschaft im Dialog. Nach dem ersten Jahr zeigt sich, der Bedarf ist da und er nimmt zu. Wie die Anlaufstelle konkret helfen kann und was Forschende, die sich in der Öffentlichkeit exponieren manchmal aushalten müssen, zeigt das Beispiel der Agrarsoziologin Janna Luisa Pieper, die im Januar anlässlich der Bauernproteste eine Fernsehinterview gab.
 
Mpox-Ausbruch erreicht Europa
 
  Der Ausbruch einer neuen Variante des Mpox-Virus beunruhigt derzeit die Gesundheitsbehörden. Die neue Variante breitet sich in Zentralafrika rasch aus. In Europa gibt es erste bestätigte Fälle. Die WHO hat die "weltweite Notlage" ausgerufen, die höchste Alarmstufe in ihrem Repertoire. Eine richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt, meint Fabian Leendertz vom Helmholtz-Institut für One Health in Greifswald, der den Ausbruch und die Reaktion der Behörden in einem Interview kommentiert. 
 
Überfischung der Meere unterschätzt
 
  Seit 1961 wächst die Menge an Meerestieren, die Menschen dem Meer entnehmen, um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr. Viele Bestände sind überfischt, einige bereits kollabiert. Eine Studie im Fachjournal Science zeigt nun, dass die Lage ernster ist als bisher gedacht. Rainer Froese vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Daniel Pauly von der University of British Columbia ordnen die Ergebnisse in einem Perspective Paper ein. Sie fordern genauere Modelle und eine weniger optimistische Bestandsbewertung. Eigentlich ist nachhaltige Fischerei ganz einfach“, sagt Rainer Froese: „Es darf immer nur weniger Fisch entnommen werden als nachwächst.“
 
 
 
 
 
 
 
 
Aus der Gemeinschaft
 
 
 
Wechsel an der Spitze des UFZ
 
  Zum 1. September übernimmt Katrin Böhning-Gaese die wissenschaftliche Geschäftsführung am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Die Biologin war 14 Jahre Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums sowie Professorin an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main. Ihre wissenschaftliche Expertise liegt vor allem in der Biodiversitäts- und Landnutzungsforschung. Böhning-Gaese engagiert sich seit vielen Jahren in unterschiedlichen Gremien und Kommissionen sowie in der Politikberatung, etwa als Vize-Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft, dem Rat für Nachhaltige Entwicklung oder der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
 
Neuer administrativer Vizepräsident am KIT
 
  Zum 1. September 2024 wechselt Stefan Schwartze ans Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Forschungsuniversität der Helmholtz-Gemeinschaft. Er tritt das Amt des Vizepräsidenten für das Ressort Finanzen, Personal und Infrastruktur an. Schwartze (58) kommt vom Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ). Dort bestimmte er mehr als ein Jahrzehnt lang die administrativen Geschicke.
 
Millionen-Förderung für Leukämie-Forschung
 
  Irmela Jeremias, Kinderärztin an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Forscherin bei Helmholtz Munich, erhält die hochdotierte Reinhart-Koselleck-Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die 1,25 Millionen Euro Fördergeld fließen in die Forschung zur Akuten Myeloischen Leukämie, einer häufigen Form von Blutkrebs, die immer noch sehr schwer zu behandeln ist. Jeremias und ihr Team wollen mit modernen molekulargenetischen Methoden neue Angriffspunkte für zielgerichtete Therapien finden.  
 
Kompetenznetzwerk "Helmholtz Klimagerecht Bauen"
 
  Helmholtz baut und betreibt zahlreiche große Forschungsanlagen und andere Gebäude. Das Wissen bezüglich Nachhaltigkeit der gesamten Gemeinschaft bei den etwa 200 parallel laufenden größeren Bauprojekten zum Tragen kommen zu lassen, ist das Ziel des Kompetenznetzwerks „Helmholtz Klimagerecht Bauen“. Ein Expertenteam organisiert den Wissensaustausch und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. Der Leiter Christian Langfeld erklärt im Interview, wie das Netzwerk funktioniert.
 
 
 
 
Ausschreibungen
 
 
 
 
Promotionspreis
 

Die Helmholtz-Gemeinschaft vergibt jedes Jahr Preise für die besten und originellsten Doktorarbeiten ihrer rund 8.000 Doktorandinnen und Doktoranden in jedem ihrer sechs Forschungsbereiche. Details zur aktuellen Ausschreibung finden Sie hier:

Zur Ausschreibung

 
 
 
Forschung
 
 
 
 
 
 
 
 
Kettenreaktion in Zeitlupe hebt Kontinente
 
 
 
 
Ein Forschungsteam unter Mitwirkung des GFZ Helmholtz-Zentrums Potsdam hat sich mit einer der rätselhaftesten Fragen der Plattentektonik beschäftigt: Warum heben sich die tektonisch äußerst stabilen Kerngebiete der Kontinente allmählich an und wie bilden sich einige der größten topografischen Merkmale unseres Planeten?
 

In der neuen Forschungsarbeit wurden die Auswirkungen tektonischer Kräfte auf die Landschaftsentwicklung der ‚Großen Randstufe‘ (Great Escarpment) im südlichen Afrika über Hunderte von Millionen Jahren untersucht. Die Forschenden haben herausgefunden, dass beim Auseinanderbrechen tektonischer Platten tief im Erdinneren starke wellen-artige Prozesse ausgelöst werden, die die Kontinentaloberfläche um mehr als einen Kilometer anheben können. Ihre Ergebnisse helfen zu erklären, warum Teile der Kontinente, die bisher als "stabil" galten, erhebliche Hebungen und dadurch ausgelöste Erosion erfahren und wie solche Prozesse Hunderte oder sogar Tausende von Kilometern ins Landesinnere wandern und weitläufige, als Plateaus bekannte Regionen wie die Zentrale Hochebene in Südafrika bilden können. Die Ergebnisse wurden nun im Wissenschaftsjournal Nature veröffentlicht.

Plateaus sind Teil der ältesten Strukturen der Kontinente, der sogenannten Kratone, die mehrere Milliarden Jahre alt sind. Diese alten Strukturen der Kontinente werden als tektonisch enorm stabil erachtet. Die vertikalen Bewegungen dieser kontinentalen Kerngebiete gehören nach wie vor zu den am wenigsten verstandenen Aspekten der Plattentektonik. Begrenzt werden viele der kratonischen Kontinentalfragmente von steilen Geländeformen. Eine solche immense und markante Geländeform ist die ‚Große Randstufe‘, die sich nahezu entlang der gesamten Küste im südlichen Afrika zieht und die dortigen Hochebenen − zum Teil in großer Entfernung − umgibt. Sie entstand vor mehr als 120 Millionen Jahren mit dem Zerbrechen des Urkontinents Gondwana. Bisher nahm man an, dass die Entstehung von Kratonen und Randstufen unabhängig voneinander abläuft, da sie in der Landschaft häufig räumlich weit voneinander getrennt zu finden sind – manchmal beträgt die Distanz zwischen ihnen sogar mehrere Tausend Kilometer.

In der jetzt neu erschienenen Studie hat das Wissenschaftsteam herausgefunden, dass Randstufen und Hochebenen überhaupt erst dadurch entstehen, dass Instabilitäten im Erdmantel kratonische Kiele abtragen und sich dadurch auch das Innere des Kratons hebt. Die Instabilitäten im Erdmantel entstehen zunächst mit dem Auseinanderbrechen der Kontinente − in diesem Fall entlang der Grabenbrüche. Von dort aus „wandern“ die Instabilitäten entlang der Plattenunterseite mit einer Rate von etwa 15-20 Kilometer pro einer Million Jahre in Richtung des stabilen Bereichs der Kontinente (Kratone) und tragen dabei allmählich die kratonischen Kiele ab.

Die Studie des Teams liefert eine neue Erklärung für die rätselhaften vertikalen Bewegungen von Kratonen weit entfernt von den Rändern der Kontinente. Die tiefen Stockwerke der Erdplatten können demnach sehr großen Einfluss auf die Entwicklung der Oberfläche haben. So konnten die Wissenschaftler:innen zeigen, dass ein einziger Prozess – das nacheinander stattfindende Ablösen von tiefen Schichten der Kontinentalplatten – sowohl die Existenz der ‚Großen Randstufe‘, die Hebung der Plateaus und die Erosion im Landesinneren ermöglicht als auch den Vulkanismus bedingt, durch den Diamanten an die Erdoberfläche gelangen. Diese Phänomene treten im Südlichen Afrika bis zu Tausend Kilometer voneinander entfernt auf und sind somit nicht einfach in Verbindung zu bringen. Laut der Studie sind Kratone dynamischer als bisher vermutet.

Zur Originalveröffentlichung

Zur Pressemeldung des GFZ

Das Bild zeigt den Drakensberg, Teil der "Großen Randstufe" im südlichen Afrika (Bild: Diriye Amey)

 
Außerdem:
 

Bergbau-Überwachung 4.0: näher dran aus der Ferne
Drei aktuelle Studien, die unter der Mitwirkung des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie durchgeführt wurden, zeigen bedeutende Fortschritte in der Überwachung von Bergbaugebieten. Gleichzeitig plädieren die Forschenden dafür, künstliche Intelligenz (KI) für die Erdbeobachtung hinsichtlich von Umwelt- und Katastrophenschutz ethisch geleitet zu nutzen. Zudem haben sie ein KI-gestütztes Modell entwickelt, in das die durch Fernerkundung gewonnenen Daten fließen. Dies könnte einen großen Schritt für die Erdbeobachtungs-Gemeinschaft bedeuten. Mehr lesen

Neuer Vektorimpfstoff gegen COVID-19 schützt auf Dauer
Etablierte Impfstoffe gegen COVID-19 haben bekanntlich den Nachteil, dass die anfangs gute Schutzwirkung relativ schnell nachlässt. Das macht wiederholte Booster-Impfungen erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist ein am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) entwickelter neuartiger Vektorimpfstoff interessant, der im Tiermodell eine anhaltende Immunantwort über deutlich längere Zeiträume zeigt. Ein weiteres Plus: Das Vehikel – der Vektor – mit dem die Information für das Spikeprotein des Coronavirus im Impfstoff transportiert wird, ist ein tierisches Zytomegalievirus, das dem Menschen nicht gefährlich werden kann. Mehr lesen

 
 
 
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Claudio Pistidda ist Abteilungsleiter für Materialentwicklung im Institut für Wasserstofftechnologien am Hereon. Gemeinsam mit seinem Team entwickelt er sichere, nachhaltige und hocheffiziente Wasserstoffspeicher. Bild: Hereon/ Steffen Niemann

 
 
Was ist das Spannendste an Ihrem Job?
 

Das Spannendste an meiner Arbeit ist die Sinnhaftigkeit. In einer sich rasch wandelnden Welt brauchen wir neue Lösungen für die Speicherung und den Transport erneuerbarer Energien, damit auch künftige Generationen ihren Bedarf so decken können, wie wir es heute tun. In unseren Labors stellen wir uns jeden Tag neuen, spannenden Herausforderungen, um die Grenzen unseres Wissens ständig zu erweitern. Auch die tägliche Arbeit mit Studierenden in der Anfangsphase ihrer Karriere ist sehr spannend. Sie gibt mir die Möglichkeit, die nächste Generation von Wissenschaftler:innen zu fördern. Es ist wirklich lohnend ihre Entwicklung zu beobachten und zu begleiten.

 
Wenn Geld und Zeit keine Rolle spielen würden: Was wäre Ihr nächstes Projekt?
 

Ich würde mich verstärkt der Wissenschaftskommunikation widmen, denn echter Fortschritt kann nur erreicht werden, wenn die große Mehrheit der Gesellschaft in unsere Arbeit einbezogen wird. Ich halte die Wissenschaftskommunikation für einen äußerst wichtigen Aspekt der Wissenschaft. Ein breiteres Publikum muss die Ergebnisse der Forschung verstehen, damit die Gesellschaft neue Technologien annimmt, sich als Teil des Wandels fühlt und ihn nicht fürchtet.

 
Mit wem würden Sie gerne mal zu Abend essen und worüber würden Sie dann sprechen?
 

Wie schon gesagt, wir leben in einer Welt, die sich schnell verändert, und das gilt auch für Europa. In diesem Szenario kann es sich Europa nicht leisten, seinen Wettbewerbsvorteil in Wissenschaft und Technologie zu verlieren. Wir haben Forschnde, Forschungszentren und Universitäten von Weltrang, aber irgendwie fällt es uns schwer, unser Wissen zeitnah in reale Anwendungen zu übertragen. In diesem Punkt bleiben wir hinter Ländern wie den USA und China zurück. Aus diesen Gründen würde ich gerne mit der frisch wiedergewählten Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, zu einem Abendessen zusammenkommen. Ich würde gerne mit ihr besprechen, wie wir Forschung und Innovation mehr in den Fokus unserer Gesellschaft stellen können. Ich würde gerne wissen, wie der Plan zur Steigerung unserer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit aussieht und wie wir als Wissenschaftler:innen dazu beitragen können, dass der Plan erfolgreich ist.

 
 
 
Standpunkt
 
 
 
 
 
 
 
 
„Wir verlieren die Chance auf eine wertvolle und wirksame Möglichkeit, Alzheimer im Frühstadium zu therapieren“
 
 
 
 
Der Neurologe und Neurowissenschaftler Gabor Petzold vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) kritisiert die Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), den neuartigen Alzheimer-Antikörper „Lecanemab“ nicht zuzulassen.
 

Vor Kurzem hat die EMA sich gegen eine Zulassung des Alzheimer-Medikaments „Lecanemab“ (Markenname: Leqembi) in der EU ausgesprochen. Diese Entscheidung ist für mich und andere Fachleute unverständlich. Denn eine wirksame, tatsächlich an den Ursachen der Erkrankung ansetzende Behandlungsmöglichkeit wird dringend benötigt. Auch Lecanemab bietet keine Aussicht auf Heilung, kann aber das Fortschreiten der Alzheimer-Demenz verzögern, wenn Menschen im frühen Stadium damit behandelt werden. Lecanemab unterscheidet sich von bisher zugelassenen Therapieformen, da es im Gegensatz zu ihnen nicht nur symptomatisch wirkt, sondern bei einer der Ursachen der Erkrankung ansetzt: Der Antikörper heftet sich an Beta-Amyloid-Proteine, die sich bei Alzheimer in Form von schädlichen Plaques im Gehirn ansammeln, und ermöglicht dadurch gezielt ihren Abbau durch das Immunsystem. Im Ergebnis werden der Verlauf der Erkrankung und das Fortschreiten der kognitiven und funktionellen Beeinträchtigungen verlangsamt; die Patient:innen können ihren Alltag besser bewältigen. In den Zulassungsstudien hielten diese Effekte im Vergleich zur Kontrollgruppe über mehrere Monate an.

Die Ablehnung wurde von der EMA damit begründet, dass die zu erwartende Wirkung nicht groß genug sei, um das mit Lecanemab verbundene Risiko von Nebenwirkungen aufzuwiegen. Zwar kann Lecanemab in bestimmten Fällen Nebenwirkungen haben, durch gezielte Voruntersuchungen zur Identifikation geeigneter Patienten und regelmäßige Kontrolluntersuchungen des Gehirns können diese allerdings in der Regel frühzeitig erkannt und gut gemanagt werden. Darüber hinaus kann die Behandlung fürs Erste auf Patientengruppen fokussiert bleiben, bei denen ein besonders vorteilhaftes Verhältnis von Wirkung und Nebenwirkungen erwartet wird. Darüber hinaus könnte die Therapie zunächst auf spezialisierte Zentren wie Gedächtnisambulanzen an Kliniken beschränkt werden.

Lecanemab stellt einen großen Fortschritt dar – sowohl in der ärztlichen Behandlung von Alzheimer als auch in der klinischen Forschung. Durch die Ablehnung der Zulassung in der EU wird hiesigen Alzheimer-Patient:innen im Frühstadium eine bedeutende Behandlungsoption vorenthalten, was die Versorgungsqualität im Vergleich zu anderen Ländern verschlechtert. Hinzu kommt, dass auch die europäische Alzheimer-Forschung ins Hintertreffen geraten kann, wenn nun keine Erfahrungen mit diesem Medikament gesammelt werden können. Zudem besteht die Gefahr einer Zweiklassenmedizin, da vermögende Patienten das Medikament über internationale Apotheken beziehen und sich als Selbstzahler behandeln lassen könnten.

Viele Fachleute, Betroffene und ihre Angehörigen in der EU hatten große Hoffnungen in Lecanemab gesetzt und sind nun tief enttäuscht. Der Hersteller des Medikaments hat bekanntgegeben, eine erneute Prüfung für die EU-Zulassung bei der EMA zu beantragen. Im Interesse der in der EU lebenden Patient:innen im Frühstadium von Alzheimer, und ebenso im Sinne der europäischen medizinischen Spitzenforschung ist zu hoffen, dass die EMA ihre Entscheidung überdenkt und einen sicheren und gut überwachten Zugang zu diesem Medikament ermöglicht.

Experten-Stimmen des DZNE zur Lecanemab-Ablehnung

Prof. Dr. Gabor Petzold, Direktor der Klinischen Forschung am DZNE und Sektionsleiter Vaskuläre Neurologie am Uniklinikum Bonn.

 
 
 
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Helmholtz in den Medien
 
 
 

HPV-Impfung: Immer weniger Jugendliche in Deutschland lassen sich gegen HPV impfen. Laut dem aktuellen BARMER-Arzneimittelreport ist die Impfquote insbesondere in den Jahren 2021 und 2022, also während der Corona-Pandemie, stark zurückgegangen. „Die niedrige Impfquote ist besorgniserregend“, sagt Nobila Ouédraogo, Public-Health-Experte am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Weltweit sind etwa die Hälfte der durch Infektionen verursachten Krebserkrankungen auf HPV-Viren zurückzuführen. Die HPV-Impfung wird für Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren empfohlen. Die F.A.Z und DIE WELT berichten. 

CO2-Senken: Welche ungenutzten Potenziale birgt die Natur im Kampf gegen den Klimawandel? Mit dieser Frage beschäftigte sich die jüngste Ausgabe von Terra X live auf YouTube, einer Produktion des ZDF. Zu Gast war unter anderem die Meeresforscherin Antje Boetius vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Sie betonte, wie lohnenswert es sei, in die Renaturierung, den Erhalt und den Schutz natürlicher CO2-Senken zu investieren. Diese würden nicht nur wertvolle Lebensräume für eine Vielzahl von Arten bieten, sondern der Atmosphäre auf äußerst effektive Weise CO2 entziehen, und zwar auf weitaus kostengünstigerem Wege als technologische Lösungen.

Abwasseranalyse: Die systematische Überwachung und Analyse von Abwasser birgt enormes Potenzial für die Früherkennung von Krankheiten. Wie DIE WELT berichtet, rückten diese Methoden erst durch die Corona-Pandemie in den öffentlichen Fokus, obwohl sie bereits seit Langem existieren. Forschende des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) haben hierbei eine bedeutende Rolle gespielt. Welche weiteren Potenziale in der Abwasseranalyse stecken, hat kürzlich eine Forschungsgruppe des Max Delbrück Centers (MDC) aufgezeigt.

Abnehmspritze: Die Süddeutsche Zeitung beleuchtet in einem ausführlichen Überblicksartikel die verschiedenen Therapiemöglichkeiten, die die Abnehmspritze Wegovy bietet. Ursprünglich zur Behandlung von Adipositas entwickelt, zeigt Wegovy auch bei der Therapie anderer gesundheitlicher Probleme, die häufig mit Übergewicht einhergehen, positive Effekte. „Die Medikamente unterdrücken das Suchtverhalten, diesen Drang, ‘Ich muss jetzt zur Tankstelle und mir einen Schokoriegel oder Chips holen‘,“ erklärt Matthias Tschöp, wissenschaftlicher Geschäftsführer von Helmholtz Munich. Tschöp hat mit seiner Grundlagenforschung maßgeblich zur Entwicklung des Medikaments beigetragen.

Tsunamiforschung: Im September vergangenen Jahres traf ein Megatsunami die Küste Grönlands. Glücklicherweise gab es bei der gewaltigen Flut keine Todesopfer. Forschende des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) unter der Leitung von Angela Carrillo Ponce konnten nun die Ursachen der Katastrophe rekonstruieren. Ein Hangrutsch hatte die Megawelle ausgelöst, die an den steilen Felswänden des Dickson Fjords zurückprallte und sich zu einer Standwelle entwickelte, die eine Woche lang anhielt. Wie der Spiegel berichtet, warnen die Forschenden vor einer zunehmenden Häufigkeit solcher extremen Ereignisse im Zuge des Klimawandels.

 
 
 
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Herausgegeben von: Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Anna-Louisa-Karsch-Str.2, 10178 Berlin

Redaktion: Sebastian Grote, Franziska Roeder, Martin Trinkaus
Fragen an die Redaktion senden Sie bitte an monthly@helmholtz.de

Bilder: Phil Dera (Editorial)

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