Ehemaliger Präsident: Detlev Ganten
"Wenn es die Helmholtz-Gemeinschaft nicht gäbe, müsste man sie erfinden."
"Eine wichtige, traditionsreiche und ehrgeizige Forschungsnation wie Deutschland braucht nationale Zentren, in denen die drängenden Fragen der Gesellschaft, der Wissenschaft und der Wirtschaft langfristig und auf hohem Niveau erforscht werden. Auf diesem Gedanken gründet die Mission der Helmholtz-Gemeinschaft. In der Vielfalt der Deutschen Forschungslandschaft hat die Helmholtz-Gemeinschaft damit eine zentrale Position.
Nach der Wiedervereinigung blieb im Osten Deutschlands nichts wie es vorher war. Das ganze Land, musste sich an die veränderte Bedeutung Deutschlands in der Welt anpassen. Das galt insbesondere auch bezüglich der für unsere Zukunft elementar wichtigen Forschung und Wissenschaft. Es war ein großartiges Erlebnis, in dieser unglaublich bewegten und bewegenden Zeit in den Jahren ab 1989 dazu beizutragen, neue moderne Forschungsinstitute und neue Strukturen im Forschungssystem Deutschlands aufzubauen. Die Beteiligung am Umbau der deutschen Großforschung in eine moderne, wissenschaftlich exzellente und international anerkannte Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren war ein persönlicher und wissenschaftspolitischer Höhepunkt meiner beruflichen Arbeit." So blickt Ganten auf seine Amtszeit zurück.
Nach einer Ausbildung zum staatlich geprüften Landwirtschaftsgehilfen und dem Abitur in Bremen studierte Detlev Ganten von 1962 bis 1964 Medizin in Würzburg und Montpellier (Frankreich). Anschließend arbeitete er als Assistenzarzt in der Chirurgie des französischen Krankenhauses in Marrakesch (Marokko). Von 1966 bis 1968 setzte er das Medizinstudium in Tübingen fort und beendete es mit dem medizinischen Staatsexamen und anschließender Medizinalassistentenzeit in Tübingen und Emden. 1968 promovierte er in Tübingen zum Dr. med. univ. Von 1969 bis 1973 schloss sich ein Forschungsaufenthalt am Clinical Research Institute in Montréal an. 1970 erhielt er seine Approbation als Arzt; 1973 promovierte er zum Doctor of Philosophy (PhD) an der McGill University in Montréal.
Von 1973 bis 1991 arbeitete Detlev Ganten am Pharmakologischen Institut der Universität Heidelberg und habilitierte dort 1974. Im Jahr 1975 erhielt er in Heidelberg eine Professur für Pharmakologie an der Medizinischen Fakultät. Seit 1978 ist er Facharzt für Pharmakologie und Klinische Pharmakologie.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde Ganten am 1. Januar 1992 zum Gründungsdirektor des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch berufen. Es war seine Aufgabe, die Zentralinstitute für Herz-Kreislauf-Forschung, Krebsforschung und Molekularbiologie der Akademie der Wissenschaften der DDR in ein neues nationales Zentrum für Gesundheitsforschung der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren umzugründen. Gleichzeitig erhielt Ganten 1993 den Ruf an den Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie an der Charité. In dieser Zeit förderte er insbesondere die klinische Translationsforschung von der Grundlagenforschung in die klinische Anwendung. Dafür intensivierte er die Zusammenarbeit der Grundlagenforschung am MDC mit den Kliniken in Berlin-Buch und mit der Charité. Den Technologietransfer und die wirtschaftliche Nutzung wissenschaftlicher Ergebnisse förderte er durch die Gründung der Berlin-Buch Biotechnologie (BBB) GmbH. Es wurde ein selbständiger Biotechnologie-Campus mit Inkubatoren auf dem Campus in Berlin-Buch aufgebaut, der sich zu einem der bedeutendsten Biotechnologie-Parks in Deutschland entwickelte.
Im Jahr 2004 wurde Ganten vom Berliner Senat zum Vorstandsvorsitzenden des Universitätsklinikums Charité der Humboldt-Universität Berlin ernannt. Unter seiner Leitung fusionierten die Medizinische Fakultät der Humboldt Universität in Ostberlin und die Medizinische Fakultät der Freien Universität in Westberlin zur neuen "Charité - Universitätsmedizin Berlin" mit selbständigem Rechtsstatus als Gliedkörperschaft öffentlichen Rechts. Ganten hatte den Vorstandsvorsitz der Charité - Universitätsmedizin bis 2008 inne und übergab diesen dann an seinen Nachfolger Karl M. Einhäupl.
2005 wurde von der Stifterin Johanna Quandt und Detlev Ganten die Stiftung Charité ins Leben gerufen mit Ganten als Vorsitzendem des Stiftungsrates. Auch hierdurch wurden die Weichen für die immer engere Zusammenführung der Charité mit dem MDC in Berlin-Buch unter dem Dach des "Berlin Institute of Health (BIH)" gestellt, das 2013 mit einer Vereinbarung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie und des Senats von Berlin gegründet wurde. Das BIH bildet ein gemeinsames Dach für das MDC und die Charité zur Stärkung der klinischen Forschung.
Anlässlich der 300-Jahr-Feier der Charité im Jahre 2009 gründete Ganten den World Health Summit und ist seit dieser Zeit Gründungspräsident des jährlich in Berlin stattfindenden Weltgesundheitsgipfels.
Seit 2009 ist Detlev Ganten Vorsitzender des Kuratoriums des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPI-KG) und für Molekulare Pflanzenphysiologie (MPI-MP) in Potsdam. Er sitzt seit 2004 im Beirat der Agence Nationale de Recherche Paris (ANR), ist seit 2011 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Universität Sorbonne Paris Cité (Frankreich) und ebenfalls seit 2011 Mitglied im Verwaltungsrat der Universität Paris Sciences Lettres (PSL). 2013 wurde Prof. Ganten zum Co-Chair des Interacademy Medical Panel (IAMP) gewählt.
Forschungsgebiete und Auszeichnungen
Gantens zentrales Forschungsgebiet ist Bluthochdruck. Er klärte grundlegende Entstehungsmechanismen der Hypertonie auf und befasst sich mit der hormonalen Regulation und Behandlung des Bluthochdrucks, insbesondere dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und der molekularen Genetik und Genomik von Herz-Kreislauferkrankungen. Zudem setzt er sich wissenschaftlich mit genomischen und molekularen Mechanismen der Evolution und der Evolutionären Medizin auseinander. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Konzepte zur Prävention von Herzkreislauferkrankungen, Public Health, Global Health und Bioethik.
Für seine Arbeit erhielt er diverse Auszeichnungen, unter anderem: 1981 den Chavez Award der International Society of Hypertension, die Sechenev-Medaille der Medizinischen Akademie Moskau und den Wissenschaftspreis der Deutschen Liga zur Bekämpfung des hohen Blutdrucks. 1990 folgten die Heilmeyer-Medaille der Gesellschaft für Fortschritte auf dem Gebiet der Inneren Medizin sowie der Max-Planck-Forschungspreis (zusammen mit Kazuo Murakami, Japan) und der Okamoto-Preis in Japan. 1992 wurde Ganten der CIBA-Preis des Council for High Blood Pressure Research der American Heart Association verliehen.
Ganten ist Ehrendoktor der Universität Iași in Rumänien, Ehrenprofessor der Universität von Wuhan (China) und der 1. Staatlichen Universität von Moskau. Er erhielt den Verdienstorden des Landes Berlin (1997), das Bundesverdienstkreuz (2000) und die Insignien eines Officier de la Légion d'Honneur (2012) der Französischen Republik.