Geschichte der Programmorientierten Förderung
Anatomie einer Reform
Die Gründung der Helmholtz-Gemeinschaft 1995 und die zugleich eingeführte Programmorientierte Förderung für die damals 15 angeschlossenen Großforschungseinrichtungen war die bislang umfassendste Strukturreform in der deutschen Wissenschaftslandschaft. Sie basiert vor allem auf einem durchgängigen wissenschaftlichen Evaluationssystem, eingebettet in eine Gesamtstrategie der Helmholtz-Gemeinschaft.
Hintergründe und vertiefende Informationen zu diesem Thema finden sich im Buch von Frau Dr. Sabine Helling-Moegen „Forschen nach Programm“
Rezension: Dr. Josef Puchta, Administrativ-kaufmännischer Vorstand des Deutschen Krebsforschungszentrums
Die Einführung der programmorientierten Förderung als neues Steuerungsmodel in der Helmholtz-Gemeinschaft hat im Jahr 2001 die wissenschaftlichen Gemüter heftig erregt. Insbesondere wurden Bedenken zur Freiheit der Wissenschaft geäußert und es entstand der Eindruck, dass Forschung nur mehr in mittelfristigen 5-Jahres-Plänen möglich wäre. Zwischenzeitlich hat sich die Aufregung über die programmorientierte Förderung gelegt und es wurde verstanden, dass POF keine Einschränkungen in der Forschungsfreiheit mit sich bringt und eine relative Budgetsicherheit für jeweils 5 Jahre garantiert ist.
Wer verstehen möchte, wie es zu POF gekommen ist, was die politischen und strukturellen Rahmenbedingungen institutioneller Forschungsförderung sind und wie eine vorläufige Bestandsaufnahme von POF aus Sicht der jeweiligen Akteure aussieht, der findet in der Dissertation von Dr. Sabine Helling-Moegen, frühere Referentin des Kaufmännisch-administrativen Vorstands des DKFZ und ehemalige Leiterin der Administration der Helmholtz-Geschäftsstelle in Berlin, eine fundierte und flüssig geschriebene Bestandsaufnahme des gesamten Reformprozesses; zutreffend auch in der Unterüberschrift als „Anatomie einer Reform“ betitelt. Die Arbeit von Sabine Helling-Moegen ist die erste wissenschaftliche Bestandsaufnahme von POF, aber nicht nur dies, POF wird in den Rahmen von soziologischen, verhaltenstheoretischen und betriebswirtschaftlichen Erklärungsansätzen zur Steuerung gestellt. Deutlich wird herausgearbeitet, dass POF nicht eine spontane Idee zur Steuerung von Forschung gewesen ist, sondern dass bereits seit den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts es eine Reihe von ministeriellen Steuerungsinstrumenten gegeben hat. Die hohe Qualität der Arbeit von Sabine Helling-Moegen wird deutlich in der akribischen Aufarbeitung des gesamten POF-Prozesses sowie in der Auswertung vieler interner Strategiepapiere und Protokolle der einzelnen Arbeitsgruppen und in der Auswertung der vielen Interviews, die Sabine Helling-Moegen mit verschiedenen Begleitern und Akteuren des POF-Prozesses mittels strukturierter Interviews geführt hat. Gerade in der Auswertung der Interviews wird deutlich, dass die unterschiedlichen Akteure natürlich sehr differenzierte Sichtweisen des POF-Prozesses ausweisen. Es werden aber auch die Vor- und Nachteile (z. B. hoher Aufwand für Begutachtungen, umfangreiches Berichtswesen, Taktik statt Wettbewerb, Zwangsvernetzung etc.) aufgezeigt. In ihrem Schlusskapitel beleuchtet Sabine Helling-Moegen auch die Weiterentwicklung von POF im Sinne strategischer Allianzen wie KIT, die Jülich-Aachen-Research Alliance oder die strategische Allianz des DKFZ mit dem ZMBH. Angesprochen wird auch die strukturelle Weiterentwicklung im Gesundheitsbereich der HGF mit dem Management-Board-Gesundheit. Vielleicht hätte man sich bei diesen perspektivischen Ausblicken noch etwas mehr Vertiefung gewünscht, andererseits sind die Prozesse auch gegenwärtig noch sehr stark im Fluss. Diese leichte Kritik soll das große Verdienst von Sabine Helling-Moegen um die wissenschaftliche Aufarbeitung von POF in keinster Weise schmälern.
Wer sich für die Hintergründe von Steuerung und deren Ausprägung in POF informieren möchte, dem sei die Arbeit von Sabine Helling-Moegen wärmstens ans Herz gelegt.
Dr. Josef Puchta
Dr. Sabine Helling-Moegen, Forschen nach Programm. Die programmorientierte Förderung in der Helmholtz-Gemeinschaft: Anatomie einer Reform ISBN 978-3-8288-2067-8, Marburg 2009