Plattformtechnologie für neuartige, energiesparende Computerchips
Chipträger mit Memristor-Bauelementen. Bild: Frische Fische / Technifab
Die Herausforderung
Der Bedarf an leistungsfähigen Computerchips steigt rasant – auch weil Unternehmen weltweit immer stärker auf KI setzen. Doch der Energiebedarf dieser Anwendungen ist hoch: Fachleute erwarten, dass sich dadurch der Stromverbrauch von Rechenzentren allein in Europa bis zum Jahr 2030 verdreifachen wird. Gleichzeitig kommen aber auch die Chips selbst an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit: Die darauf installierten Transistoren können nicht mehr beliebig weit verkleinert werden. Zudem verarbeiten sie Daten vergleichsweise langsam, weil die Informationen auf herkömmlichen Chips erst vom Speicher zum Prozessor fließen müssen – und zurück. Dieser beständige Datenfluss kostet Zeit und Energie. Um das Potenzial neuartiger digitaler Anwendungen wie KI voll ausschöpfen zu können, benötigen wir daher eine vollkommen neue Art von Chips: Sie müssen schneller und sparsamer sein als heutige Modelle.
Unsere Lösung
Unser Gehirn ist Supercomputern beim Thema Effizienz hoch überlegen: Informationen verarbeitet es in Sekundenbruchteilen und verbraucht dabei kaum Energie. Ein Grund dafür ist die besondere Arbeitsweise des Organs: Es verarbeitet und speichert Informationen am selben Ort, in den Neuronen. Forscher:innen des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) ahmen dieses Prinzip nach: Sie haben eine Plattformtechnologie für rekonfigurierbare, analoge elektronische Bauelemente entwickelt, die den Aufbau von Computerchips zur Bewältigung komplexer Rechenaufgaben mit minimalem Energieaufwand ermöglicht. Diese elektronischen Bauteile funktionieren ähnlich wie Synapsen, also wie jene Nervenverbindungen im Gehirn, die sich bilden und verstärken, wenn sie häufig genutzt werden. Auch die TiF-Bauelemente sind physikalisch in der Lage, sich zu merken, welche elektronischen Signale sie früher schon einmal verarbeitet haben. Berechnungen können sie daher direkt ausführen, wodurch der permanente Datenaustausch zwischen Speicher und Prozessor entfällt. Das senkt den Energieverbrauch und beschleunigt die Analyse: Ihre Ergebnisse liefern TiF-Bauelemente innerhalb von Sekundenbruchteilen. Interessant ist das zum Beispiel für Anwendungen, die auf Echtzeitdaten angewiesen sind, etwa in der Robotik oder beim autonomen Fahren. Weil die neuartigen Chips Informationen lokal speichern und verarbeiten, funktionieren sie bei Bedarf zudem auch ohne Cloud-Dienste – interessant ist das vor allem bei sensiblen Daten, die so besser geschützt sind vor einem unerwünschten Zugriff von außen. Schon seit fünf Jahrzehnten suchen Forscher:innen nach geeigneten Materialien für rekonfigurierbare Bauelemente. Am HZDR entdeckte 2011 die Physikerin Heidemarie Krüger gemeinsam mit ihrem Team eine leistungsfähige Materialkombination für die TiF-Plattformtechnologie: eine Kombination aus Eisenoxid und Bismutoxid.
Wie wir schon heute davon profitieren
Erste Computerchips, die mit diesem Materialmix arbeiten, bietet seit 2024 das Dresdner Startup TECHiFAB an, eine Ausgründung des HZDR. Computerchips mit TiF-Bauelementen haben das Potenzial, bis zu 90 Prozent der benötigten Energie einzusparen und Daten gleichzeitig 400 Mal schneller zu verarbeiten als die bisherigen Systeme. Mit den ersten Chips, die auf dieser Plattform basieren, will Heidemarie Krüger, die heute am Leibniz-Institut für Photonische Technologien und als Professorin an der Friedrich-Schiller-Universität Jena arbeitet, gemeinsam mit Industrieunternehmen erste Praxiserfahrungen sammeln. In Stahlwerken zum Beispiel prüfen die Modelle von TECHiFAB bereits testweise, ob die Walzen dort fehlerfrei arbeiten. Auch bei der Wartung von Brücken sollen sie helfen. Möglich wäre ihr Einsatz aber in vielen weiteren Branchen, etwa in der Automobilindustrie, im Maschinenbau oder in der Medizintechnik. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen Deutschland (SPRIND) fördert Techifab mit einem zweistelligen Millionenbetrag.
Zum Weiterlesen: