Weltraumsonde JUICE
Start zu Jupiters Eismonden
Der Weg zum Jupiter ist weit. Im Schnitt trennen Erde und den Gasplaneten rund 780 Millionen Kilometer. Erst im Juli 2031 wird die 5,2 Tonnen schwere Raumsonden Jupiter Icy Moons Explorer, kurz JUICE, ihn erreichen. Nachdem sie unseren Planeten verlassen hat, wird sie im August des kommenden Jahres zurückkehren – um Schwung zu holen und ihre Reisegeschwindigkeit zu erhöhen und so Sprit zu sparen. Swing-by Manöver nennt sich das und ist in der Raumfahrt seit Langem erprobt und bewährt. Ein solches führt JUICE dann noch einmal im August 2025 an der Venus durch. Anschließend noch zweimal an der Erde – im Jahr 2026 und 2029 – bevor sie dann endgültig Richtung Jupiter aufbricht.
Planetensystem en miniature
Dort erwartet die Sonde eine wundersame Welt. Fast wie ein Planetensystem en miniature kreisen mindestens 92 Monde um die riesige Kugel aus Gas, die wir Jupiter nennen. Da gibt es Ganymed, den größten aller Monde in unserem Sonnensystem. Er übertrifft in seiner Ausdehnung sogar den Planeten Merkur. Seine Eisdecke – wohl mehrere Hundert Kilometer mächtig – könnte einen Ozean verbergen, der mehr Wasser als all unsere irdischen Meere enthält. Das jedenfalls lassen die Daten vermuten, die die Raumsonde Galileo Mitte der 1990er-Jahre zur Erde funkte. Kallisto ist ein wenig kleiner als Ganymed und komplett mit Kratern übersät. Auch hier könnte sich ein Ozean in der Tiefe verstecken. Die Oberfläche des Mondes Europa wiederum ist eine der hellsten, die ein Mond zu bieten hat und besteht wohl hauptsächlich aus Eis. Darunter – so glaubt man – erstreckt sich ein 80 bis 170 Kilometer tiefer Ozean.
Und wo flüssiges Wasser existiert und bestimmte chemische Grundbausteine und stabile Umweltbedingungen sehen Astrobiologen prinzipiell die Möglichkeit für die Entstehung von Leben. Es wäre eine Sensation, die unser Weltbild verändern würde, wenn in unserem Sonnensystem zweimal unabhängig voneinander Leben entstanden wäre.
Juice’s odyssey of exploration
Den Monden unters Eis schauen
„Eine der größten Fragen, die die Wissenschaft heute bewegt, ist die nach dem Ursprung des Lebens“, sagt Christian Gritzner, Leiter der Gruppe Sonnensystemmissionen der Deutschen Raumfahrtagentur am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Einer Antwort darauf wollen wir mit der JUICE Mission näherkommen.“ Ob die Monde als Lebensräume geeignet sind, sollen zum Beispiel Radarinstrumente herausfinden, die Eisdecke durchdringen und detaillierte Informationen zu den Ozeanen liefern; Spektrometer sollen die Zusammensetzung des Eises analysieren und ein Submillimeterwelleninstrument die Temperaturstruktur der Monde aufzeichnen. Die Deutsche Raumfahrtagentur nimmt dabei eine wichtige Stellung ein. Als internationaler Kooperationspartner koordiniert sie die verschiedenen Beiträge deutscher Forschungseinrichtungen und stellt die Finanzierung zur Verfügung. „Deutsche Forschungseinrichtungen wie das DLR-Institut für Planetenforschung, das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und viele Universitäten sind an sieben der insgesamt zehn Messinstrumente beteiligt“, freut sich Christian Gritzner. „Zwei davon werden sogar federführend in Deutschland entwickelt und gebaut.“ Wenn alles nach Plan verläuft, nehmen die Messsysteme der Sonde ab 2031 den Gasriesen und drei seiner größten Monde genauer ins Visier. Von Interesse sind dabei zum Beispiel auch Jupiters Atmosphäre und Magnetfeld. Denn die Wissenschaftler wollen erfahren, welchen Einfluss diese auf die Monde ausüben.
Auch den Jupiter-Mond Europa nehmen die Forscher ins Visier. Sie wollen wissen, wie dick seine Eisdecke ist. Außerdem halten sie nach Landeplätzen Ausschau und bereiten damit künftige Missionen vor. Wie zum Beispiel die von der US-Amerikanischen Raumfahrtagentur NASA geplanten Mission Europa Clipper. Bis zum Jahr 2034 soll JUICE insgesamt 35-mal in recht geringer Entfernung an den Eismonden vorbeifliegen. „Von der Erde aus kann man manches über das Jupitersystem herausfinden, aber direkt vor Ort kann man viel besser forschen. Die Galileo- und die Juno-Mission haben dann eine Tür aufgestoßen und einen ungeahnten Datenschatz geliefert“, erzählt Christian Gritzner. „Mit JUICE wollen wir nun diese bruchstückhaften Momentaufnahmen erweitern und zu einem wesentlich detaillierteren Bild von Jupiter und seinen Monden zusammenfügen.“
Ein Begleiter auf Zeit für Ganymed
Von ganz besonderem Interesse ist hingegen Ganymed. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Bisher ist kein anderer Mond bekannt, der ein eigenes Magnetfeld besitzt. Das soll JUICE genauer untersuchen. Außerdem wollen die Forscher wissen, wie der Trabant im Inneren aufgebaut ist. Wie ist die Eiskruste beschaffen? Welche Schichten finden sich darunter? Wie tief ist der Ozean? JUICE soll die gesamte Oberfläche des Mondes mehrfach punktweise vermessen werden. So entsteht nicht nur eine hochauflösende dreidimensionale Karte. Die Forscher wollen damit auch der Verformung des Trabanten auf die Schliche kommen. „An Ganymed zerren die Gezeitenkräfte des Jupiter. Durch Jupiters Anziehungskraft und die zusätzliche Fliehkraft nach außen wird der Mond in die Länge gezogen. Und gleichzeitig dreht sich der Mond um seine eigene Achse“, erklärt Christian Gritzner „Dadurch wird Ganymed regelrecht durchgeknetet. Das erwärmt sein Inneres und könnte laut Berechnungen den Ozean flüssig halten.“
Ende 2035 wird es dann Zeit, Abschied zu nehmen. Und zwar mit einem Knall. Denn JUICE wird nicht einfach irgendwo im äußeren Sonnensystem verstummen, sondern seine letzte Ruhestätte auf dem Ganymed finden, durch einen geplanten Absturz.
Die fünf wichtigsten Fragen der JUICE-Mission
- Wie sehen Jupiters Ozeanwelten aus?
- Warum ist Ganymed so einzigartig?
- Könnte es im Jupitersystem Leben geben - oder jemals gegeben haben?
- Wie hat die komplexe Umwelt des Jupiter seine Monde geformt und umgekehrt?
- Wie sieht ein typischer Gasriesenplanet aus - wie ist er entstanden, und wie funktioniert er?
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