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Auszeichnung

Quantenkommunikation im Fluge

Das DLR-Forschungsflugzeug Do228-212 vor dem Hangar des DLR-Flugbtriebs in Oberpfaffenhofen. Foto: DLR (CC-BY 3.0)

Einem Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren ist es geglückt, einen Quantenschlüssel zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation auszutauschen – ein wichtiger Schritt hin zu einer abhörsicheren Datenkommunikation. Für ihr Gemeinschaftsprojekt erhalten die Forscher den diesjährigen Wissenschaftspreis des Stifterverbands – Erwin Schrödinger-Preis. DLR-Ingenieur Florian Moll erklärt das Prinzip.

Mit dem Wissenschaftspreis des Stifterverbands – Erwin Schrödinger-Preis zeichnen der Stuftrerverband und die Helmholtz-Gemeinschaft alljährlich ein Forscherteam aus, das unterschiedliche Fachdisziplinen verbindet und dadurch besondere Innovationen schafft. Dieses Mal geht der Preis an Physiker der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen. Dem Team war es geglückt, einen Quantenschlüssel zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation auszutauschen – ein wichtiger Schritt hin zu einer abhörsicheren Datenkommunikation. DLR-Ingenieur Florian Moll erklärt das Prinzip.

Das Forscherteam befasste sich in dem Projekt mit einer neuen Methode namens Quantenkryptographie. Was kann man sich darunter vorstellen? 

Kurz gesagt: abhörsicheren Informationsaustausch. Die Gefahr, dass die Übertragung eines Verschlüsselungscodes unbemerkt abgehört wird ist bei gängigen Methoden allgegenwärtig. Das ist bei der Quantenkryptographie anders. Bei ihr kann man auf der Basis physikalischer Grundgesetze herausfinden, ob bei der Schlüsselverteilung ein Lauscher zuhört oder nicht. Sollte man tatsächlich einen Lauschangriff feststellen, kann man die Übertragung abbrechen, die interessanten Daten werden erst gar nicht gesendet, und der Datendieb geht leer aus.

Wie funktioniert die Methode im Detail?

Der Schlüssel wird erzeugt durch einen Austausch von einzelnen Photonen, einzelnen Lichtquanten, die wir jeweils unterschiedlich polarisieren, also in ihrer Schwingungsrichtung verändern. Eine raffinierte, Wahl von Polarisationszuständen garantiert, dass ein Lauscher, der diese Photonen abfängt, unweigerlich Fehler einbaut, wenn er die Photonen nach dem Lauschen weiterschickt. Er stört die Quanteneigenschaften der Photonen, und das bekommt der Empfänger unweigerlich mit. Dann weiß das System, dass es einen Lauscher in der Leitung hat und reagiert entsprechend.

Wird die Quantenkryptographie bereits eingesetzt? Schließlich leben wir in Zeiten, in denen die Nachfrage nach einer abhörsicheren Datenkommunikation größer ist als je zuvor. 

Es gibt bereits Geräte zu kaufen, und manche Banken nutzen sie wohl schon für ihre interne Kommunikation. Bei diesen Geräten werden die Photonen durch Glasfasern geschickt. Doch das hat einen Nachteil: Die Reichweite ist bislang auf wenige hundert Kilometer beschränkt. Eine Kommunikation von Europa in die USA ist beispielsweise damit nicht machbar. Deshalb verfolgen wir einen anderen Ansatz: Wir wollen die Signale via Satellit schicken, denn im All und in der Atmosphäre können sich die Lichtquanten fast ungestört ausbreiten. Damit wäre ein sicherer Schlüsselaustausch rund um den Globus möglich. Gemeinsam mit den Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München ist es uns nun gelungen, die Machbarkeit der Quantenkryptographie zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation nachzuweisen – eine wichtige Vorstufe auf dem Weg zur Satellitenkommunikation.

Wie ist die Kooperation mit den LMU-Physikern zustande gekommen, wie sah sie aus?

Die LMU-Forscher beherrschen die Quantenkryptographie. Wir vom DLR sind darauf spezialisiert, Daten zwischen beweglichen Sendern und Empfängern zu übertragen, Flugzeugen etwa oder Satelliten und zwar extrem schnell mittels optischer Freiraumkommunikation. Das haben die LMU-Experten mitbekommen und uns dann einfach kontaktiert. Wir waren sofort von der Idee begeistert, und die Kompetenzen beider Teams haben sich optimal ergänzt.

Wie schwierig war es, die Quantentechnik in ein Forschungsflugzeug des DLR einzubauen?

Das war durchaus Arbeit, letztlich dauerte das Projekt mehr als anderthalb Jahre. Unter anderem mussten wir in der Bodenstation und im Flugzeug, einer Dornier 228 Propellermaschine, eine spezielle Glaskuppel einbauen, sowie darauf achten, dass alle verwendeten optischen Komponenten sorgsam ausgerichtet waren und die Polarisation der Lichtquanten nicht störten. Außerdem musste der Laserstrahl vom Flugzeug zum Boden stark gebündelt sein, mit einer Ausrichtegenauigkeit im Bereich von tausendstel Grad. Ein raffiniertes System aus Linsen- und Spiegeln sorgte dafür, dass der Strahl mit Hilfe von GPS-Koordinaten und optischem Tracking stets die Bodenstation angepeilt hat.

Wie liefen dann die entscheidenden Experimente ab?

Nach erfolgreichen Tests am Boden waren wir zuversichtlich, dass das Experiment in der Luft funktionieren würde. Wir flogen nachts bei Neumond, da das Tageslicht zu sehr gestört hätte, wie auch das Licht des Mondes. Das Flugzeug flog dann Halbkreise um die Bodenstation, in einer Entfernung von 20 Kilometern und einer Höhe bis zu drei Kilometern. Auf diese Weise flogen wir in drei Nächten im März, es war ausgesprochen kalt, gerade für das Personal an der Bodenstation auf unserem Institutsdach. Doch die Ergebnisse waren ermutigend: Es kamen genug Photonen an, um einen Schlüssel erzeugen zu können. Damit haben wir gezeigt: das Prinzip funktioniert.

Wie geht es nun weiter, was planen Sie als nächstes? 

Wir würden die Technik gern im Weltraum testen. Entweder könnte man einen Satelliten, der sowieso bald startet und noch Platz hat, mit unseren Komponenten bestücken. Möglich wäre aber auch ein Experiment mit einem eigenen, preisgünstigen Minisatelliten. Im Moment sind wir dabei, entsprechende Forschungsgelder zu akquirieren – und hoffen natürlich, dass uns der Erwin-Schrödinger-Preis dabei ein wenig Rückenwind gibt. 

In dem Projekt „Air-ground quantum key distribution“ taten sich zwei Teams unterschiedlicher Fachrichtungen zusammen, um eine abhörsichere Datenübertragung zwischen einer Bodenstation und einem Flugzeug zu realisieren. Die vierköpfige Arbeitsgruppe um Harald Weinfurter von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) brachte ihre Expertise in der Quantenkryptographie ein – eine raffinierte Methode, bei der ein digitaler Schlüssel absolut sicher durch einzelne Lichtquanten übermittelt wird. Das sechsköpfige Team um Florian Moll vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen steuerte seine Erfahrungen bei der schnellen, lichtbasierten Datenkommunikation mit bewegten Zielen bei. In enger Zusammenarbeit gelang es den beiden Teams, die Technik in ein Forschungsflugzeug zu packen und einen digitalen Quantenschlüssel zwischen Luft und Boden auszutauschen – ein wichtiger Schritt hin zu einer abhörsicheren Satellitenkommunikation. Für ihr Gemeinschaftsprojekt erhalten die Forscher den diesjährigen Wissenschaftspreis des Stifterverbands – Erwin Schrödinger-Preis.

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