Weltklimavertrag
"Paris ist nur der Anfang"
Am Ende des Weltklimagipfels feiern Politiker und Diplomaten eine historische Einigung. Der Vertrag hat allerdings auch Schwächen. Was sagen Wissenschaftler zu dem Ergebnis?
Daniela Jacob ist Direktorin des Climate Service Center am Helmholtz-Zentrum Geesthacht Zentrum für Material- und Küstenforschung.
"Die Pariser Klimakonferenz hat den erhofften Durchbruch erzielt. Im Fokus des Abschlussdokuments steht neben der Minderung des Treibhausgasausstoßes auch die Anpassung an die Folgen des Klimawandels und ein umfassendes Risikomanagement. Besonders wichtig ist, dass das Zwei-Grad-Ziel verbindlich fixiert ist und seine klimapolitische Bedeutung als absolute Obergrenze der Erderwärmung damit noch einmal deutlich gestärkt wurde. Die Nennung des 1.5 Grad Grenze finde ich überraschend und sehr gut. Ich denke, dass die - spätestens seit dem letzten Bericht des IPCC - klare wissenschaftliche Faktenlage zum Klimawandel und den damit verbundenen Folgen einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen der Klimaverhandlungen geleistet hat. Positiv hervorzuheben ist auch, dass alle Staaten nun regelmäßig über ihre Klimaschutzpläne und die zu erwartende Zielerreichung Auskunft geben müssen, wobei sie sich zukünftig nicht verschlechtern dürfen. Doch es muss klar sein, dass Paris erst der Anfang ist. Die freiwilligen Selbstverpflichtungen sind nicht ausreichend, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen; hier muss auf Ebene der Nationalstaaten noch kräftig nachgelegt werden."
Mojib Latif ist Leiter des Forschungsbereiches: Ozeanzirkulation und Klimadynamik am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
"Ich begrüße, dass es endlich einen Vertrag gibt. Außerdem, dass man die Dramatik des Klimawandels anerkennt und die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzen möchte. Allerdings baut der Vertrag auf Selbstverpflichtungen. Diese reichen nicht und es muss nachverhandelt werden. Es gibt zudem viele Absichtserklärungen, wenig Konkretes. Die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft, d. h. eine Wirtschaft ohne die fossilen Brennstoffe wird nicht mehr im Vertrag erwähnt, obwohl die Regierungschefs der G7-Länder diese noch vor ein paar Monaten in Elmau als Ziel formuliert hatten. Der jetzige Text ist schwammig und lässt sogar ein Festhalten an der fossilen Energiewirtschaft zu."
Hans-Otto Pörtner ist Klimaforscher am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung. Seit Oktober ist er Ko-Vorsitzender der Arbeitsgruppe II des Weltklimarates (IPCC).
"Die Weltgemeinschaft hat eine ambitionierte Vereinbarung zum Klimaschutz getroffen und als langfristiges Klimaziel festgelegt, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Damit sind die Nationen der Erkenntnis des Weltklimarates (IPCC) gefolgt, nach denen die negativen Auswirkungen und Risiken des Klimawandels für die Ökosysteme und den Menschen zwischen 1,5 und 2 Grad deutlich steigen. Selbst bei erfolgreicher Umsetzung werden wir negative Auswirkungen also nicht mehr vermeiden, aber doch begrenzen können. Dieser Vertrag wird einen Technologiewandel einleiten, der den zunehmenden Abschied von fossilen Energieträgern und den Übergang zu nachhaltigem Wirtschaften beinhaltet. Gleichzeitig müssen möglichst bald alle Länder in die Lage versetzt werden, ihren Energiebedarf durch erneuerbare Energiequellen zu decken. In diesem Abkommen kommt also auch eine hohe Dringlichkeit zum Ausdruck; es gilt mit Blick auf das Ziel keine Zeit zu verlieren, die erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Dabei wird auch der Weltklimarat eine wichtige Rolle spielen, diesen Prozess zu begleiten: Auswirkungen der in Angriff genommenen Strategien und erwarteten Klimaszenarien müssen ermittelt, projiziert und verglichen werden. Es gilt Lösungswege aufzuzeigen, die immer sowohl Anpassungsstrategien an unvermeidbaren Klimawandel als auch die Nutzung von Technologien zur Minderung, wenn nicht sogar Rückführung des Klimawandels beinhalten."
Reimund Schwarze koordiniert die Forschung zu "Klimawandel und Extremereignissen" am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig.
Zuallererst hat der Gipfel gezeigt, dass eine weltweite Klimaschutzkooperation in Verhandlungen möglich ist. Die Beschlüsse sind visionär und reichen weit in die Zukunft. Im Bereich der Umsetzung und der Zwischenschritte bis 2050 bleiben sie allerdings recht vage. Der Prozess der schrittweise Verschärfung eröffnet zwar eine Option, aber ob ein Fünf-Jahreszyklus ab 2023 reicht, wage ich zu bezweifeln.
Hans Schipper ist Leiter des Süddeutschen Klimabüros am Karlsruher Institut für Technologie
"Der Klimavertrag, dem alle 196 beteiligten Nationen zugestimmt haben, ist ein wichtiger Meilenstein in Richtung einer klimafreundlicheren Welt. Die Ziele im Vertrag sind das Ergebnis langer Verhandlungstage, an denen die Beteiligten Großes für das Klima geleistet haben. Vor allem die Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf deutlich unter zwei Grad wird das Risiko von unumkehrbaren Folgen des Klimawandels deutlich verringern. Paris ist jedoch nur der Anfang eines langen Prozesses, in dem das Handeln der Weltgemeinschaft in den nächsten Jahrzehnten dem Vertrag eine nachhaltige Bedeutung geben muss."
Hans von Storch leitete das Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht Zentrum für Material- und Küstenforschung.
Ich begrüße diesen Vertrag als zielführend und problemangemessen, selbst wenn der eine oder andere barocke Appendix aus Gründen der politischen Nützlichkeit angefügt worden ist. Entscheidend ist, dass die die Einleitung von Maßnahmen zur Minderung der Akkumulation von Treibhausgasen in der Atmosphäre im Vordergrund steht, wobei die Jura in den Hintergrund getreten ist. Eine große Anzahl von Staaten folgt dem Grundsatz, dass die Emissionen und die Vulnerabilität gegenüber extremen Wetterereignissen massiv zu mindern sind. Dabei soll die Art der Maßnahmen zeitlich flexibel und abhängig von den Bedingungen vor Ort sein, etwa in Abhängigkeit von den regionalen Risiken und den jeweiligen Entwicklungszielen. Die Verabschiedung des Vertrages sollte aber auch Anlass sein, weitere Optionen zur Emissionsminderung zu entwickeln. Auch sollten die bisherigen verkürzenden Narrative überwunden werden, wonach extreme Ereignisse nur im Zusammenhang mit Klimawandel signifikant sind, und negative Entwicklungen VOR ALLEM auf den menschgemachten Klimawandel zurückzuführen seien. Letzteres fokussiert zwar auf das Klimathema, entlässt aber etwa ungenügende Anpassung oder Sünden des europäischen Kolonialismus aus der Verantwortung.
Prof. Andreas Wahner ist Direktor des Instituts für Energie- und Klimaforschung, Bereich Troposphärenforschung am Forschungszentrum Jülich.
Der Erfolg ist, dass nun alle Staaten das zwei Grad oder gar 1,5 Grad-Ziel anerkennen - Jedoch mit welchen Reduktionen von wem man dieses erreicht ist nicht beschlossen, man hofft dass die Investoren, das heißt der Markt es richten wird.
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