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Standpunkt

Open Access als Standard in der Wissenschaft

Roland Bertelmann ist Leiter des Helmholtz Open Science Office. Bild: Helmholtz/Phil Dera

Nach dem Abschluss der DEAL-Verträge mit Wiley, Springer-Nature und erstmals auch Elsevier bietet sich der Wissenschaft die Chance, in den kommenden Jahren die Zeit zu nutzen und den weiteren Weg für Open Access nachhaltig zu gestalten, sagt Roland Bertelmann vom Helmholtz Open Science Office.

Mit DEAL hat die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ein Projekt initiiert, um mit Zeitschriftenverlagen nationale Vertragsmodelle zu verhandeln, die Zugang zu und eine offene Verbreitung von Forschungsergebnissen aus Deutschland ermöglichen. Die nun neu verhandelte zweite Generation von Verträgen mit den Verlagen Wiley und Springer-Nature und der Neuabschluss mit Elsevier sind ohne Zweifel ein wichtiger Schritt, um Open Access in der deutschen Wissenschaftslandschaft weiter zu etablieren. Alle Artikel von Wissenschaftler:innen der teilnehmenden Institutionen in den Fachzeitschriften jener Anbieter (mit Ausnahme der Nature-Titel) werden sofort im Open Access angeboten. Besonders positiv daran: Die Rechte an den Inhalten bleiben bei den Autor:innen. Die Verträge ermöglichen darüber hinaus den Zugang zum gesamten Inhalt des Zeitschriftenangebots. Positiv ist außerdem, dass trotz Inflation die Gebühren pro Artikel unter den Werten der DEAL-Verträge aus dem Jahr 2019 liegen. Das zeigt, dass DEAL und seine Strukturen es ermöglicht haben, auf nationaler Ebene erfolgreich gemeinsam zu verhandeln und dem Prinzip „Teile und herrsche“ der Großverlage aus der Zeit zuvor etwas entgegenzusetzen.

Die Verträge, die für fünf Jahre abgeschlossen wurden, bedeuten einen deutlich erhöhten und gesicherten offenen Zugang und Austausch von wissenschaftlichem Wissen aus Deutschland, das in diesen Zeitschriften veröffentlicht wird. Dies gibt nun auch die Möglichkeit den weiteren Pfad der Transformation des Publikationssystems zu gestalten, die angewandten Modelle und Ansätze zu prüfen und weiterzuentwickeln. So ist es leider nicht gelungen, die Zeitschriften selbst in der Breite in ein Open-Access-Geschäftsmodell zu überführen. Die Regelungen zu Künstlicher Intelligenz und Datenschutz zeigen zudem noch Verbesserungsbedarf.

Die drei Anbieter Elsevier, Springer-Nature und Wiley dominieren mit zusammen mehr als 6.000 Zeitschriften den Markt der wissenschaftlichen Kommunikation. Wissenschaftliche Publikationen sind dabei Objekte kommerzieller Interessen. Die Wissenschaft selbst hat dagegen in erster Linie ein Interesse daran, mit Publikationen die Ergebnisse wissenschaftlichen Arbeitens zu dokumentieren und zu verbreiten.  Wir brauchen mehr Ausgewogenheit zwischen kommerziellen Interessen und den Interessen der Wissenschaft. Und tatsächlich stehen Wissenschaftler:innen bei der Wahl des Veröffentlichungsorgans noch viele weitere Möglichkeiten offen. Qualitätsgesicherte und anerkannte Open-Access-Titel sind nicht nur bei den großen Verlagen zu finden. Zunehmend beginnen sich andere Möglichkeiten der Finanzierung jenseits von Publikationsgebühren zu etablieren. Solche wissenschaftsgeleiteten Veröffentlichungswege, oft als Diamond Open Access oder Scholar-led Publishing bezeichnet, stellen die Autonomie der Wissenschaft in den Fokus.

Entscheidend wird jedoch sein, ob und wie sich Wissenschaft organisiert, um das Publizieren unter dem Paradigma der digitalen Souveräntität voranzutreiben. Den Wissenschaftler:innen kommt dabei eine besondere Rolle zu: Sie erzeugen als Autor:innen, Editoren und Reviewer die Reputation, Qualität und Relevanz von Zeitschriften. In den kommenden fünf Jahren wird es von großer Bedeutung sein, welche innovativen Open-Access-Modelle die Verhandlungsdynamiken bestimmen, um den in der Helmholtz Open Science Policy für Infrastrukturentwicklung verankerten Grundsatz der “Openness by Design“ konsequent weiterzuverfolgen und umzusetzen.

Mehr Informationen:

Wissenschaftliches Publizieren bei Helmholtz: Status Quo, Szenarien für Scholar-led Publizieren: https://doi.org/10.48440/os.helmholtz.073

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