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Standpunkt

Nach der COP29: Aufgeben ist keine Option

Bild: Felix Gross/CAU

Katja Matthes, Direktorin am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Koordinatorin der Dialog-Plattform Helmholtz KLIMA, kommentiert die Ergebnisse der 29. UN-Klimakonferenz.

2024 ist das erste Jahr, in dem die globale Durchschnittstemperatur nachweislich um 1,5-Grad gestiegen ist – trotz der Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen 2015. Weltweit betrachtet ist ein Rückgang der Emissionen nicht in Sicht. Laut Prognosen des Global Carbon Project (GCP) werden die Emissionen im Jahr 2024 voraussichtlich rund 37,4 Milliarden Tonnen CO2 erreichen – ein Anstieg um 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Nicht einmal diese unmissverständlichen Fakten haben dazu geführt, dass bei der COP29 in Baku ein Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verhandelt wurde. Auch die Zusagen für die Klimafinanzierung zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels blieben weit hinter den Erwartungen zurück. Schließlich wurde auch die Stärkung der Verbindungen und Synergien zwischen Klimafinanzierung und Biodiversität aus dem Dokument gestrichen.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist klar: Oberstes Ziel muss weiterhin eine schnelle und drastische Reduktion der Emissionen sein. Deutschland als hochentwickeltes Land kann der Welt zeigen, dass die Transformation möglich ist. Ein CO2-neutrales Deutschland bis 2045 ist noch möglich. Dafür bedarf es eines tiefgreifenden sozialen und wirtschaftlichen Wandels: Deutschland muss ca. 90 Prozent der Emissionen einsparen und für die unvermeidbaren Restemissionen, etwa aus der Zementindustrie, von 50 bis 70 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr Methoden für die aktive Entnahme von CO2 finden.

Der Ozean hält dafür Lösungen bereit. Denn das GCP zeigt auch: Nach wie vor nimmt der Ozean etwa 26 Prozent der globalen CO2-Emissionen auf. Diesen Mechanismus gilt es zu erhalten und zu schützen. Die Forschung untersucht verschiedene marine Ansätze zur gezielten CO2-Entnahme, etwa unter dem Dach der von Bund und Ländern getragenen Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM). Ein Ansatz ist die Wiederherstellung von Seegraswiesen oder anderen küstennahen Ökosystemen. Sie speichern ein Vielfaches an CO2 im Boden im Vergleich zu Wäldern an Land, schützen die Küsten vor verstärkt auftretenden Sturmfluten und erhöhen vor allem die Biodiversität. Außerdem untersuchen Forschende Verfahren zur Alkalinitätserhöhung des Ozeans. Diese imitieren und beschleunigen den natürlichen Prozess der Gesteinsverwitterung und wirken der Ozeanversauerung entgegen. Dadurch steigt die Fähigkeit des Ozeans, CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen und zu binden.

Das größte Potenzial unter den marinen Methoden bietet die Speicherung von CO2 unter dem Meeresboden: Schätzungen gehen davon aus, dass allein in der Deutschen Nordsee etwa 10 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr gespeichert werden könnten. In den letzten Jahren konzentrierte sich die Forschung auf die Quantifizierung der Speicherkapazitäten und die Analyse der damit verbundenen Risiken und Chancen. Die Ergebnisse dieser Forschung bilden eine wichtige Grundlage für die Änderung des Gesetzes, das sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet.

Nicht nur in der Meeresforschung, auch an den anderen Helmholtz-Zentren entstehen Lösungen, um dem Klimawandel entgegenzutreten und mit seinen Folgen umzugehen. Um gemeinsam die besten Lösungsansätze und Handlungsoptionen zu vermitteln hat die Helmholtz-Gemeinschaft ihr Engagement für die Klimaforschung erneuert: Helmholtz Klima bündelt die Expertise aller 18 Helmholtz-Zentren. Als Dialog-Plattform bringt sie fortan Forschende in Deutschland und international, politische Entscheider:innen und zivilgesellschaftliche Akteur:innen zusammen, um im Austausch aktuelle Fragen und Bedarfe der Klimapolitik zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.

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