Direkt zum Seiteninhalt springen

Interview

„Karrierewege müssen vielfältiger werden!“

Katja Matthes ist Direktorin des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. Bild: picture alliance/Axel Heimken

Katja Matthes bewarb sich im Jahr 2009 um die Leitung einer Helmholtz Young Investigator Group – mit Erfolg. Mittlerweile ist die Klimaforscherin Vorständin des Kieler Helmholtz-Zentrums GEOMAR. Im Interview gibt sie einen Einblick, wie sie die frühe Phase ihrer wissenschaftlichen Karriere erlebt hat, welchen Herausforderungen sie gegenüberstand und was wir in der Nachwuchsförderung noch besser machen können.

In welcher Situation befanden Sie sich, als Sie 2009 beschlossen, sich um eine Helmholtz Young Investigator Group zu bewerben?

Katja Matthes: Ich war damals gerade aus den USA zurückgekehrt und hatte mehrere Möglichkeiten. Die Frage war: Sollte ich einen weiteren Postdoc beginnen und ein Thema dafür suchen, oder eher auf meine eigene Agenda für eine Gruppe setzen? Ich war schon vorher relativ selbständig in internationalen Kollaborationen aktiv und mir war klar, dass ich so viele Ideen hatte, dass ich mehr als eine Person brauchte um sie umzusetzen. Das ging nur mit einem Lehrstuhl oder eben mit einer eigenen Gruppe aus Postdocs und Doktorand:innen. Die Helmholtz-Nachwuchsgruppe hat damals für mich ideale Voraussetzungen geboten: neben der wissenschaftlichen Eigenständigkeit und der sehr guten Ausstattung wurde mir auch eine langfristige Perspektive hier in Deutschland geboten. Und so fiel meine Entscheidung auf die Helmholtz-Nachwuchsgruppe.

Welchen Herausforderungen standen Sie in der Anfangsphase der Gruppe gegenüber?

Katja Matthes: Herausfordernd war, drei Personen zum gleichen Zeitpunkt zu rekrutieren, die ich an unterschiedlichen Standorten betreuen musste. Außerdem ist man beim Aufbau so einer Gruppe sehr abhängig davon, wie die ersten Doktorand:innen sich bewähren. Das Gefühl, dass es rund läuft und wir gute Ergebnisse erzielen, hatte ich nach etwa zwei Jahren. Danach bekam ich auch bald den Ruf auf die Professur in Kiel. Besonders geholfen hat mir das Mentoring durch den Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft, der mich in die Organisation eingeführt hat. Noch heute bin ich sehr dankbar für die Betreuung durch meinen Mentor und die vielen spannenden Einblicke, die ich durch durch den regelmäßigen Austausch gewinnen konnte. Mich mit den anderen Nachwuchsgruppenleitungen in der Helmholtz-Akademie für Führungskräfte austauschen zu können, war auch sehr wertvoll. Dadurch wurde mir klar, dass andere vor ähnlichen Herausforderungen standen, wie ich, und ich damit nicht alleine war. Diese Herausforderungen gemeinsam zu lösen, war ein prägendes Erlebnis für mich und ich bin froh, dass einige der Kontakte, die ich damals geknüpft habe, noch bis heute andauern.

Was haben Sie aus Ihrer Zeit als Helmholtz-Nachwuchsgruppenleiterin mitgenommen?

Katja Matthes: Den Spaß an der Arbeit im Team und die Freude daran, Menschen anzuleiten. Es war immer mein Traum, das inhaltliche Puzzle gemeinsam mit anderen zusammenzufügen und dann zu sehen, wie wir im Team vorankommen. Zusammen bewegen wir mehr und sind schneller –  ich würde schon sagen, dass ich das im Kontext der Nachwuchsgruppe gelernt habe. All diese Erkenntnisse haben mir auf meinem weiteren Karriereweg sehr geholfen und ich denke immer noch sehr gerne an die Zeit als Nachwuchsgruppenleiterin zurück.

Wie war es, das erste Mal die Verantwortung für ein Team zu haben?

Katja Matthes: Es war schön, Leute in ihrer eigenen wissenschaftlichen Karriere auf dem Weg zur Selbständigkeit zu begleiten. Ich habe meine Teammitglieder immer als Expert:inen in ihren eigenen Bereichen gesehen und ihnen gesagt: Nach einem halben Jahr müsst ihr besser über eurer Forschungsgebiet Bescheid wissen, als ich. Tatsächlich sind alle meine neun Doktorand:innen in wirklich guten Positionen gelandet, sowohl in der Wissenschaft als auch in der freien Wirtschaft.

Ich war unglaublich stolz bei den ersten Veröffentlichungen und bei der Promotion meines ersten Doktoranden. Ereignisse wie diese waren auch in der Folgezeit immer wieder aufregend für mich. Ich erinnere mich, dass ich auf dem Weg zu einer Verteidigung schon so mit meinen Gedanken bei der Situation war, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben in einer Radarfalle geblitzt wurde.

Was wünschen Sie sich aus ihrer aktuellen Perspektive für die Postdocs von heute?

Katja Matthes: Ein Wissenschaftssystem mit klaren Karrierewegen. Das Modell der Nachwuchsgruppe, das im Idealfall die Leitung eines Forschungsteams mit Lehraufgaben kombiniert, hat dem deutschen System gutgetan. Woran wir noch arbeiten müssen ist die Frage der Anschlussperspektiven. Bestenfalls sollten wir dafür vielfältigere Karrierewege ermöglichen und nicht mehr einseitig auf das klassische Lehrstuhlmodell ausrichten.

Leser:innenkommentare