Standpunkt
„Jetzt kommt es auf die Umsetzung an“

Helmholtz-Präsident Otmar D. Wiestler sieht im Koalitionsvertrag viel Positives und hofft, dass die neue Regierung auch beim Bürokratieabbau ernst macht.
Die im Koalitionsvertrag skizzierten Linien für die Forschungs- und Innovationspolitik der kommenden Legislaturperiode senden ein ermutigendes Signal. Besonders begrüßenswert ist das klare Bekenntnis zum Ausbau des Budgets für Forschung und Entwicklung auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Diese Investitionen sind notwendig, um unser Land für den globalen Wettbewerb zukunftsfähig zu machen. Entscheidend ist dabei, dass diese Finanzmittel auch nach dem Auslaufen der Sondervermögen langfristig gesichert werden, um die kontinuierliche Weiterentwicklung der Forschungslandschaft zu gewährleisten. Von zentraler Bedeutung wird auch sein, ob der Bürokratieabbau konsequent angegangen wird. Wir müssen das „Silicon Valley of Bureaucracy“ in unserem Land endlich aufbrechen – die Vorschläge hierzu liegen auf dem Tisch.
Ein starkes Ministerium, in dem Forschung und Innovation strategisch zusammenlaufen, ist eine weitere konsequente und richtungsweisende Entscheidung für unseren Forschungsstandort. Es ist ein wichtiger Schritt, um diese beiden Bereiche in Deutschland stärker miteinander zu verzahnen und die Chancen aus den Schlüsseltechnologien der Zukunft voll auszuschöpfen. Das klare Bekenntnis zur Forschung auf zentralen Zukunftsfeldern wie Künstliche Intelligenz (KI), Quantentechnologien, Biotechnologie, Gesundheit und die Entwicklung klimaneutraler Energiequellen sind aus unserer Sicht richtungsweisende Weichenstellungen, um den Forschungs- und Innovationsstandort Deutschland nachhaltig zu stärken. KI und ihre Applikationsfelder nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein – sowohl in der Grundlagenforschung als auch in der angewandten Forschung und Industrie. Der Ausbau der Forschungsinfrastruktur, wie zum Beispiel von Hochleistungsrechnern und KI-Zentren oder in Bereichen wie der Materie- und Fusionsforschung, wird entscheidend sein, um in diesen Feldern international führend zu bleiben. Dank unserer besonderen Expertise und intersisziplinären Stärke werden wir einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser Zukunftsthemen leisten - unser Erfolg beruht auch auf einer strategischen Verknüpfung der Forschungsbereiche mit Datenwissenschaften.
Ein weiteres, hervorzuhebendes Element des Koalitionsvertrags ist seine gezielte Ausrichtung auf Forschung als Treiber von Innovation. Die Hightech Agenda, welche Technologieoffenheit und Innovationsökosysteme mit klaren Zielen fördert, wird den Transfer von Forschungsergebnissen in marktfähige Anwendungen beschleunigen. Wir haben langjährige Erfahrung in der Umsetzung solcher Transferprozesse und freuen uns darauf, auch in Zukunft diese aktiv mit voranzutreiben.
Von besonders großer Bedeutung für die weitere Entwicklung des Forschungsstandorts Deutschland ist auch die Gewinnung internationaler Talente. Wir begrüßen das im Koalitionsvertrag festgeschriebene „1.000 Köpfe-Programm“, das darauf abzielt, internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Deutschland zu holen. Dies wird einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, das Land stärker als internationalen Hotspot für Spitzenforschung und Innovation zu etablieren. Die geplante Vereinfachung der Visa-Vergabe für Fachkräfte aus der Wissenschaft ist ein wichtiger Schritt, um eine bessere Willkommenskultur zu schaffen und den internationalen Austausch zu fördern. Gerade in einer Zeit, in der der globale Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkräfte immer intensiver wird, kann die Bedeutung solcher Maßnahmen nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Der Koalitionsvertrag bietet eine solide Grundlage, um Deutschlands Position als führenden Forschungsstandort weiter auszubauen. Nun kommt es darauf an, die formulierten Ziele durch konkrete und gut finanzierte Maßnahmen umzusetzen. Wissenschaftsfreiheit, ein attraktives Umfeld für internationale Talente und der Forschungsdatenaustausch müssen weiterhin im Mittelpunkt stehen, um die Innovationskraft und wissenschaftliche Exzellenz langfristig zu sichern. Die Helmholtz-Gemeinschaft freut sich, diese ambitionierte Zukunftsplanung tatkräftig zu unterstützen.
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