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Dunkle Materie

It’s a kind of magic

Panoramafoto des 250 Meter langen ALPS-Experiments. In der Mitte ist der erste Magnet zu sehen, der für ALPS II im Tunnel installiert wurde. Er trägt die Unterschriften der beteiligten Mitarbeitenden. Foto: DESY, Marta Mayer

Weltweit suchen Forscher nach der rätselhaften dunklen Materie. Auch am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg sind die Physiker den Teilchen auf der Spur. Mit einem Experiment, das an Magie erinnert.

In jeder Sekunde durchqueren rund eine Milliarde Dunkle-Materie-Teilchen unbemerkt unseren Körper – auch jetzt, während Sie diesen Text lesen. Das jedenfalls behaupten Astrophysiker. In den letzten Jahrzehnten haben sie immer mehr Hinweise auf das Wirken von unsichtbarer Materie gefunden: Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße rotieren zu schnell für Berechnungen, die nur die sichtbare Materie berücksichtigen. Viele Galaxien bewegen sich zudem in ihren Verbänden mit zu hohen Geschwindigkeiten, als dass die bekannte Materie ihre starke Anziehungskraft erklären könnte.

Es werden deshalb große Mengen an unsichtbarer Materie vermutet, die mit ihrer Schwerkraft diese Systeme zusammenhalten. Nach heutiger Lehrmeinung ist diese Dunkle Materie eine unbekannte Sorte von Elementarteilchen. Diese haben sich zu riesigen Wolken zusammengeballt, in denen die Galaxien und Galaxienhaufen eingebettet sind. Dunkle Materie macht danach 80 Prozent der insgesamt im Universum vorhandenen Materie aus – die sichtbaren Gaswolken, Sterne und Planeten bilden nur die Spitze des Eisberges.

Bei der Erforschung dieser mysteriösen Teilchen gehen die Physiker verschiedene Wege: So suchen sie nach ihnen mit dem Teilchenbeschleuniger LHC in Genf, wo in den Trümmern der mit enormer Energie zusammenprallenden Protonen regelmäßig neue Teilchen entstehen – darunter auch, so hoffen die Forscher, ebenjene Teilchen der Dunklen Materie. Astrophysiker fahnden am Himmel nach charakteristischer Strahlung, die beim Zerfall von Dunkle-Materie-Partikeln frei werden könnte. 

Die Dunkle-Materie-Teilchen sind sehr wahrscheinlich elektrisch neutral und gehen mit normaler Materie so gut wie keine Wechselwirkung ein. Anders gesagt: Sie durchqueren alle Körper im Universum nahezu ungehindert, was ihren Nachweis bislang verhindert hat. Forscher sprechen in diesem Fall von Weakly Interacting Massive Particles (WIMP), die etwa die Masse von schweren Atomen besitzen sollten. Es gibt aber neben diesen Kandidaten noch eine ganz andere Gruppe von Verdächtigen, die sogenannten Axionen.

Der erste Hinweis auf die mögliche Existenz von Axionen kam bereits vor über 30 Jahren aus der Theorie der Elementarteilchen. Sie sollen eine deutlich geringere Masse als WIMPs haben, aber ähnlich wie diese kaum mit herkömmlicher Materie interagieren. Andreas Ringwald von DESY sorgte vor ein paar Jahren unter Fachleuten für Aufsehen, nachdem er zusammen mit Kollegen aus Ungarn und Deutschland den Massebereich berechnete hatte, in dem man Axionen suchen muss. Die geballte Kraft des Supercomputers Juqueen am Forschungszentrum Jülich verhalf dem Team zum Erfolg. In aufwändigen Simulationen berechneten sie das Zusammenspiel kleinster Teilchen nach den komplizierten Regeln der Quantentheorie. Nach den Ergebnissen besitzen die Axionen rund 1014-mal weniger Masse als die WIMPs. Wenn sie allein die gesamte Dunkle Materie stellen sollten, müssten dementsprechend auch 1014-mal mehr Axionen vorhanden sein als WIMPs. „Damit wären sie die mit Abstand häufigsten Teilchen im Universum“, sagt Ringwald.

Trotz der enormen Vielzahl erfordert der Axionen-Nachweis – immer vorausgesetzt, sie existieren wirklich – sehr große Anstrengungen. Das empfindlichste Gerät hierfür namens Any Light Particle Search (ALPS) ist nun am DESY in Betrieb gegengen. Das Messprinzip folgt einer theoretischen Vorhersage, die an Magie erinnert: Lichtteilchen können sich in einem starken Magnetfeld spontan in Axionen umwandeln und wieder zurück. Das machen sich die Forscher:innen bei ALPS zunutze. Das Instrument besteht aus einer etwa 200 Meter langen Röhre, die in der Mitte eine lichtdichte Wand besitzt. Drumherum platzieren die Forscher starke Magnete. Dann strahlen sie in die erste Kammer der Röhre senkrecht zum Magnetfeld einen intensiven Laserstrahl ein. Wenn sich dabei ein Axion bildet, kann es die Wand durchqueren, gelangt in die zweite Röhrenkammer und kann sich dort in ein Lichtteilchen zurück verwandeln. Die Beobachtung dieses Photons wäre dann der indirekte Nachweis des Axions.  

„Wir benötigen die zweite, vollkommen dunkle Kammer, um das lichtschwache Photon nachweisen zu können“, sagt Axel Lindner vom DESY. Und dabei kommt es wirklich auf jedes Photon an: „Trotz der enormen Häufigkeit der Axionen erwarten wir nur etwa ein Photon pro Woche.

Xenon1T und ALPS II bewegen sich am Rande des technisch Machbaren. WIMPs und Axionen sind hypothetische Teilchen, die nicht im heutigen Standardmodell enthalten sind, das die bekannten Elementarteilchen und die zwischen ihnen wirkenden Kräfte beschreibt. Gibt es die Dunkle-Materie-Teilchen wirklich, so sind sie der Schlüssel zu einer neuen Physik. „Ihre Entdeckung wäre eine Sensation und würde der Physik ein völlig neues Feld eröffnen“, so Andreas Ringwald.  

Licht-durch-die-Wand-Experiment ALPS startet Suche nach Dunkler Materie

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