Standpunkt
Herkulesaufgabe Transformation des Energiesystems
Ein Kommentar von Holger Hanselka, Präsident des Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Vizepräsident des Forschungsbereichs Energie der Helmholtz-Gemeinschaft
Im Energiewirtschaftsgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird sie gleich im ersten Paragraphen benannt: die sichere Versorgung der Allgemeinheit mit Energie. Gleichzeitig soll die Energieversorgung weitere Bedingungen erfüllen: sie soll möglichst bezahlbar, verbraucherfreundlich, effizient, umweltverträglich und treibhausgasneutral sein. Die Versorgungssicherheit drückt also das energiepolitische Ziel aus, dass jedem Verbraucher im Energiesystem möglichst zu jeder Zeit und unter diesen Bedingungen ausreichend Energie zur Verfügung steht. Um den Spagat zwischen dem Hochlauf der erneuerbaren Energien und dem gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle und Kernkraft zu schaffen, hatten vergangene Bundesregierungen, ebenso wie die aktuelle in ihrem Koalitionsvertrag, auf Erdgas als vermeintlich zuverlässige Brückentechnologie gesetzt. Seit dem 24. Februar 2022, seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine, stehen wir jedoch vor einer Zeitenwende: Gas aus russischen Pipelines müssen wir aktuell vollständig aus unserer Gleichung für die deutsche und europäische Energiewende streichen. Zu welchem Preis wir über den Import von flüssigem Erdgas (engl.: Liquid Natural Gas, LNG) die Verlagerung zu anderen Importländern schaffen und die offene Versorgungslücke vollständig schließen können, ist noch offen.
Wichtig ist es nun, mögliche Fehler der Vergangenheit an anderer Stelle nicht zu wiederholen. Zu diesen Lehren gehört, dass wir unsere Energieimporte in Zukunft stärker diversifizieren müssen. Das trifft nicht nur auf Erdgas zu, das weiterhin und auch noch für längere Zeit eine wichtige Rolle als Brückentechnologie spielen wird. Deutschland wird auch in Zukunft Energieimportland bleiben, denn das Potenzial für die Erzeugung von erneuerbaren Energien in Deutschland ist vergleichsweise gering. Das liegt zum einen an der hohen Bevölkerungsdichte und der damit einhergehenden Beschränkung verfügbarer Flächen. Vor allem aber begrenzt die geographische Lage die Energieerzeugung aus Wind-, Solar und Wasserkraft. Damit wird klar, dass wir für die Transformation unseres Energiesystems europäische und internationale Lösungen finden müssen. Wir müssen daher frühzeitig diverse Partner für unsere zukünftige Versorgung mit grünem Wasserstoff, weiteren synthetischen Energieträgern, Grundstoffen für die Chemie oder erneuerbarem Strom gewinnen und dabei unterstützen, die Produktion in diesen Ländern aufzubauen. Die neue Partnerschaft mit Norwegen in Sachen Wasserstoff ist ein erster Schritt dafür. Gerade bei der Fokussierung auf den zu importierenden grünen Wasserstoff gilt es dabei aber unbedingt, die notwendigen Mengen und Volumina auch mit Blick auf die möglichen Importe realistisch einzuschätzen, um hier keiner Illusion zu verfallen.
Wenn man sich vor Augen hält, dass vom gesamten Primärenergieverbrauch (PEV) im Jahr 2021 (ca. 3440 TWh) nur ungefähr 16% aus Erneuerbaren Energien stammte und ca. 70% importiert werden musste, kann abgeleitet werden, von welcher Herkulesaufgabe hier gesprochen wird. Betrachtet man weiter, dass im selben Jahr nur etwa 15% des PEV als nutzbarer Strom zur Verfügung standen, so offenbart sich die Deckungslücke (AGEB 2022).
Die Ausschöpfung unserer heimischen Potenziale für die erneuerbare Energieerzeugung sollte daher höchste Priorität haben. Bis 2030 benötigt Deutschland zwischen 435 und 615 TWh Strom aus erneuerbaren Energien (in 2021 waren es 234 TWh) (Graichen et al. 2021). Dieses Ziel für die Stromerzeugung hat die Bundesregierung für das Jahr 2030 im Frühjahr 2022 entsprechend beschlossen. Wir müssen also weitere Erneuerbare Energien Technologien ins Spiel bringen: Beispielsweise wird die Biomasse insbesondere beim Übergang auf Power-to-Liquid-Produkte eine wichtige Funktion einnehmen, kann diese aber auf Grund ihrer mengenmäßigen Begrenztheit nicht ersetzen. Auch die Geothermie hat Potenzial und kann zukünftig eine Rolle im Energiesystem Deutschlands einnehmen. Grüner Wasserstoff wird sicherlich eine Rolle spielen, macht er es doch möglich, den Ertrag der fluktuierenden erneuerbaren Stromerzeugung durch PV oder Windkraftanlagen mittels Elektrolyse in den speicher- und transportierbaren Energieträger Wasserstoff umzuwandeln. Expertinnen und Experten sind noch uneins, wie groß die Rolle sein wird. Der nationale Wasserstoffrat beispielsweise prognostiziert bis 2040 ungefähr 600 TWh grün produzierten Wasserstoff (NWR Aktionsplan 2021), der aber zu 100% importiert wird. Diese Abschätzung macht deutlich, dass auch Wasserstoff alleinig nicht den Wandel unseres Energiesystems ausmachen wird.
Vor diesem Hintergrund müssen auch Fragen wie:
- ist es wirtschaftlich und klimapolitisch vertretbar, LNG (welches z.T. mit Fracking gewonnen wird und 20% Energieaufwand bei der Verflüssigung ausweist) vom Weltmarkt einzukaufen und gleichzeitig heimische Erdgasvorkommen, die mit Fracking erschlossen werden können, außer Acht zu lassen?
- ist es aus Sicht der kurz- und mittelfristigen Versorgungssicherheit und des CO2-Ausstosses sinnvoll, die 3 noch laufenden Kernkraftwerke jetzt vom Netz zu nehmen und statt dessen die Stromproduktion über Kohlekraftwerke hochzufahren? Wie sieht hier die energiewirtschaftliche Bilanz aus, wo kommen die Ressourcen für die Kernkraftwerke her?
gestellt werden dürfen. Um auf verantwortungsvolle Antworten und damit auf Empfehlungen kommen zu können, bedarf es einer wissenschaftlichen Bewertung und Begleitung dieser und vieler weiterer Themenkomplexe zur Transformation des vernetzten Energiesystems.
Ein weiteres wichtiges Thema betrifft die Ausbaugeschwindigkeit der Erneuerbaren Energien: Wie sehr wir vom Erreichen der Ausbauziele für das Jahr 2030 entfernt sind, hat jüngst der Expertenrat für Klimaschutzfragen in seinem aktuellen Zweijahresgutachten (ERK 2022) festgestellt: Der Zubau mit Photovoltaik- sowie Windkraftanlagen an Land und auf See müsste ab sofort massiv an Tempo zulegen im Vergleich zu den letzten Jahren, um den notwendigen Ausbau der Erneuerbaren bis 2030 noch zu erreichen. Damit identifizieren die Expertinnen und Experten eine „erhebliche Erfüllungslücke“ für die Minderungsziele bei den Treibhausgasen. Damit der schnellere Ausbau dennoch gelingen könnte, müssten Genehmigungsverfahren außerordentlich beschleunigt werden. Dieser zentrale Punkt kann zum Flaschenhals werden und ist zu Recht im Fokus der aktuellen Bundesregierung. Zudem müssen Produktionskapazitäten für Solar- und Windanlagen aufgebaut werden und wir benötigen Fachkräfte, die die neuen Anlagen installieren und instandhalten können.
Flexibilitätsoptionen
Mit dem alleinigen Ausbau von Erzeugungsanlagen für erneuerbaren Strom ist es aber noch lange nicht getan. Die fluktuierende Stromerzeugung aus Erneuerbaren stellt das Energiesystem vor ganz neue Herausforderungen: Die Energiebereitstellung aus fluktuierenden Erneuerbaren Energien kann zeitlich versetzt zum Energiebedarf geschehen. Ebenso wichtig ist es, Dunkelflauten überbrücken zu können, in denen zu wenig Sonnen- und Windenergie ins System gespeist werden, um den Bedarf zu decken. Sogenannte Flexibilitätsoptionen müssen daher breitflächig installiert werden. Dazu gehören Stromwandlungstechnologien (Power-to-X), die den erneuerbaren Strom in andere Energieformen wie Wasserstoff, synthetische Brennstoffe oder warmes Wasser umwandeln. Dazu gehören auch Strom-, Wärme- und Gasspeicher, die Energie über Wochen oder Monate festhalten. Ferner flexibel betreibbare Gaskraftwerke und die Möglichkeit, Verbraucher im Energiesystem flexibel an- oder abzuschalten.
Letzteres setzt ein vernetztes, „smartes“ Energiesystem unter Einsatz digitaler Technologien voraus. Zentraler Baustein dafür sind intelligente Stromnetze, sogenannte „Smart Grids“, in denen Stromerzeugung, -speicherung, und -verbrauch orchestriert und aktiv gesteuert werden können. Das kann beispielsweise bedeuten, dass Ladezeitpunkt und Ladestrom eines Elektroautos – innerhalb von zuvor vereinbarten Rahmenbedingungen – durch das Netz gesteuert werden bzw. durch Preissignale entsprechend in Echtzeit angereizt werden. Ebenso soll es gleichermaßen möglich sein, flexible stromintensive Industrieprozesse automatisiert hoch- und herunterzufahren. Ziel dieser Maßnahmen ist es, Leistungsschwankungen im Netz auszugleichen, um dessen Stabilität zu gewährleisten. Eine Grundvoraussetzung dafür ist die Installation der entsprechend „smarten“ Informations- und Kommunikationstechnologie. Dazu gehören beispielsweise intelligente Stromzähler, sogenannte „Smart Meter“. Regulatorische Hürden und Bedenken in der Gesellschaft haben jedoch dazu geführt, dass Deutschland bei der Digitalisierung seines Energiesystems im europäischen Vergleich zu den Schlusslichtern gehört. Um diesen Zustand zu überwinden, hat das Bundeskabinett im Januar einen Gesetzentwurf zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende verabschiedet. Zentraler Punkt sind hier die dringend benötigten „Smart Meter“, deren Rollout in die Praxis vereinfacht werden soll.
Auch dürfen wir Zukunftsoptionen wie die Kernfusion nicht aus dem Auge verlieren, die genau den fehlenden Teil unseres Energiebedarfs decken könnten und zur Grundlaststabilität beitrügen. Derzeit sind neben den gemeinsamen internationalen Verbundaktivitäten wie ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) nationale Alleingänge unter anderem in den USA, Großbritannien und China zu beobachten. Deutschland hat hier eine technologische Spitzenstellung. Diese gilt es zu nutzen.
Mit der Einführung technischer Lösungen allein ist es nicht getan: Eine weitere nicht minder wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Umbau des Energiesystems sind langfristig verlässliche Rahmenbedingungen. Dort, wo der gesamtwirtschaftlich effiziente Einsatz behindert wird, braucht es finanzielle Anreize für Verbraucher und Industrie, damit sie ihre Geräte und Anlagen dem Markt und dem Netz als Flexibilitätsoption zur Verfügung stellen. Dazu müssen die Marktbedingungen insbesondere im Strommarkt angepasst werden. Auch hier gehört Deutschland im europäischen Vergleich zu den Ländern mit schlechten Voraussetzungen für den klimaneutralen Umbau des Energiesystems (REA 2021). Doch auch hier kann der neue Gesetzentwurf zur Digitalisierung des Energiesystems die benötigte Flexibilisierung anstoßen: Durch den verstärkten Rollout der „Smart Meter“ in die breite Anwendung wird der Energiewirtschaft ermöglicht, dynamische Stromtarife auch für Haushalte umzusetzen. Transparente Preissignale sind eine Grundvoraussetzung, um nachfrageseitige Flexibilitätspotenziale in einem von erneuerbaren Energien bestimmten Energiesystem zu heben.
Doch auch stoffliche Energieträger wie grüner Wasserstoff und andere synthetische Energieträger werden in Zukunft eine bedeutende Rolle im Energiesystem einnehmen. Die Umstellung von fossil auf erneuerbar wird in diesem Bereich mit erheblichen Veränderungen einhergehen. Lieferketten, Anlagen und Infrastrukturen müssen angepasst oder neu errichtet werden. Ebenso Regelwerke, Normen und Standards. Auf Seiten der Herstellung der Energieträger ist außerdem eine enge Kopplung mit dem Angebot an erneuerbarem Strom gegeben. Zusammengenommen ist daher ein hohes Maß an Koordination und das Verfolgen einer gemeinsamen Strategie insbesondere auf europäischer Ebene dringend nötig. Es wird die Aufgabe der Politik sein, diese Koordinationsrolle zu übernehmen und verlässliche Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten.
Senkung des Energieverbrauchs
Gas- und Stromeinsparungen helfen kurzfristig, der Verknappung und der Verteuerung von Energie entgegenzuwirken. Sowohl die Sektoren Industrie als auch Haushalte und Gewerbe erreichten über die letzten Monate eine ca. 20 % Reduzierung des Gasverbrauchs im Vergleich zum Durchschnitt der Vorjahre 2018-2021 wie die Daten der Bundesnetzagentur zeigen (Bundesnetzagentur 2023). Aktuell schrumpfen die Einsparungen auf ungefähr 13%. Haushalte und Gewerbe scheinen hier stärker von der Witterung abhängig zu sein und so in den kälteren Wochen geringere Einsparerfolge als die Industrie vorweisen zu können. Andererseits stellt sich die Frage, wie lange die Industrie Gas einsparen kann, ohne ihre wirtschaftliche Existenz zu gefährden. Für diesen Winter scheinen die Sparmaßnahmen zum Erfolg zu führen. Gleichzeitig müssen wir mit Blick auf die kommenden Winter alles daransetzen, dauerhaft tragfähige Lösungen zu schaffen, um die aktuelle Mangellage zu überwinden.
Alle Energieeinsparungen, die mittel- und langfristig Bestand haben, erhöhen unsere Energieversorgungssicherheit, denn letztlich müssen eingesparte Kilowattstunden Energie nicht erzeugt oder importiert werden. Handelt es sich dabei nicht nur um eine reine Verlagerung beispielsweise der industriellen Produktion ins Ausland, gehen Energieversorgungssicherheit und Klimaschutz tatsächlich Hand in Hand. Wollen wir die ambitionierten Klimaschutzziele für das Energiesystem im Jahr 2045 erreichen, werden die Einsparungen von Energie ein wichtiges Werkzeug sein. Umfangreiche Effizienzmaßnahmen müssen hier in allen Sektoren umgesetzt werden. Hierzu zählen beispielsweise veränderte Industrieprozesse, Sanierung des Gebäudebestands, eine konsequente Abwärmenutzung z.B. mit Wärmepumpen oder effizientere Fahrzeuge im Verkehr. Häufig werden Effizienzgewinne jedoch durch sogenannte Rebound-Effekte, also einen erhöhten Verbrauch durch Wohlstandseffekte und dadurch verändertes Verbraucherverhalten, wieder geschluckt. Die Transformation des Energiesystems muss weiter gefasst werden: Letztlich muss das gesamte Leben der Weltengemeinschaft klimaneutral werden.
Reduktion der Rohstoffabhängigkeiten
Wir sollten die Lehre aus der zu einseitigen Versorgung mit Erdgas unbedingt auch auf unsere Versorgung mit weiteren Rohstoffen übertragen. Technologien für ein erneuerbares Energiesystem benötigen eine deutlich größere Vielfalt an Rohstoffen als Technologien für ein fossiles Energiesystem und werden entsprechend in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Nur einen Bruchteil davon können wir in Europa wirtschaftlich fördern. Die Europäische Union führt daher seit 2011 eine Liste von „kritischen Rohstoffen“. Für die darauf aufgeführten Rohstoffe sieht die EU sowohl eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung für den europäischen Wirtschaftsraum als auch ein erhöhtes Versorgungsrisiko. Dazu gehören Seltene Erden für Windräder, Graphit und Lithium für Batterien oder Platingruppenmetalle für Elektrolyseure. Die Liste ist seit 2011 von ursprünglich 14 auf inzwischen 30 kritische Rohstoffe angewachsen (EUR-Lex - 52020DC0474 – EN 2020). Für 19 kritische Rohstoffe ist die Volksrepublik China der weltweit größte Erzeuger. Deren Verknappung oder gar Lieferausfälle würden die Umsetzung der Energiewende massiv gefährden.
Heimische Rohstoffe aus Deutschland und Europa werden diese Versorgungslücke nicht schließen können. Europa sollte daher eine gemeinsame Strategie verfolgen, um Lieferländer für Rohstoffe, die für den Industriestandort dringend benötigt werden, künftig stärker zu diversifizieren. Hoffnung macht der Fund des wohl größten europäischen Vorkommens Seltener Erden in Schweden. Sie schlummern am Polarkreis in der Tiefe und könnten Europa in eine Führungsrolle bei der industriellen Produktion führen. Zusätzlich müssen wir Verfahren entwickeln, um Rohstoffe aus Schrott und Abfällen energieeffizient und wirtschaftlich wiederzugewinnen, der Produktion wieder zuzuführen und auf diese Art Rohstoffkreisläufe zu schließen.
Was Forschung leisten muss
Die Energieforschung leistet in allen zuvor genannten Feldern entscheidende Beiträge zur Transformation des Energiesystems. Das große Ziel der Energieforschung ist es, die Herausforderungen der Energiewende möglichst umfassend zu begreifen, Wege zur Umsetzung aufzuzeigen und an den entscheidenden Stellen durch technische oder systemische Innovationen zusätzliche Optionen anzubieten.
Innerhalb der Energieforschung kann als Daumenregel eine Untergliederung zwischen Systemforschung und Technologie- und Materialforschung ausgemacht werden. Die Systemforschung unterstützt mit Hilfe computergestützter Modelle und Simulationen Politik und Wirtschaft dabei, das Energiesystem als Ganzes oder Teile davon zu verstehen. Mit diesem Wissen können Entscheidungsträger geeignete Schritte zur Transformation des Energiesystems planen. Wichtig ist dabei, nicht nur Technologie und Ökonomie im Blick zu haben. Umgesetzt werden kann die Transformation nur in einem funktionierenden gesellschaftlichen Rahmen. Es ist daher von großer Wichtigkeit, gesellschaftliche Zusammenhänge und Aspekte, wie Akzeptanz und Verbraucherverhalten besser zu verstehen und in die Energieszenarien einfließen zu lassen.
Eng verknüpft mit der Systemforschung ist die Entwicklung von Netztechnologien (Strom-, Gas/H2-, Wärmenetze hin zu CO2-Netzen). Ein erneuerbares Energiesystem stellt hinsichtlich Vernetzung und Steuerung ganz neue Anforderungen an die Transport- und Verteilnetze. In Reallaboren kann die Energieforschung diese Energienetze der Zukunft simulieren. So können neuartige Komponenten und Steuerungswerkzeuge getestet werden, ohne den bestehenden Netzbetrieb zu gefährden.
Zudem entwickeln Forschende in den Ingenieur- und Materialwissenschaften Lösungen für die vielfältigen technologischen Herausforderungen, die entlang des Energiesystems von den Ressourcen, der Erzeugung, über die Umwandlung, den Transport und der Speicherung bis hin zu effizientem Verbrauch und Recycling bestehen. Die Forschenden arbeiten dabei häufig sehr anwendungsnah und in enger Kooperation mit Industriepartnern, um einen schnellen Transfer der Forschungsergebnisse in die Anwendung zu unterstützen.
Die Energiewende ist eine Herkules-Aufgabe, deren Lösung bis zur Klimaneutralität noch viele Fragen bereithält. Deswegen müssen wir die volle technologische Vielfalt nutzen und europäische beziehungsweise internationale Lösungen für das Energiesystem finden, die aus einem ganzheitlichen Blick auf das Energiesystem mit und für die Gesellschaft entstehen.
Als Energieforschende sehen wir uns in der Verantwortung durch enge Zusammenarbeit mit Industrie und Politik, einen wesentlichen gesellschaftlichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende allgemein und zur Sicherung der Energieversorgung im Speziellen zu leisten.
Großer Dank geht an Dominik Soyk und Katharina Schätzler vom Helmholtz Energy Office für die fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung des Artikels.
Literatur:
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