Meerestiere
Eine Nummer kleiner
Eine Forschergruppe um den US-Wissenschaftler Craig McClain hat verlässliche Daten zur Größe von Meeresriesen gesucht. Ihre Ergebnisse stellen so manche Überlieferung in Zweifel.
Mit Polizeichef Martin Brody wollte damals in den 70ern wirklich niemand tauschen. Er wusste schon früh, dass hinter dem Tod einer jungen Schwimmerin nur eine Hai-Attacke stecken konnte und drang darauf, die Strände des Seebads Amity zu schließen. Doch der Bürgermeister wehrte ab. Er befürchtete, dass in der bevorstehenden Badesaison die Touristen ausbleiben könnten – und damit war klar, dass weitere Menschen ihr Leben lassen würden. Im ersten Teil des Blockbusters „Der weiße Hai“ erlegte Martin Brody das ungewöhnlich große Exemplar schließlich nach einer spektakulären Jagd auf offener See – und ein weiteres Mal prägte Hollywood das Bild von einem Ungeheuer der Meere. Blutrünstig müssen sie sein und vor allem riesig, um ihre Zwecke für Horrorfilme zu erfüllen. Dass die Längenangaben zu vielen Meerestieren nicht nur in populären Medien, sondern selbst in wissenschaftlicher Fachliteratur oft deutlich übertrieben sind, hat jetzt eine Forschergruppe um den Meeresbiologen Craig McClain vom Science National Evolutionary Synthesis Center im amerikanischen Durham belegt. In einer Studie, die Mitte Januar im Open- Access-Magazin PeerJ veröffentlicht wurde, zeigen die Wissenschaftler, dass es beachtliche Unterschiede gibt zwischen der tatsächlich nachweisbaren Größe von Meerestieren und den spektakulären Überlieferungen. Für den Weißen Hai etwa konnten sie eine Maximalgröße von rund sieben Metern bestätigen, nicht die acht Meter, die oft – wie auch im Film – kolportiert werden. Bei Riesenkalmaren ist der Studie zufolge eine maximale Länge von zwölf statt knapp 18 Metern haltbar. Und ein Walhai kommt auf höchstens 19 statt 21 Meter.
Insgesamt hat das Team Längenangaben für 25 Arten gesammelt. Bei ihrer Recherche haben die Wissenschaftler nicht nur mit Kollegen gesprochen, sondern auch Angaben zu Museumsstücken berücksichtigt und verschiedene Datenbanken durchsucht. So konnten sie zeigen, dass vor allem ältere Quellen oft wohl allzu sensationelle Maße angeben. Dazu kommt, dass die meisten Tiere einer Art die Maximalgröße überhaupt nicht erreichen: Der Weiße Hai zum Beispiel wird im Schnitt um die vier Meter groß. Und welches Meerestier ist nun tatsächlich das größte? Da sind die Forscher eher vorsichtig. Die Gelbe Haarqualle ist ein vielversprechender Kandidat. Mit ihren Tentakeln könnte sie eine maximale Ausdehnung von fast 37 Metern erreichen und dürfte damit länger sein als jedes andere Meereslebewesen. Allerdings stammen die Aufzeichnungen zu dem langen Wesen aus dem Jahr 1865. Wie in diesem Fall gemessen wurde, ist nicht belegt. Deshalb ist das Team von Craig McClain skeptisch, ob dieser Wert stimmt. Etwas genauer lassen sich die Maße des Blauwals belegen. Mehrere Exemplare sollen es auf über 30 Meter gebracht haben. In zwei Fällen wurden sogar 33 Meter Länge gemessen.
Ein Restzweifel bleibe in diesen Fällen bestehen, meinen die Forscher. Und endgültige Klarheit könne es derzeit ohnehin nicht geben: Die Weltmeere sind immer noch weitgehend unerforscht. Vielleicht schwimmen in den Tiefen der Ozeane Lebewesen, von denen wir noch gar nichts wissen. Ein kleiner Grusel darf also bleiben, wenn wir beim nächsten Strandbesuch in die Wellen steigen und an die Titelmelodie des weißen Hais denken.
Ein Restzweifel bleibe in diesen Fällen bestehen, meinen die Forscher. Und endgültige Klarheit könne es derzeit ohnehin nicht geben: Die Weltmeere sind immer noch weitgehend unerforscht. Vielleicht schwimmen in den Tiefen der Ozeane Lebewesen, von denen wir noch gar nichts wissen. Ein kleiner Grusel darf also bleiben, wenn wir beim nächsten Strandbesuch in die Wellen steigen und an die Titelmelodie des weißen Hais denken.
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