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Foundation Models

Ein KI-Modell für den globalen Kohlenstoffkreislauf

Auch die Daten von TanDEM-X fließen in das Foundation Model ein. Bild: DLR

Ein neues KI-Basismodell soll helfen, die globalen Kohlenstoffkreisläufe besser zu verstehen und Vorhersagen zu künftigen Veränderungen zu machen. Das Projekt braucht vor allem eines: Eine Menge qualitativ hochwertiger Daten aus unterschiedlichen Quellen.

Anfang Februar meldete der Copernicus Climate Change Service, die durchschnittliche globale Oberflächentemperatur habe zwischen Februar 2023 und Januar 2024 dauerhaft 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau gelegen. Das vielzitierte 1,5-Grad-Ziel, es ist Realität.

Hauptgrund für die Klimaerwärmung sind dramatische Veränderungen in den globalen Kohlenstoffspeichern, insbesondere das Verbrennen fossiler Brennstoffe und die daraus folgende Emission von Kohlendioxid in die Atmosphäre. Durch den Klimawandel und menschliche Landnutzung verändern sich auch andere natürliche Kohlenstoffspeicher. Die Wechselwirkungen sind komplex, der globale Kohlenstoffkreislauf ist noch längst nicht verstanden. „Nur wenn wir die globalen Bewegungen von Kohlenstoff zwischen den Speichern verstehen, können wir unser Klima zumindest halbwegs steuern und der Klimakrise wirksam entgegentreten“, sagt Guido Große, Geologe und Permafrostexperte am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Potsdam. Momentan wüssten wir zwar, wie viel Kohlenstoff durch den Verbrauch fossiler Brennstoffe freigesetzt wird, „doch wie sich die ebenfalls sehr großen Speicher in der Vegetation und den Böden saisonal, regional und global verändern, ist bislang für ein echtes Kohlenstoffmanagement zu wenig erfasst. Entsprechend wird dies in Klimamodellen derzeit zu ungenau berücksichtigt,“ so Große.

Abhilfe schaffen soll ein von Große geleitetes dreijähriges Projekt innerhalb der Helmholtz Foundation Model Initiative. Foundation Models sind spezielle Modelle im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI), die mithilfe riesiger Datensätze trainiert werden. Dieses breite aber noch relativ unspezifische Grundlagentraining befähigt die KI-Modelle, im Anschluss eigenständig komplexe Muster und Zusammenhänge zu erkennen. Dadurch können sie ihr umfassendes Wissen aus dem Training auf viele unterschiedliche Aufgaben anwenden – sogenannte Downstream Tasks, auf die sie vorab gar nicht trainiert wurden. Für diese Aufgaben benötigen sie oft nur eine kleine Menge zusätzlicher, spezifischer Daten, um effektiv zu arbeiten. Das unterscheidet Foundation Models von klassischen KI-Anwendungen.

In Permafrostböden macht die Wärmemenge zwar nur neun Prozent der kontinentalen Wärmespeicherung aus, doch der Anstieg in den letzten Jahren verstärkt das Auftauen des Permafrostes und damit die Freisetzung von Treibhausgasen. (Bild: AWI / Julia Boike)

Unter dem Namen 3D Above and Below Ground Carbon Stocks (3D-ABC) entwickeln Große und sein Team ein Foundation Model für die Erfassung und Visualisierung des globalen terrestrischen Kohlenstoffbudgets vor allem aus Fernerkundungsdaten und großen Datenbanken zu Biomasse und Bodenkohlenstoff, sowie der Kohlenstoffflüsse von Vegetation und Böden. Von den Spitzen der tropischen Regenwälder über die borealen Wälder Nordamerikas und die europäischen Moorgebiete bis tief hinein in die Permafrostböden der sibirischen Tundra soll das KI-basierte Grundlagen-Modell mit Hilfe der riesigen Datenmengen die großen terrestrischen Kohlenstoffspeicher zunächst erfassen. In das Modell eingehen sollen Satellitenbild- und Laserdaten, Multicopter und Bodensensoren liefern seit Jahren zusätzliche relevante Informationen. Noch dazu wird die Fernerkundung Jahr für Jahr hochauflösender und leistungsstärker, die beobachtbaren Zeiträume werden länger. Mittlerweile sind die Datenmengen allerdings zu gewaltig, als dass der Mensch allein mit ihnen umgehen könnte. Beteiligt sind neben dem AWI auch das Forschungszentrum Jülich, das Deutsche GeoForschungsZentrum, das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Vor allem in der Erforschung der Permafrostböden sieht Große zentrale Bedeutung. Schließlich zählen sie zu den weltgrößten Kohlenstoffspeichern und lagern derzeit etwa 1.600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – fast doppelt so viel wie die Atmosphäre (880 Milliarden Tonnen). Da sich die Arktis deutlich schneller erwärmt als der globale Durchschnitt, sind die Permafrostböden besonders anfällig für Veränderungen. Erosion an Flussufern und Küsten sowie das stete Auftauen der Landschaft machen alten, bislang verschlossenen Kohlenstoff zugänglich für Mikroben – und so gelangt er letztlich in die Atmosphäre und verstärkt die Klimakrise. Zwar geschehe diese mikrobielle Freisetzung nicht von heute auf morgen, aber trotzdem „ist sie in den aktuellen Klimamodellen noch nicht berücksichtigt“, sagt Große.

„Den Ist-Zustand zu dokumentieren sei jedoch erst der Anfang des Foundation Models, so der Geologe. Die Kernfrage lautet: Wie verändern sich diese großen Kohlenstoffspeicher in der Zukunft; in einer wärmeren Welt, in der auch noch mehr Wald mehr abgeholzt und in bestimmten Regionen intensivere Landwirtschaft betrieben wird?“ Längst ist bekannt, dass viele Landspeicher jedes Jahr einem großen Kohlenstofffluss unterliegen. Manche Regionen sogar so stark, dass einige Kohlenstoffsenken zumindest temporär zu großen Kohlenstoffquellen werden: Anstatt das Kohlendioxid aus der Atmosphäre zu binden, wird es aus bestimmten Ökosystemen in hohem Maße emittiert. „Auch hier ist aktuell kein Klimamodell in der Lage, die teils sehr schnellen Entwicklungen wie zum Beispiel Veränderungen in der Landnutzung oder die Abholzung der Regenwälder, die sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch verstärken könnten, verlässlich und detailliert zu simulieren“, sagt Große. Künstliche Intelligenz, die auf die großen wissenschaftlichen Beobachtungsdatenschätze aus Satellitenmissionen und Feldstudien baut, könnte hier Abhilfe schaffen.

Prof. Dr. Guido Grosse, Leiter der Sektion Permafrostforschung am AWI. Bild: AWI

Dabei sind genau solche Informationen – zeitnah, hochauflösend und allgemein verständlich bereitgestellt – unerlässlich für Politik und Wirtschaft, um effiziente Maßnahmen für Klimaschutz und -adaption zu treffen: Welche Senken müssen wir konsequenter schützen? Welche Quellen vermeiden?

Genau dafür soll 3D-ABC die Grundlagen schaffen. Mittels den harmonisierten Daten der großen Satellitenmissionen Landsat und Sentinel-2 sowie der deutschen TanDEM-X Radar Satellitenmission wird das Foundation Model in einem ersten Schritt darauf trainiert, die weltweit Landbedeckung und die Vegetationshöhen im Amazonas-Regenwald sowie der Tundra und Taiga möglichst genau zu verstehen und wiederzugeben. Was wächst wo wie hoch und wie dicht? Anhand solcher Informationen soll das Modell lernen, die Biomasse zu bestimmen und detaillierte Rückschlüsse auf das über- und unterirdische Kohlenstoffbudget ziehen. Fernerkundungsdaten, etwa von Satelliten und Drohnen, erfassen zudem Veränderungen in der Landoberfläche. Große Brände, der Ausbau von Infrastruktur, Erosion oder Insektenbefall können innerhalb weniger Tage, Wochen oder Monate großen Schaden für die Vegetation bedeuten. Das wiederum beeinflusst die lokalen Kohlenstoffspeicher. Die letzte Projektphase widmet sich den Kohlenstoffflüssen. „Wir hoffen, das Modell so trainieren zu können, dass es nicht nur die Speicher korrekt wiedergibt, sondern auch Kohlenstoffflüsse in hohem räumlichen und zeitlichen Detail vorhersagen kann“, beschreibt Große die zentrale Herausforderung, die für ein tatsächliches Kohlenstoffmanagement auf globaler Ebene essentiell wäre.

Eine weitere Hürde, so Große, sei die Speicherung der riesigen Datenmengen. Die Verarbeitung der Informationen wird im Helmholtz-eigenen Supercomputer-Center in Jülich stattfinden. Die langfristige Speicherkapazität dort ist jedoch begrenzt. Dafür wird aktuell eine Lösung gesucht. Alle Beteiligten des Projekts sind sich einig: Das Potenzial und der mögliche Nutzen von 3D-ABC sind groß. Die Herausforderungen, die vor dem Team liegen aber ebenso. „Um die Wirkung zu erreichen, die wir uns erhoffen“, sagt Große, „müssen wir vor allem gewährleisten, dass das Foundation Model mit den verschiedensten Bilddaten arbeiten kann. Mit optischen als auch Radar-Satellitendaten und mit den 3D Informationen aus Lasermessungen. Wenn uns diese Multimodalität gelingt, haben wir ein hervorragendes Werkzeug für globales Monitoring des terrestrischen Kohlenstoffs geschaffen.“

Dabei sind genau solche Informationen – zeitnah, hochauflösend und allgemein verständlich bereitgestellt – unerlässlich für Politik und Wirtschaft, um effiziente Maßnahmen für Klimaschutz und -adaption zu treffen: Welche Senken müssen wir konsequenter schützen? Welche Quellen vermeiden?

Genau dafür soll 3D-ABC die Grundlagen schaffen. Mittels den harmonisierten Daten der großen Satellitenmissionen Landsat und Sentinel-2 sowie der deutschen TanDEM-X Radar Satellitenmission wird das Foundation Model in einem ersten Schritt darauf trainiert, die weltweit Landbedeckung und die Vegetationshöhen im Amazonas-Regenwald sowie der Tundra und Taiga möglichst genau zu verstehen und wiederzugeben. Was wächst wo wie hoch und wie dicht? Anhand solcher Informationen soll das Modell lernen, die Biomasse zu bestimmen und detaillierte Rückschlüsse auf das über- und unterirdische Kohlenstoffbudget ziehen. Fernerkundungsdaten, etwa von Satelliten und Drohnen, erfassen zudem Veränderungen in der Landoberfläche. Große Brände, der Ausbau von Infrastruktur, Erosion oder Insektenbefall können innerhalb weniger Tage, Wochen oder Monate großen Schaden für die Vegetation bedeuten. Das wiederum beeinflusst die lokalen Kohlenstoffspeicher. Die letzte Projektphase widmet sich den Kohlenstoffflüssen. „Wir hoffen, das Modell so trainieren zu können, dass es nicht nur die Speicher korrekt wiedergibt, sondern auch Kohlenstoffflüsse in hohem räumlichen und zeitlichen Detail vorhersagen kann“, beschreibt Große die zentrale Herausforderung, die für ein tatsächliches Kohlenstoffmanagement auf globaler Ebene essentiell wäre.

Eine weitere Hürde, so Große, sei die Speicherung der riesigen Datenmengen. Die Verarbeitung der Informationen wird im Helmholtz-eigenen Supercomputer-Center in Jülich stattfinden. Die langfristige Speicherkapazität dort ist jedoch begrenzt. Dafür wird aktuell eine Lösung gesucht. Alle Beteiligten des Projekts sind sich einig: Das Potenzial und der mögliche Nutzen von 3D-ABC sind groß. Die Herausforderungen, die vor dem Team liegen aber ebenso. „Um die Wirkung zu erreichen, die wir uns erhoffen“, sagt Große, „müssen wir vor allem gewährleisten, dass das Foundation Model mit den verschiedensten Bilddaten arbeiten kann. Mit optischen als auch Radar-Satellitendaten und mit den 3D Informationen aus Lasermessungen. Wenn uns diese Multimodalität gelingt, haben wir ein hervorragendes Werkzeug für globales Monitoring des terrestrischen Kohlenstoffs geschaffen.“

Helmholtz Foundation Model Initiative

Bei den sogenannten Foundation Models handelt es  sich um eine neue Generation von KI-Modellen, die eine breite Wissensbasis haben und deshalb in der Lage sind, eine Reihe von komplexen Problemen zu lösen. Sie sind deutlich leistungsstärker und flexibler als herkömmliche KI-Modelle und bergen somit ein enormes Potenzial für die moderne, datengetriebene Wissenschaft. Sie können mächtige Werkzeuge werden, die eine Vielzahl von  Forschungsfragen beantworten. Die Helmholtz-Gemeinschaft bringt ideale  Voraussetzungen mit, um solche zukunftsweisenden  Anwendungen zu entwickeln: eine Fülle an Daten,  leistungsstarke Supercomputer, auf denen die Modelle trainiert werden können, und eine tiefgreifende Expertise im Bereich der künstlichen Intelligenz. Unser Ziel ist es, Foundation Models über ein breites Spektrum von Forschungsfeldern hinweg zu entwickeln, die zur Lösung der großen Fragen unserer Zeit beitragen.

Helmholtz Foundation Model Initiative

Themenseite Künstliche Intelligenz

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