Plattentektonik
Ein Crash in Superzeitlupe
Das schwere Erdbeben Ende April in Nepal hat die Erdoberfläche an vielen Stellen um mehrere Meter verschoben. Diese gewaltigen Kräfte rühren aus dem Aufeinandertreffen zweier Kontinentalplatten – und halten schon seit 50 Millionen Jahren an.
„Vier bis fünf Zentimeter pro Jahr sind für die Bewegungen auf der Erde sehr schnell“, erklärt Lothar Ratschbacher von der Technischen Universität Bergakademie Freiberg. Es sei ungewöhnlich, dass die Konvergenz noch immer anhalte . Andere Zusammenstöße zwischen Kontinentalplatten sind viel schneller zum Erliegen gekommen. So beispielsweise im Falle der afrikanischen und der europäischen Platte – wodurch unter anderem die Alpen entstanden sind. Warum der Zusammenstoß zwischen der indischen und der eurasischen Platte eine Ausnahme bildet, wird in der Wissenschaft lebhaft diskutiert, sagt Bernd Schurr vom Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ. Es gebe drei Modelle, die das Phänomen erklären. Eines geht davon aus, dass die indische Platte – heute eine dicke Platte – ursprünglich einen etwa 1000 Kilometer langen, dünnen Kontinentrand hatte. Der Rand war zwar dünner aber aufgrund seiner Zusammensetzung schwerer als der Rand der eurasischen Platte und schob sich deshalb unter sie: „Er könnte die Kraft haben, die indische Platte weiter in die eurasische Platte zu ziehen“, erklärt Schurr, der die Tektonik und die geodynamischen Prozesse in Gebirgen erforscht.
Nepal und auch das Himalayja-Gebirge sind durch die Konvergenz zwischen indischer und eurasischer Platte entstanden, sozusagen als Knautsch-Zone. „Normalerweise wird hauptsächlich die unterschiebende Platte – hier Indien – verkürzt, und dort bildet sich das wesentliche Gebirge. Im Himalaya gehen wir von 700 bis 1000 Kilometern Verkürzung seit der Kollision aus“, sagt Lothar Ratschbacher, der in Freiberg Tektonophysik lehrt. Das ist weniger als der Betrag, den sich die beiden Platten insgesamt ineinander geschoben haben. Denn es ist nicht alleine der Himalajya, der im Laufe der Millionen Jahre auf den Druck reagiert hat: „Die Gebirgsbildung wandert nach außen, im Fall der Indien-Asien Kollisionszone nach Süden und Norden.“ Sprich: Auch Tibet und andere Gebirge, so zum Beispiel der Tian Shan, falteten und falten sich auch.
Große Erdbeben wie das in Nepal im April, muss es im Laufe der vergangenen 50 Millionen Jahre unzählige Male gegeben haben. Bernd Schurr möchte nicht spekulieren, wann die Kollision zwischen den beiden Platten zum Erliegen kommt. Er ist jedoch sicher, dass es irgendwann – im Laufe vieler Millionen Jahre – soweit sein wird und sich die Erde in dieser Region nicht weiter auffaltet. „Die Gravitation der aufgetürmten Gebirge wirkt dem Antrieb der Platten stark entgegen“, sagt er.
Mehr zur Erdbeben in Nepal:
CEDIM-Wissenschaftler im Einsatz nach Erdbeben in Nepal (ESKP)
Leser:innenkommentare