Verkehrsmanagement
Die mit der Laterne sprechen
Ein Traum für Autofahrer könnte wahr werden: Eine Smartphone-App oder das Navigationsgerät zeigen an, wo der nächste freie Parkplatz wartet. Die Firma Siemens testet jetzt mit einem radargestützten Sensornetzwerk, was möglich ist.
Wer in einer Großstadt mit dem Auto unterwegs ist, verbringt nicht nur viel Zeit mit dem Fahren, sondern auch mit der Parkplatzsuche: Rund 100 Stunden im Jahr sollen das pro Autofahrer sein. Wer zum Beispiel in Berlin vom Potsdamer Platz in die Bundesallee fährt, braucht etwa 20 Minuten – und dann nicht selten noch einmal die gleiche Zeit, um dort einen Parkplatz zu finden. Zumindest in verkehrsreichen Zeiten. Am Zielort kurvt man dann herum, wie es einst Herbert Grönemeyer besungen hat, von einer Nebenstraße in die andere, und wird zum Hindernis für den nachfolgenden Verkehr. Denn schließlich fährt man langsam, um bloß keinen Parkplatz zu verpassen. Doch das könnte sich jetzt ändern. In einem vom Bundesumweltministerium geförderten Projekt will Siemens zusammen mit mehreren Partnern den lästigen Parkplatzsuchverkehr reduzieren. Das Mittel der Wahl ist ein sensorgesteuertes Netzwerk, das in die Straßenlaternen integriert ist. Es soll den Autofahrern die Parkplatzsuche abnehmen. Für den im vergangenen September gestarteten und mindestens bis ins Frühjahr 2016 andauernden Test wurden die Straßenlaternen in der Friedenauer Bundesallee auf einer Strecke von rund 250 Metern mit Radarsensoren und einer WLAN-Einheit ausgestattet. Jeder Sensor scannt einen Bereich von bis zu 30 Metern und meldet freie Parkplätze an eine Verkehrsinformationszentrale. Diese wiederum gibt die Information über einen freien Parkplatz dann über das Navigationsgerät des Autos oder über eine Smartphone-App an die Autofahrer weiter.
Als Test-Ort haben sich die Projektpartner die Bundesallee ausgesucht, da sie durch die Nähe zur Steglitzer Schloßstraße mit ihren Kaufhäusern und Einkaufszentren eine deutlich höhere Dichte des Parkplatzsuchverkehrs hat als viele andere Teile der Stadt. Für die Autofahrer ist das System denkbar einfach: Sie müssen in ihrem Smartphone oder dem Navigationssystem ihres Autos nur den Zielort eingeben, und schon zeigt das Gerät an, ob es dort einen freien Parkplatz gibt. Sollte der Stellplatz während der Anfahrt belegt worden sein, werden Alternativen in der Nähe angezeigt – falls welche vorhanden sind. Eine Besonderheit der Software ist, dass sie mit einem lernenden System arbeitet. Es erkennt, wenn sich die Parkplatzsituation zu bestimmten Zeiten wiederholt und errechnet Prognosen, sodass die Nutzer besser einschätzen können, welche Situation sie bei ihrer Ankunft erwartet. Wenn das System übrigens schon bei Fahrtantritt ermittelt, dass es am Zielort keine freien Parkplätze gibt, errechnet der integrierte Routenplaner Hinweise auf alternative Mobilitätsvarianten: auf die nächstgelegene U- oder S-Bahnstation zum Beispiel, von der aus das Ziel ohne Parkplatzsuche zu erreichen ist.
An dem Projekt mit dem sehr technisch anmutenden Namen City2.e 2.0 sind neben Siemens weitere Partner beteiligt: die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, die Verkehrsmanagementzentrale Berlin (VMZ), das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz. Sie alle wollen nicht nur mehr Service für die Autofahrer schaffen, sondern auch die Kohlendioxid-Emissionen in der Innenstadt verringern helfen. Denn ihren Angaben zufolge entfallen bis zu 30 Prozent des Verkehrsaufkommens in der Innenstadt auf Parkplatzsucher.
Die Ermittlung der Daten über Radarsensoren sei datenschutzrechtlich unbedenklich, meint Zwick, weil das Radarbild nur grobe Umrisse des Autos zeige und damit weder ein Nummernschild noch einen Fahrzeugtyp erkennen lasse. Doch die Plattform ist noch in andere Richtungen erweiterbar: Sie kann mit der Parkraumbewirtschaftung verbunden werden und genau feststellen, wie lange ein Auto auf einem Parkplatz steht und eine eventuelle Parkzeit bereits abgelaufen ist. Diese Daten könnten ans Ordnungsamt weitergegeben werden, das dann einen Mitarbeiter benachrichtigt, der sich gezielt aufmachen kann, um dem Verkehrssünder ein Knöllchen zu erteilen.
Die flexible Überwachung ermöglicht es auch, dass ganze Straßenabschnitte oder einzelne Parkplätze bei einer Veranstaltung, einem Umzug oder einer Lieferung befristet als Parkverbotszone erklärt und anschließend wieder freigegeben werden können.
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