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Helmholtz-Ausbildungspreis

Der Reiszüchter

Lukas Geschwender. Foto: Lydia Albrecht, www.kit.edu

Einen Preis hat Lukas Geschwender als Auszubildender bei der Helmholtz-Gemeinschaft gewonnen – aber vor allem hat er sein großes Thema gefunden: Er arbeitet an der Züchtung von widerstandsfähigen Reispflanzen mit. Inzwischen ist aus dem Azubi ein Student geworden.

Das ist ein Satz, den sich Lukas Geschwender nicht zweimal sagen ließ: „Probier selbst, wie weit du kommst“, sagten ihm seine Kollegen im Forschungslabor des renommierten International Rice Research Institut (IRRI) auf den Philippinen - und der angehende Biologielaborant, damals 20 Jahre alt, stürzte sich in die Arbeit. Fünf Wochen lang experimentierte er und fand dabei mehrere genetische Faktoren, die Reis widerstandsfähiger gegen Salzstress machen, dem die Pflanze zum Beispiel bei Überflutung der Felder durch Meerwasser ausgesetzt ist. Die Ergebnisse seiner Arbeit könnten künftig für die molekulare Züchtung von Reis genutzt werden, um die Pflanzen besser gegen Umwelteinflüsse zu schützen.

Heute ist Geschwender 21 Jahre alt und studiert am Karlsruher Institut für Technologie, einem Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, Angewandte Biologie. Dass er einmal studieren werde, das wusste er schon, als er sich zunächst für seine Ausbildung zum Biologielaboranten entschied. „Ich gehörte zum ersten Jahrgang in Baden-Württemberg, der sein Abitur bereits nach zwölf Schuljahren machte, und wollte erst Praxiserfahrung im Beruf sammeln“, erklärt er. Dass er das KIT für seine Ausbildung wählte, hatte er sich ebenfalls genau überlegt: „Ich wollte nicht nur Laborknecht sein, sondern richtig tiefe Einblicke in verschiedene Themengebiete bekommen“, sagt er.

Seine Rechnung ging auf, wie auch seine Erfahrungen auf den Philippinen zeigen. An das Reis-Forschungsinstitut, das als weltweit beste Adresse in diesem Bereich gilt, kam er Ende 2014 zusammen mit einem Doktoranden, der im Zuge eines Kooperationsstipendiums des Karlsruhe House of Young Scientists dort arbeitete. Fünf Wochen lang war Geschwender Teil eines Projekts, bei dem es darum geht, Reispflanzen gegen Trockenheit und Salz resistenter zu machen – ein wichtiges Thema angesichts des Klimawandels. „Wir haben Reismutanten, also Variationen der Reispflanze mit verändertem Erbgut, die gegen Dürre und Bodenversalzung toleranter sind, isoliert und analysiert und deren Proteinspektrum mit dem Wildtyp verglichen“, erklärt Lukas Geschwender.

Für ihre Forschung nutzen die Wissenschaftler eine Methode namens „Smart Breeding“: Um zu sehen, ob sie mit einer Kreuzung Glück hatten, müssen sie dadurch nicht mehr warten, bis eine Pflanze gewachsen ist; der Erfolg lässt sich schon am Keimling erkennen. „Das durch Smart-Breeding kultivierte Saatgut hat mehr zur Ertragssteigerung bei Reis beigetragen als Automation und Düngung“, sagt Geschwender. Bei seinem Projekt kam es unter anderem darauf an, für die Analyse der Stempel und Staubblätter den genauen Zeitpunkt kurz vor der Blüte zu wählen, „nicht zu früh und nicht zu spät“. Dieses kleine Zeitfenster verlangte einen strikten Zeitplan: Damit die Untersuchungen aussagekräftig sind, brauchten die Forscher innerhalb weniger Tage eine ausreichende Menge an Proben. Lukas Geschwender musste dabei den Entwicklungszustand der Versuchspflanzen berücksichtigen, die abhängig von Luftfeuchtigkeit oder Sonneneinstrahlung unterschiedlich schnell wuchsen. „Mir war bewusst, dass ich gut arbeiten muss, damit der Wissenschaftler zuverlässige Ergebnisse in seine Dissertation einarbeiten kann“, so Geschwender.

Natürlich musste er als junger Laborant vor allem die Wissenschaftler unterstützen. Zu Geschwenders Aufgaben gehörte es unter anderem, das Saatgut zu sterilisieren und im Gewächshaus vorkeimen zu lassen, sowie die Pflanzen mit Wasser und Dünger zu versorgen. „Aber dass sie mir freie Hand gelassen haben, selbstständig zu forschen, um herauszufinden, welche Rolle ein bestimmtes Protein direkt vor der Reisblüte spielt, fand ich richtig cool.“ Auf den Ergebnissen seines selbst geplanten Experiments konnte die ganze Forschungsgruppe aufbauen.

Was ihn an seiner Fachrichtung fasziniert? Lukas Geschwender antwortet prompt: „Etwas Sinnvolles zu leisten, macht mich zufrieden.“ Und dass die Forschung, an der er mitwirkt, sinnvoll ist, daran lässt er keinen Zweifel: „Gentechnik ist bei vielen verpönt, die gar nicht wissen, wie viel Gutes man damit erreichen kann“, sagt er.

Neugierig auf die Philippinen war er nicht nur wegen des renommierten IRRI, sondern auch wegen seines Hobbys: Seit Jahren schon trainiert er viermal pro Woche philippinische Kampfkünste. „Der Mix aus asiatischen und europäischen Techniken trainiert die Koordination, Motorik, Disziplin und Beobachtungsgabe“, sagt Geschwender. In sportlicher Hinsicht aber war sein Auslandsaufenthalt weniger erfolgreich als aus wissenschaftlicher Sicht, sagt er schmunzelnd: „Ein Training vor Ort hat sich leider nicht ergeben. Die jungen Philippinos sind mehr an westlichen Sportarten wie Basketball interessiert als an ihrer traditionellen Kampfkunst.“

Für sein Studium hat sich der vermeintliche Umweg über die Ausbildung gelohnt. „Das Studieren ist für mich sehr einfach und die Noten stimmen“, sagt Lukas Geschwender. Für seinen Einsatz wurde er, der inzwischen Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung ist, gleich mehrfach ausgezeichnet: Als bester Auszubildender seines Fachbereichs hat er einen Preis der Industrie- und Handelskammer bekommen, bei der Helmholtz-Gemeinschaft wurde er mit dem Ausbildungspreis geehr

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