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HELMHOLTZ extrem

Das tiefste Bohrloch

<p>Foto: <a external="1" target="_blank" href="http://www.fotocommunity.de/pc/pc/display/17545366">Matthias Lenk</a>, <a external="1" target="_blank" href="http://www.mtboberpfalz.de/">www.MTBoberpfalz.de</a></p>

Östlich von Nürnberg haben Forscher mehr als neun Kilometer tief in die Erde gebohrt. Heute dient der Schacht vor allem als Testlabor für Messgeräte

Zwischen Hügelketten, Wiesen und Feldern unweit der bayrischen Stadt Windischeschenbach ragt ein stählerner, 83 Meter hoher Bohrturm in den Himmel. Geowissenschaftler haben hier mehr als neun Kilometer in die Tiefe gebohrt. Heute ist es das tiefste Bohrloch der Welt, das für die Forschung genutzt wird. Es dient vor allem als Testlabor für geologische Experimente.

Vier Jahre lang haben die Wissenschaftler gebohrt, bis sie 1994 die stolze Tiefe von genau 9101 Metern erreichten. Dabei verjüngt sich das Bohrloch zu seinem Ende hin. Während es an der Erdoberfläche noch einen Durchmesser von 71 Zentimetern hat, misst es am tiefsten Punkt nur noch 17 Zentimeter. Dort unten herrschen Temperaturen bis zu 280 Grad Celsius und Drücke bis zu 940 Bar – ein absolut lebensfeindlicher Ort.

Mit Hilfe von Seilwinden lassen die Forscher Messgeräte an einem dicken Stahlkabel befestigt in das Bohrloch hinab. Unter der Erde müssen die Sonden auch unter extremen Temperaturen und Drücken unverfälschte Messwerte liefern. „Deshalb testen und eichen wir unser technisches Equipment in Windischeschenbach, bevor wir auf Expedition gehen und in neuen Bohrlöchern arbeiten“, sagt Ulrich Harms vom Helmholtz-Zentrum Potsdam (GFZ), das die Infrastruktur rund um das tiefste Bohrloch der Welt betreibt.

Aber auch neue Geräte entwickeln die Forscher hier – wie zum Beispiel hochempfindliche Seismometer, die akustische Wellen tief unter der Erde auffangen. In diesen Tagen werden die GFZ-Forscher solche Sensoren bei einer Tiefbohrung in Schweden einsetzen. Mit einem internationalen Team schauen sie sich Gebirgsbildungsprozesse genauer an, die sich vor 400 Millionen Jahren durch Plattentektonik in Gang setzten. Gut, dass die Geoforscher dann bereits in Windischeschenbach getestet haben, wie sie die Geräte aufbauen und nach unten bringen müssen. Denn schließlich darf ja nichts hinab ins Bohrloch fallen.

Anmerkung Redaktion: Die Tiefenbohrung in Windischeschenbach ist heute das tiefste, noch existierende Bohrloch der Welt, das für die Forschung genutzt wird. Noch tiefer in die Erde gebohrt wurde nur auf der Halbinsel Kola: Die Kola-Bohrung erreichte 1989 eine Tiefe von 12.262 Metern. Nach dem Zerfall der Sowjetunion  wurde 1992 Betrieb der Forschungsstation eingestellt; seitdem unterliegt das Bohrloch dem natürlichen Verfall. Darüber hinaus existieren noch Tiefenbohrungen im Meer für die Gewinnung von Erdöl und Erdgas (Beispiele: Al Shaheen in Katar, 12.289 m; Sakhalin-I in Russland, 12.345 m).

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