Crowdfunding
„Das Thema nimmt Fahrt auf“
Was im Kunst- und Kulturbereich längst etabliert ist, kommt langsam auch in der Wissenschaft an: Auf der Website Sciencestarter.de können Forscher ihre Projekte vorstellen und Geld für die Umsetzung einsammeln. Wir haben mit den Initiatoren der Plattform gesprochen
Markus Weißkopf ist Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog. Die gemeinnützige GmbH betreibt seit zwei Jahren die Seite www.sciencestarter.de; eine Plattform, über die Geld gesammelt wird, um damit wissenschaftliche Projekte zu verwirklichen.
Wie funktioniert Sciencestarter?
Wer ein wissenschaftliches Projekt plant, kann es auf unserer Plattform vorstellen. Und nach dem Prinzip des Crowdfunding kann jeder dafür spenden, dem das Projekt gefällt. Wird der benötigte Betrag erreicht, zahlen wir das Geld aus, sonst wird es an die potenziellen Spender zurückgezahlt.
Und was haben die Spender davon?
Außer der Gewissheit, etwas Gutes getan zu haben? Sie bekommen vom Geförderten ein immaterielles Dankeschön. Das kann beispielsweise ein Spaghettiessen im Labor sein oder ein regelmäßiger Bericht mit ein paar Fotos über den Projektfortschritt.
Was war bisher das originellste Dankeschön?
Bei einem der ersten verwirklichten Projekte ging es um die Verwendung von Pferdemist in Biogasanlagen, da bekam jeder Spender als Dankeschön ein Kilogramm Naturdünger.
Und wenn aus dem Projekt eine erfolgreiche Geschäftsidee entstehen sollte? Wäre dann eine Gewinnbeteiligung denkbar?
Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Aber da kommen dann noch steuerrechtliche Fragen hinzu, dafür sind Plattformen für kommerzielle Start-ups der bessere Ort.
Sciencestarter beziehungsweise Wissenschaft im Dialog verdient nichts daran?
Nein. Wer ein Projekt bei Sciencestarter unterstützt, hat die Möglichkeit, auch uns einen Betrag zu spenden. Davon finanzieren wir den technischen Betrieb der Plattform.
Weisen Sie manche Projektideen zurück?
Das kommt nur ganz selten vor. Aber wir geben schon mal Tipps, wie eine Projektbeschreibung verständlicher und attraktiver gestaltet werden kann. Fotos und ein kleines Video, in dem der Initiator des Projekts zu sehen ist, sind beispielsweise sehr hilfreich.
Bevor für ein Projekt Geld gesammelt werden kann, steht es in der Rubrik "Startphase". Was hat es damit auf sich?
Das ist unsere kleine Hürde: Jede Projektidee braucht 100 Fans, die sie unterstützen. Die meisten wählen dafür einen Zeitraum von zwei Wochen. Dann ist das Projekt aktiv und kann Spenden einwerben.
Welche Voraussetzungen muss ein solcher Fan erfüllen?
Er muss sich registrieren, weitere Verpflichtungen gibt es nicht.
Muss ich dann auch Geld spenden, wenn ich "Fan" bin?
Nein, es ist ja noch ein Unterschied, ob ich ein Projekt gut finde oder ob ich so überzeugt bin, dass ich auch Geld dafür gebe.
Wie viel Zeit ist danach, um für ein aktiviertes Projekt Spenden zu sammeln?
Wir raten in der Regel zu zwei bis drei Monaten. Das hängt auch davon ab, in welchen Monaten man landet. Sommermonate sind eher ungünstig, da ist weniger los.
Wer ist denn der typische Förderer?
Da gibt es verschiedene Gruppen. Neben Freunden, Kollegen und Professoren der Projektinitiatoren, die 10, 20 oder schon mal 50 Euro locker machen, gibt es private Unterstützer, die eine Art Mäzenatentum betreiben und dreistellige Beträge geben. Und auch das eine oder andere Unternehmen hat schon gesagt: Das ist ein interessantes Projekt auf unserem Gebiet und auch wenn wir keinen direkten Nutzen daraus ziehen, unterstützen wir das.
Schreckt die Angst vor Ideenklau nicht manchen von der Teilnahme ab?
Darüber haben wir am Anfang auch diskutiert. Inzwischen wissen wir, dass es kein Hindernis ist. Wer mit einem Projekt an den Start geht, hat ja bereits einen Wissensvorsprung, außerdem stellt man ja auch nicht alle Details oder den kompletten Versuchsaufbau ins Netz.
Die Zahl der derzeit laufenden Projekte ist recht übersichtlich...
Das stimmt, aber jetzt ist auch gerade Sommerloch, da ist an den Universitäten wenig los. Für Projektstarter ist der Herbst besser. Wir haben bisher 26 Projekte mit durchschnittlich 7.000 Euro fördern können, damit sind wir ganz zufrieden. Natürlich dürfen es gerne mehr werden, aber wir haben nun mal nicht das Marketingbudget einer Plattform wie "Experiment" in den USA. Das Thema nimmt auch in Deutschland weiter Fahrt auf, ich bin sehr optimistisch.
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