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der September stand bei Helmholtz ganz im Zeichen der Jahrestagung in Berlin: Der Sommer hat noch mal alles gegeben und im Radialsystem an der Spree für einen inspirierenden Abend gesorgt, bei dem sich alles rund um das Thema Gesundheitsforschung drehte. Auch der „Standpunkt“ dieser Ausgabe kann hier anknüpfen: Die Vorständin des Max Delbrück Centers, Maike Sander, sieht Helmholtz beim Biomedical Engineering gut aufgestellt – um das Thema voranzubringen, müssten nun alle Puzzlesteine klug zusammengesetzt und Menschen aus unterschiedlichen Forschungsbereichen zusammengebracht werden. Im Interview erfahren Sie außerdem, was die Neurowissenschaftlerin Sabine Krabbe vom Deutschen Zentrum für Neurodegenrative Erkrankungen (DZNE) an ihrem Job am spannendsten findet. Und: Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf macht am European XFEL mit einem besonderen kleinen Laser den energiestärksten Lasern der Welt Konkurrenz. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen! |
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Im Inneren von Sternen und Planeten herrschen extreme Bedingungen. Der Druck erreicht Abermillionen Bar, es kann mehrere Millionen Grad heiß sein. Mit ausgefeilten Methoden gelingt es, solche Materiezustände im Labor zu erzeugen – wenn auch nur einen Wimpernschlag lang und in einem winzigen Volumen. Bislang brauchte es dafür die energiestärksten Laser der Welt, etwa die National Ignition Facility (NIF) in Kalifornien. Doch von diesen Lichtgiganten gibt es nur wenige, entsprechend rar waren die Möglichkeiten für Experimente. Forschenden vom HZDR und European XFEL gelang es nun, die Extremzustände mit einem viel kleineren Laser herzustellen und zu beobachten. Am XFEL betreibt das HZDR über das internationale Nutzerkonsortium HIBEF (Helmholtz International Beamline for Extreme Fields) einen Laser, der ultrakurze Pulse erzeugt, die zwar keine besonders hohe Energie haben – nur etwa ein Joule. Allerdings sind sie mit 30 Femtosekunden so kurz, dass sie eine Leistung von 100 Terawatt erreichen. Mit diesem Laser beschoss das Forschungsteam einen dünnen, nur 25 Mikrometer feinen Kupferdraht. „Dann konnten wir mit den starken Röntgenblitzen des European XFEL beobachten, was im Inneren des Drahts passierte“, erläutert Alejandro Laso García, Erstautor des Papers. „Diese Kombination aus Kurzpulslaser und Röntgenlaser ist weltweit einzigartig. Erst durch die hohe Qualität und Sensibilität des Röntgenstrahls konnten wir einen unerwarteten Effekt beobachten.“ Die Messungen ergaben, dass die Dichte des Kupfers in der Mitte des Drahtes kurzzeitig acht- bis neunmal so hoch war wie in „normalem“, kaltem Kupfer. „Unsere Computersimulationen legen nahe, dass wir einen Druck von 800 Megabar erreicht haben“, sagt Thomas Cowan, Direktor am HZDR-Institut für Strahlenphysik und Initiator des HIBEF-Konsortiums. „Das entspricht dem 800-millionenfachen Atmosphärendruck und dem 200-fachen des Drucks, der im Inneren der Erde herrscht.“ Auch die erreichte Temperatur war für irdische Verhältnisse enorm: 100.000 Grad Celsius. Das sind Bedingungen, die denen in der Korona – der heißen Hülle – eines weißen Zwergsterns nahekommen. „Erreichbar wären mit unserer Methode aber auch Zustände, wie sie im Inneren riesiger Gasplaneten herrschen“, betont Laso García. Doch die neue Messmethode dürfte nicht nur für die Astrophysik, sondern auch für ein anderes Forschungsfeld nützlich sein. „Unser Experiment zeigt in beeindruckender Weise, wie wir sehr hohe Dichten und Temperaturen in verschiedensten Materialien erzeugen können“, sagt Ulf Zastrau, der die Gruppe an der Experimentierstation High Energy Density (HED-HIBEF) am European XFEL leitet. „Das wird die Fusionsforschung einen wichtigen Schritt weiterbringen.“ Denn derzeit arbeiten mehrere Forschungsteams und Start-ups auf der Welt an einem Fusionskraftwerk auf der Basis von Hochleistungslasern. Publikation: Cylindrical compression of thin wires by irradiation with a Joule-class short pulse laser, in Nature Communications, 2024 (DOI: 10.1038/s41467-024-52232-6) Bild: HZDR / T. Toncian
Wichtiger Durchbruch für die Entwicklung von Quantencomputern auf Diamantbasis Gigantische Plasmastrahlen eines schwarzen Lochs überraschen Fachwelt |
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Das Spannendste ist, ständig die Gelegenheit zu haben, etwas Neues zu entdecken – etwas, das noch niemand vorher gesehen hat. Als Gruppenleiterin bin ich leider nicht mehr so oft im Labor und erlebe das sehr selten selbst während eines Experimentes. Besonders schön ist es dafür jetzt aber, die Entwicklung von Nachwuchsforschenden zu beobachten. Aus dem anfänglichen vorsichtigen Stolz, nur weil etwas funktioniert hat, wächst mit mehr und mehr Fachkenntnis die Begeisterung, bis dann irgendwann das Wissen und die Sicherheit da sind, um die Signifikanz der eigenen Ergebnisse selbst einschätzen zu können.
Mit unbegrenzten Ressourcen würde ich mehr langfristige Perspektiven für Nachwuchswissenschaftler:innen schaffen. Wir bilden so viele junge Menschen mit außergewöhnlichen Talenten über Jahre in Studium und Promotion in der Wissenschaft aus. Das kostet sehr viel Zeit und Geld – und danach gibt es kaum Perspektiven. So verlieren wir regelmäßig die besten Mitarbeitenden mit herausragenden technischen Fähigkeiten, denen man mehr Zeit für die weitere wissenschaftliche Entwicklung geben müsste. Leider macht die Politik gerade genau das Gegenteil und schlägt vor, die Postdoc-Zeit auf vier Jahre zu verkürzen. Mit mehr Geld könnte man diesen hochqualifizierten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen langfristige oder auch permanente Stellen geben und so ihr Talent in der Forschung halten. Zum Beispiel in spezialisierten „Core Facilities“ und Plattformen, in denen komplexe Technologien, Geräte und Expertise über die Grenzen eines Instituts hinweg Forschungsverbünden verlässlich zur Verfügung stehen.
Da fallen mir viele ein. Aus persönlichem Interesse würde ich wohl Uri Scheft wählen, den Gründer der Lehamim Bakery in Tel Aviv. Als Hobbybäcker wüsste ich gerne alle Tricks für die perfekte Zubereitung von Rugelach, Babka oder Challah. Vielleicht hat er ja auch Interesse an deutschen Sahnetorten… |
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Boston, 1974: Anders als seine Kommilitonen am MIT interessierte sich Robert Langer nicht für einen Job bei den Ölriesen. Der chemische Ingenieur wollte etwas bewegen. Biologie faszinierte ihn oder Medizin. Und so landete er als Außenseiter in einem Labor eines anderen Außenseiters am Harvard and Boston Children’s Hospital. Judah Folkman engagiere manchmal ungewöhnliche Menschen, hatte ihm ein Kollege gesagt. 50 Jahre später wissen wir, was für ein Glücksgriff das war. Gemeinsam haben sie geschafft, was die Fachwelt für unmöglich hielt. Der Chirurg Folkman wollte Tumoren die Nährstoffzufuhr abschneiden – eine völlig neue Krebstherapie. Dafür brauchte er nicht nur einen Wirkstoff, der Blutgefäße daran hinderte, in Richtung Tumor zu wachsen. Er wollte den Wirkstoff auch nach und nach an geeigneter Stelle im Körper freisetzen. Sein Postdoc Bob Langer fragte: Was genau soll das Material können? Er experimentierte mit Polymeren. Der Ansatz ist heute naheliegend, aber Langer saß zwischen den Stühlen. Die chemischen Ingenieure nahmen zu dieser Zeit weder Patente noch Biologie ernst. Und im Krankenhaus war er der einzige Ingenieur. Bis sich Biomedical Engineering in den USA als Feld etabliert hatte, gab es für die einzelnen Forscher:innen Gegenwind von allen Seiten. Heute kommt kaum eine Universität ohne das Fach aus. Um sie herum bilden sich Start-ups, die aus Ideen und Prototypen marktfähige Produkte machen. Allein die Liste der Patente und Biotechs, die Bob Langer angestoßen hat, ist zu lang für eine Aufzählung. Moderna, ein Hersteller der mRNA-Impfstoffe gegen COVID, ist der wohl jüngste Erfolg. Deutschland kann zwar auf Spitzenforschung in der Biomedizin und in den Ingenieurswissenschaften verweisen. Aber die Fächer sind kaum verzahnt. Angesichts einer alternden Gesellschaft können wir uns das nicht leisten! Wenn wir den Wunsch der Menschen, möglichst lange gesund zu bleiben, ernst nehmen und unser Gesundheitssystem bezahlbar bleiben soll, brauchen wir eine Kultur, die Erfindungsgeist fördert. Denn wir müssen die Patient:innen nicht nur zielgerichteter behandeln und skalierbare Lösungen dafür finden. Wir wollen Krankheiten möglichst früh aufspüren und ihren Ausbruch verhindern. Dafür brauchen wir neue Diagnostika, neue Modelle für die Vorhersage, neue Implantate, neue Wirkstoffe. Die Innovationen der vergangenen zehn Jahre, von künstlicher Intelligenz und Einzelzellanalysen über CRISPR bis zur Bildgebung, schaffen die Grundlage dafür. Das allein reicht jedoch nicht. Damit zum Beispiel eine Gentherapie Patient:innen helfen kann, muss CRISPR an die richtige Stelle im Körper kommen. Es geht also nicht ohne Biomedical Engineering! Dasselbe gilt, wenn wir Zellen, Gewebe und Organe für Transplantationen schaffen wollen. In der Helmholtz-Gemeinschaft haben wir alle Voraussetzungen, um das Feld voranzubringen: Die multidisziplinäre Expertise und technologische Infrastruktur, die sechs Forschungsfelder umspannt, schaffen ein Umfeld, das international seinesgleichen sucht. Wir müssen die Puzzlesteine nur klug zusammensetzen und Menschen zusammenbringen, die bisher nicht gemeinsam forschen. Am Max Delbrück Center haben wir gerade für drei Jahre Milica Radisic vom Institute of Biomedical Engineering von der University of Toronto zu Gast. Sie arbeitet daran, „Organs-on-a-Chip“ mit Blutgefäßen zu versorgen. Ihren PhD hat sie bei Bob Langer gemacht. Der Rat ihres Mentors war: „Arbeite an wichtigen Problemen, umgib Dich mit den besten Köpfen – and think big!“ Bild: Peter Himsel/Max Delbrück Center
Briefing: Helmholtz Biomedical Engineering kurz vorgestellt (PDF) Website: www.helmholtz-bioengineering.de White Paper: Turning world class science into health solutions (PDF) |
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Den Mond gibt es jetzt auch auf der Erde – für das Training von Astronautinnen und Astronauten, die Entwicklung von Technologien bis hin zur Vorbereitung von Langzeit-Missionen: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Europäische Weltraumorganisation ESA haben gemeinsam die Forschungsanlage LUNA errichtet, die nun eröffnet wurde. In der LUNA-Halle befindet sich unter anderem eine 700 Quadratmeter große simulierte Mondoberfläche. Sie ist gefüllt mit „Mondstaub“, der dem echten Regolith täuschend ähnlich ist. Steine und Felsen sind der Mondgeologie nachempfunden und ein Sonnensimulator erzeugt Lichtverhältnisse wie auf dem Mond. Das „Gravity Offloading System“ wird demnächst die Schwerkraft des Monds nachbilden: Dazu werden in den nächsten Monaten an der Decke Laufwagen und Seilsysteme installiert, sodass sich Astronautinnen und Astronauten oder Rover wie auf dem Mond mit einem Sechstel ihres eigenen Gewichts bewegen. Es ist geplant, dass die LUNA-Einrichtung nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen, Raumfahrtagenturen, Universitäten und Studierendengruppen, Industrieunternehmen und Start-ups für die Durchführung von Experimenten und Testkampagnen zur Verfügung steht. |
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Neuer KIT-Präsident: Jan Hesthaven tritt sein Amt als Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) am 1. Oktober an. Laut einer dpa-Meldung plant er, sich in den kommenden Jahren verstärkt für mehr Internationalisierung und sozioökonomische Vielfalt einzusetzen. Zudem möchte er den Frauenanteil unter den Mitarbeitenden und Studierenden signifikant erhöhen. Besonders fasziniert ihn am KIT die Kombination aus traditioneller Universität und Großforschung: „Die Einrichtung ist als Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft wirklich einzigartig.“ Pandemieforschung: Ein Dokumentationsteam des ZDF begleitet Wissenschaftler:innen in Westafrika und Deutschland, die die Entstehung von Zoonosen untersuchen. Zoonosen bezeichnen die Übertragung von Krankheitserregern zwischen Tieren und Menschen und sind verantwortlich für Pandemien wie AIDS oder COVID-19. Sie entstehen vor allem dann, wenn Lebensräume von Wildtieren zerstört und die Artenvielfalt verringert wird. In der Dokumentation kommt unter anderem Fabian Leendertz zu Wort, Direktor des Helmholtz-Instituts für One Health in Greifswald. Er erforscht derzeit, wie der Klimawandel die Artenzusammensetzung verändert und dadurch das Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier erhöht. Klimaanpassung: Die Klimakrise hat bereits heute unvermeidbare Folgen in Nord- und Ostdeutschland. Ist eine rechtzeitige Anpassung daran noch möglich? Was können die Regionen dafür tun? Und: Welche Unterstützung benötigen sie? Diesen und weiteren Fragen sind Akteur:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik auf der REKLIM-Konferenz 2024 nachgegangen. Anlässlich der Eröffnung der Konferenz vergangene Woche in Berlin erklärt der Geschäftsführer von REKLIM, Klaus Grosfeld vom Alfred-Wegener-Institut (AWI), im Interview mit dem rbb, was genau unter Klimaanpassung zu verstehen ist. Wissenschaftler im Porträt: Die F.A.Z. porträtiert den Genetiker Josef Penninger, Leiter des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und Professor für Medizin an der Universität Wien. Der Artikel beleuchtet nicht nur seine wissenschaftlichen Durchbrüche in Kanada, Österreich und Deutschland, sondern auch seine unternehmerischen Erfolge. Zu seinen wissenschaftlichen Meilensteinen zählen die Erforschung des ACE2-Rezeptors, den SARS-CoV-2 zum Eintritt in Zellen nutzt, die Entschlüsselung der Rolle des Proteins RANKL bei Krankheiten wie Osteoporose und Blutkrebs sowie seine Arbeiten zur Entwicklung von Organoiden. Helmholtz High Impact Award: Ellen Sletten (UCLA) und Oliver Bruns (NCT/UCC Dresden und DKFZ) erhalten den Helmholtz High Impact Award für eine innovative Methode, die kurzwelliges Infrarotlicht mit speziellen fluoreszierenden Farbstoffen und modernster Kameratechnologie kombiniert. DIE WELT beleuchtet in einem ausführlichen Beitrag, wie diese neue Methode in Zukunft einzelne Krebszellen an Tumorrändern und in Lymphknoten während Operationen sichtbar machen könnte: „Kurzwelliges Infrarot bietet einen besseren Kontrast und schärfere Bilder“, erklärt Oliver Bruns der WELT. „Die Methode könnte helfen, Krebszellen in Tumorrändern in einer Tiefe von mehreren Millimetern zu sehen. Möglicherweise kann man auch Bilder von nur wenigen Tumorzellen in Lymphknoten erhalten.“ Diese neue Bildgebungstechnologie soll die operative Entfernung von Tumoren erleichtern. Helmholtz-Jahrestagung: Der Tagesspiegel Background berichtet ausführlich über die Jahrestagung der Helmholtz-Gemeinschaft, die dieses Jahr ihren Blick auf die Zukunft der Gesundheitsforschung richtete. Der Artikel beleuchtet insbesondere, wie die Redner:innen den Einsatz von KI zur individualisierten Prävention in der Medizin einschätzen. Im Mittelpunkt steht zudem das Pilotprojekt „The Human Radiome Project“ der Helmholtz Foundation Model Initiative (HFMI). Ziel des Projekts ist es, die weltweit größte und vielfältigste Sammlung von 3D-radiologischen Bildern, wie MRT- und CT-Scans, in einem Foundation Model zusammenzuführen. Das „Human Radiome Project“ soll nicht nur die personalisierte Medizin voranbringen, sondern auch die Effizienz der Diagnostik verbessern, indem es den Bedarf an manueller Beschriftung komplexer medizinischer Bilder reduziert. |
Herausgegeben von: Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V., Anna-Louisa-Karsch-Str.2, 10178 Berlin Fragen an die Redaktion senden Sie bitte an monthly@helmholtz.de
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