Medizintechnik
MRT in neuen Dimensionen
Magnetresonanztomographen bieten Medizinern wichtige Einblicke in den menschlichen Körper. Jetzt ist es Forschern gelungen, in eine neue Dimension vorzustoßen und auch kleinste Strukturen darzustellen.
Seit vielen Jahren ist die Magnetresonanztomographie (MRT) eines der wichtigsten bildgebenden Verfahren in der Medizin. Es liefert beeindruckende Bilder des Nervensystems, von Muskeln, Bändern, Blutgefäßen und Organen. Allein: Häufig reicht die Auflösung der Bilder nicht aus, um krankhafte Veränderungen bereits im Frühstadium von Erkrankungen, wie Demenz, Epilepsie oder Krebs zu erkennen. So geht wertvolle Zeit verloren, die gebraucht würde, um den Krankheitsverlauf etwa durch gezielte chirurgische Eingriffe oder medikamentöse Therapien zu verlangsamen oder zu stoppen.
Einem Team um Christina Triantafyllou (Siemens Healthineers), Arnd Dörfler (Universitätsklinikum Erlangen) und Mark E. Ladd (Deutsches Krebsforschungszentrum) ist es nun gelungen, den nächsten Entwicklungsschritt in der MRT-Technik zu gehen: Während die bisher in Krankenhäusern eingesetzten Geräte meist mit magnetischen Feldstärken von 1,5 oder 3 Tesla arbeiten, haben die Wissenschaftler ein Gerät mit 7 Tesla für den klinischen Einsatz nutzbar gemacht – das entspricht etwa dem 140.000-fachen des Erdmagnetfeldes. Damit werden Strukturen im Submillimeterbereich sichtbar. Das war bisher nur im Forschungsbereich möglich – aus gutem Grund, wie Mark E. Ladd berichtet. „Wir standen vor drei großen Herausforderungen: Der bisher enormen Größe der Magnete, Interferenzproblemen, die wir mit neuartigen Antennengeometrien lösen mussten, und Zulassungsaspekten“.
Die ersten Magnete, die ein Magnetfeld dieser Stärke erzeugen konnten, wogen etwa 40 Tonnen. Sie mussten zudem durch einen Stahlkäfig abgeschirmt werden, der zwischen 250 und 450 Tonnen wog. Nur so ließ sich die empfindliche Elektronik im Umfeld des Magneten schützen. „Für ein solches Gerät benötigte man ein dediziertes Gebäude“, berichtet Ladd. „So etwas ohne weiteres in einem klinischen Umfeld zu platzieren war schlicht nicht möglich; zudem waren die Magnete sehr schwer transportabel. Siemens hat es nun geschafft, wesentlich leichtere Magnete mit ‚nur‘ 17 Tonnen Gewicht zu entwickeln.“ Diese Magnete können sogar mit dem Flugzeug an den Ort ihres Einsatzes transportiert werden und kommen zum größten Teil ohne Stahlkäfig aus. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, eine „aktive Abschirmung“ nach außen mit Hilfe supraleitender Wicklungen bereits im Magneten zu entwickeln. Damit sind die Geräte nur noch so schwer, wie bisher übliche klinische 3-Tesla-Geräte, die zwischen 8 und 15 Tonnen wiegen.
Um verlässliche Resultate zu erhalten, mussten die Forscher zudem Interferenzprobleme lösen, wie der Elektroingenieur erklärt: "Bei Geräten mit geringerer Feldstärke ist die Wellenlänge sehr lang und die Phase der durch den Körper laufenden Radiowellen dann überall gleich. Bei hohen Feldstärken wird die Wellenlänge jedoch so kurz, dass sich die Phasen gegenseitig aufheben können – ähnlich wie bei Kopfhörern, die Geräusche mit ‚Gegenschall‘ auslöschen, nur dass wir das bei der MRT vermeiden müssen, um gute Signale zu bekommen. Inzwischen sind die Computer so leistungsstark, dass wir diese Effekte in den Griff bekommen.“
Mit dem neuen Gerät können die Wissenschaftler nun auch Natrium und Phosphor detektieren, während bisherige Aufnahmen auf Wasserstoff beschränkt waren. „Bei Natrium geht es oft um den Unterschied in Natrium-Konzentrationen zwischen dem extrazellulären und intrazellulären Raum. Wenn wir Natrium darstellen können, können wir Störungen in der Zellfunktion sehen, die zum Beispiel durch einen Schlaganfall oder Krebs verursacht werden“, sagt Ladd. Es gibt auch eine Reihe von Erkrankungen, die die Ionen-Kanäle der Zellen beeinträchtigen. Auch hier ist die Natrium-Bildgebung wichtig. „Bei Phosphor können wir zum Beispiel kleine Moleküle messen, die am Energiestoffwechsel in den Muskeln beteiligt sind“, erläutert Ladd. Zwar seien solche Messungen auch bei 3 Tesla durchführbar, aber die geringere Sensitivität bedeute, dass die Messungen lange dauerten, die Daten in der Regel verrauscht seien und die Auflösung nur gering. Mit der Detektion von Natrium und Phosphor sei es nun möglich, nicht nur Aufnahmen von Geweben aus Wasser und Fett zu machen, sondern Stoffwechselprozesse im Gehirn zu beobachten.
Und den nächsten Schritt haben die Forscher schon im Blick, wie Ladd berichtet: „Wir sind dabei, ein 14 Tesla-Gerät zu entwickeln. Das ist zwar schwierig, denn man braucht ein anderes supraleitendes Material für den Magneten, aber wir könnten dann beispielsweise auch Glukose, Neurotransmitter oder andere kleine Moleküle wesentlich besser darstellen. Damit ließen sich Erkrankungen frühzeitiger diagnostizieren und die beste Therapie für einzelne Patienten wählen.“
Ladd betont, dass das Dreierteam nur stellvertretend für viele Kolleginnen und Kollegen im Empfang nominiert wurde: „Sowohl im universitären Bereich, als auch bei Siemens haben hunderte von Forscherinnen und Forschern an der Entwicklung mitgearbeitet. Christina Triantafyllou vertritt zwar die Produktentwicklung, Arnd Dörfler die Evaluierung des ersten klinischen Prototypen und ich die Grundlagenforschung – ohne die Hilfe vieler nicht genannter Personen wäre dieser Entwicklungsschritt in der MRT-Technologie aber nicht möglich gewesen.“
Magnetresonanztomographie (MRT)
Die Magnetresonanztomographie (MRT) – auch unter dem Namen Kernspintomographie bekannt – ist mittlerweile die führende diagnostische Bildgebungsmethode und spielt bei der Diagnose einer Vielzahl von Erkrankungen eine entscheidende Rolle. Mit Hilfe starker Magnete werden dabei bestimmte Atomkerne im Körper – die man sich als kleine, aber ungeordnete Minaturmagnete vorstellen kann – entlang des äußeren Magnetfeldes angeordnet. Wird dann durch ein MRT-Gerät ein weiterer Radiowellenimpuls auf diese „Miniaturmagnete“ abgegeben, weichen sie von ihrer parallelen Ausrichtung zunächst ab und geben, bei Zurückkehren in die Ausgangslage, ein messbares Signal ab, das zur Bildgebung verwendet wird.
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