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Supernovae

Himmlische Erkenntnisse aus der Tiefsee

Wie sich das Eisen-60 nach mehreren Supernova-Explosion im All bis heute ausbreitete zeigt diese 3D-Simulation. Bild: Michael Schulreich / TU Berlin

Ein internationales Team wies kürzlich in Tiefseesedimenten das Isotop Eisen-60 nach. Es entstand in den Feuerbällen explodierender Sterne und gelangte vor mehreren Millionen von Jahren auf die Erde. Diese Supernovae waren so nahe und so hell, dass sie unsere Vorfahren sogar am Tageshimmel sehen konnten.

Eisen-60, das man heute auf der Erde findet, hat eine lange Reise hinter sich. Es ist einer der wenigen Indikatoren für eine kosmische Herkunft. Dieses Isotop ist nämlich instabil und zerfällt; alle 2,6 Millionen Jahre halbiert sich eine ursprünglich vorhandene Menge. Sollte bei der Entstehung der Erde vor 4,6 Milliarden Jahren Eisen-60 vorhanden gewesen sein, so ist dies bis heute vollständig zerfallen. Weist man dieses Isotop irgendwo nach, so muss es nach astronomischen Maßstäben vor nicht allzu langer Zeit aus dem Weltraum gekommen sein. Natürliche irdische Quellen gibt es nicht.

Tatsächlich spürten 1999 und 2004 Forscher der Technischen Universität München geringe Mengen an Eisen-60 in Mangankrusten des Südpazifik nach. Diese Tiefseeablagerungen sind stark eisenhaltig und wachsen sehr langsam mit einigen Millimetern pro Million Jahre. Dadurch wird das Material stark komprimiert, und seltene Substanzen wie Eisen-60 sind in kleinen Volumina konzentriert.

Das Eisen-60 muss aus Supernova-Explosionen stammen, von denen die Forscher wissen, dass sie große Mengen des Isotops in den Weltraum schleudern. Am Ende ihres Lebens produzieren massereiche Sterne viele neue Elemente, unter anderem auch das langlebige, radioaktive Eisen-Isotop. Findet eine Supernova-Explosionen in der Nähe der Erde statt, wobei Nähe im kosmischen Maßstab ein paar hundert Lichtjahre bedeutet, kann es auch zu uns gelangen.

Die Forscher wollten auch wissen, wann die Exploisionen stattgefunden haben. Hierbei ist das langsame Wachstum der Krusten ein Nachteil: Weil die Ablagerungsschichten so dünn sind, ist die zeitliche Auflösung gering. Mit neuen Proben und technisch verfeinerten Apparaturen ging nun ein internationales Team, an dem Forschende des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) entscheidend beteiligt waren, der spannenden Frage nach, ob sich der Zeitraum der Supernova bestimmen lässt.

„Die Mangankrustendaten von 2004 zeigen uns, in welchem Zeitraum wir in anderen Proben suchen müssen", erklärt Jenny Feige, die mit diesem Thema an der Universität Wien promoviert hat. „Eine viel genauere Datierung bekommen wir nämlich aus Tiefseebohrkernen, die in nur tausend Jahren um einige Millimeter wachsen." Das Kunststück bestand nun darin, in meterlangen Bohrkernen aus dem indischen Ozean wenige Eisen-60 Atome nachzuweisen.

Zunächst mussten rund hundert Proben chemisch aufbereitet werden. Dies geschah unter der Leitung von Silke Merchel vom HZDR, die hierfür ein besonders schonendes Verfahren verwendet hat. Damit war es möglich, die für die Analyse entscheidenden Elemente herauszulösen. Neben Eisen-60 interessierten sich die Forscher auch für die Isotope Aluminium-26 und Beryllium-10, aus deren relativen Häufigkeiten sich das Alter der Sedimentschichten bestimmen ließ.

Diese Proben wurden dann in Beschleuniger-Massenspektrometern analysiert. Diese Maschinen, von denen es weltweit nur sehr wenige gibt, zählen einzelne Atome in Abhängigkeit von ihrer Masse. Das Team verwendete eine Anlage an der Australian National University in Canberra sowie die europäischen Anlagen VERA in Wien und DREAMS des HZDR. Ein halbes Jahr bereitete Jenny Feige am HZDR die Proben auf und analysierte sie. Das Ergebnis: in allen Proben zusammen ließen sich lediglich 538 Eisen-60-Atome nachweisen. Daraus kann man ableiten, dass damals über Jahrmillionen hinweg nur einige Kilogramm Eisen-60 auf die Erde gelangten.

Aber diese wenigen Teilchen hatten es in sich: „Überraschenderweise fanden wir nicht nur einen Peak in einem Zeitraum vor 1,7 bis 3,2 Millionen Jahren in den Sedimentproben, sondern einen zweiten in einer Mangankruste vor 6,5 bis 8,7 Millionen Jahren in neuen Mangankrustenproben", sagt Jenny Feige. Verblüffend war auch die zeitliche Breite. Sie deutet darauf hin, dass nicht nur wie bislang vermutet eine Supernova ihre Spuren hinterlassen hat, sondern zwei oder drei.

Ein Team um Dieter Breitschwerdt und Jenny Feige von der TU Berlin vermutet den Ursprung in der sogenannten Lokalen Blase. Das ist ein Raumgebiet mit etwa 600 Lichtjahren Durchmesser, das mit einem dünnen, heißen Gas angefüllt ist, in dem sich auch unser Sonnensystem befindet.

Mit Computermodellen konnten sie die Entstehung dieser Blase erklären. Demnach explodierten nacheinander in einem jungen Sternhaufen etwa 16 Supernovae. Die überlebenden Mitglieder des Haufens lassen sich heute in den Sternbildern Skorpion und Centaurus beobachten. Die Explosionswolken dehnten sich aus und vereinigten sich zur heutigen lokalen Blase. Das bei den Explosionen entstandene Eisen-60 setzte sich auf Staubteilchen ab, die sich ebenfalls mit hoher Geschwindigkeit im All ausbreiteten. Nach etwa hunderttausend Jahren gelangte das Eisen-60 von den letzten zwei oder drei Supernova ein die Erdatmosphäre und rieselte zu Boden und in die Ozeane.

Zum damaligen Zeitpunkt waren die Supernovae etwa 300 Lichtjahre entfernt. Damit wurde die damals freigesetzte UV- und Röntgenstrahlung der Biosphäre wohl nicht gefährlich. Starke Schäden erwarten Fachleute bei Entfernungen von weniger als 30 Lichtjahren. Dennoch weist Adrian Melott von der University of Kansas, USA, in einer kommentierenden Arbeit darauf hin, dass vor 2,6 Millionen Jahren die globale Temperatur sank und in einer Serie von Eiszeiten des Pleistozän mündete. Ein ursächlicher Zusammenhang mit den Supernovae ist jedoch nicht nachweisbar.

Neben den faszinierenden astronomischen Erkenntnissen ist die Arbeit auch in anderer Hinsicht bemerkenswert: Sie ist ein Beispiel für eine gelungene interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit. „Chemiker, Geologen, Physiker und Astrophysiker mussten gemeinsam an dem Thema arbeiten, um dieses faszinierende Ergebnis zu bekommen", resümiert Georg Rugel vom HZDR.   

Zum Weiterlesen:

Nachweis mehrerer Supernova-Explosionen in Erdnähe (HZDR)

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